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A5-Ostast

Weniger schlimm als befürchtet

Auf einigen Strassen hat sich der Verkehr seit der Eröffnung des A5-Ostasts halbiert, so die Rückmeldung aus den Bieler Agglomerations-Gemeinden. Grundsätzlich sorgt die neue Umfahrung für Erleichterung – doch es gibt auch Verlierer.

Zu einem Kollaps ist es in Port wegen des Ostasts zwar nicht gekommen. Doch besonders hier auf der Lohngasse hat der Verkehr während den Stosszeiten signifikant zugenommen. Bild: Peter Samuel Jaggi
  • Dossier

von Carmen Stalder


Seit der Eröffnung des A5-Ostasts sind knapp zwei Monate vergangen. Eine Zeit, in der sich Autofahrer an neue Arbeitswege, angepasste Signalisationen und teilweise erschwertes Durchkommen gewöhnen mussten. Auch Autofahrer sind Gewohnheitstiere – und so braucht es seine Zeit, bis die neue Umfahrungsstrasse so genutzt wird, wie sich die Verkehrsplaner das vorstellen.

Mittlerweile haben sich zwar einige Verkehrsflüsse auf die Autobahn verlagert. Durch die schrittweise Umsetzung der im Rahmen des Autobahnprojekts beschlossenen verkehrlich flankierenden Massnahmen (vfM) wird es aber weiterhin Veränderungen im Verhalten der Lenker geben. Zu diesem Zeitpunkt können deshalb weder Lokalpolitiker, Verkehrsexperten noch städtische Behörden definitiv festhalten, wie sich der Verkehr genau entwickeln wird. So heisst es denn auch beim Bundesamt für Strassen (Astra): «Ein Monitoring, das zuverlässige Daten liefert, ist frühestens nach drei bis sechs Monaten möglich und sinnvoll.» Vor Februar ist also nicht mit einer ersten Bilanz zu rechnen.

Vor der Eröffnung des Ostasts prognostizierte Stefan Krattiger, Gemeindepräsident von Aegerten und Präsident der Konferenz Agglomeration Biel des Vereins Seeland.biel/bienne: «Im Bereich des fehlenden Westasts könnte es an gewissen Stellen und zu gewissen Zeiten 40 bis 50 Prozent mehr Verkehr geben.» Dies sei glücklicherweise bisher nicht eingetroffen, sagt der SP-Politiker heute. Die bisherigen Erfahrungen seien grundsätzlich positiv.


Nur eine Momentaufnahme
Innerhalb der Konferenz Agglomeration Biel wurde im Herbst die «Taskforce Eröffnung Ostast» gebildet. Diese behält die Verkehrsströme seit der Inbetriebnahme der Umfahrung genau im Auge und wird wo nötig Massnahmen vorschlagen und ergreifen. Im Fachgremium befinden sich Vertreter des Astra, der Verkehrsbetriebe Biel, der Postauto AG, des kantonalen Tiefbauamtes, der Polizei sowie der direktbetroffenen Gemeinden.

Die Taskforce hat vor und nach der Eröffnung des Ostasts in Agglomerationsgemeinden die Anzahl Autos pro Tag gemessen. «Es ist nichts passiert, das wir gar nicht auf dem Radar hatten», so Krattiger. Diese erste Vergleichsmessung sei eine Momentaufnahme, die man mit Vorsicht geniessen müsse – wurde sie doch durchgeführt, bevor man in Biel Massnahmen wie die umstrittene Lichtsignalanlage bei der Bahnunterführung auf der Madretschstrasse installiert hat (das BT berichtete).

Weiter sei es schwierig, die Verkehrsflüsse im Herbst mit denjenigen im Winter zu vergleichen. Und: Viele Lenker haben noch nicht ihre definitive neue Route gefunden. «Es kommt zum Beispiel vor, dass jemand den Ostast nutzt, dann aber feststellt, dass es auf der alten Strecke plötzlich viel weniger Verkehr hat als früher und er dann wieder darauf zurückkehrt», erklärt Krattiger.


Grosse Erleichterung
In den Agglomerationsgemeinden hat man sich dennoch eine erste Meinung gemacht. Orpunds Gemeindepräsident Jürg Räber (parteilos) bezeichnet die Auswirkungen des Ostasts als «äusserst positiv». Zwischen Orpund und Brügg habe sich die Zahl der Fahrzeuge mehr als halbiert und wider Erwarten habe der Verkehr auch auf der Hauptstrasse zwischen Biel und Orpund abgenommen. «Es hat mich überrascht, wie viele Menschen tatsächlich den Ostast nutzen», sagt Räber.

Zufrieden ist auch Hans Flückiger, Vize-Gemeindepräsident in Brügg (Ortsvereinigung). «Wir haben weniger Verkehr im Dorf», so sein bisheriges Fazit, der Ostast habe Brügg eine grosse Erleichterung gebracht. Einen Grund sieht er darin, dass es in Brügg heute nur noch eine statt drei Autobahnein- und ausfahrten hat. «Dadurch wird der Verkehr stärker kanalisiert.» Derzeit wird in Brügg ein Kreisel gebaut, der den Verkehrsfluss weiter optimieren soll, zwei weitere werden folgen.

Nicht viel passiert ist in Nidau: «Unser Eindruck ist, dass sich die Verkehrssituation auf unserem Gemeindegebiet kaum verändert hat», sagt Stadtpräsidentin Sandra Hess (FDP).


Mehr Schleichverkehr
Wenig erfreut zeigt man sich dagegen in Port und Bellmund – Gemeinden, die dereinst vom Porttunnel entlastet werden sollen. «Zu den Stosszeiten hat der Verkehr zugenommen», sagt Matthias Gygax, Gemeindepräsident von Bellmund. Das Ausmass sei aber nicht dramatisch, «es hätte schlimmer kommen können», so der FDP-Politiker. Falls sich herausstelle, dass die kleine Verbindungsstrasse zwischen Bellmund und Sutz vermehrt als Schleichweg genutzt werde, müsse man allerdings über ein Fahrverbot mit Zubringerdienst nachdenken.

«Der erwartete Kollaps auf der Allmendstrasse ist ausgeblieben», sagt Beat Mühlethaler, Gemeindepräsident von Port. Dennoch habe seine Gemeinde seit der Eröffnung des Ostasts mit mehr Verkehr zu kämpfen. So werde die nach Bellmund führende Lohngasse täglich von 300 bis 500 zusätzlichen Fahrzeugen befahren. Der SVP-Politiker stört sich vor allem am vermehrten Schleichverkehr auf Quartierstrassen. Hier habe die Sicherheit nachgelassen: «Ich appelliere an die Autofahrer, dass sie die Höchstgeschwindigkeiten einhalten.» Von Durchfahrtserschwerungen will er aber derzeit noch nichts wissen, der Verkehr solle fliessen. «Wir müssen nur aufpassen, dass Biel nicht alles zumacht und der Verkehr dann in die umliegenden Dörfer ausweicht.»

Deshalb sei es wichtig, dass die Region koordiniert handle, sagt Stefan Krattiger. Die Taskforce sehe es als Aufgabe, die vfM in Biel mit Massnahmen in der umliegenden Region zu ergänzen. Doch man wolle keinesfalls Massnahmen auf Vorrat umsetzen. «Wenn befürchtete Probleme nicht eintreten, ist das umso besser», macht er klar.


Stau, aber kein Chaos
Ein solches bisher nicht eingetretenes Problem betrifft den Bieler Guido-Müller-Platz. Wider Erwarten wurde der Lokalknoten nicht zu einem neuralgischen Punkt. Dass das befürchtete Verkehrschaos bisher ausgeblieben ist, liegt gemäss Krattiger auch daran, dass es stattdessen auf der Autostrasse T6 zwischen Lyss Nord und Brügg staut (das BT berichtete).
Auf der Seite www.rund-um-biel.ch ist ein Formular aufgeschaltet, mit dem Verkehrsteilnehmer, Fussgänger und Anwohner der Taskforce allfällige Probleme mit der neuen Verkehrsführung melden können. Dieses Mittel werde genutzt, sagt Krattiger. «Mit rund 100 eingegangenen Meldungen wurden wir jedoch nicht überflutet.» Und sollte auf den Strassen rund um Biel doch noch das Chaos ausbrechen – die Taskforce wäre bereit für ihren Einsatz.

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Ostast gemacht? Schreiben Sie uns an region@bielertagblatt.ch

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