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Métairie

Wo der Fuchs auf den Luchs trifft

Auf der Nordseite der Chasseral-Krete liegt die 468-jährige Métairie d‘Aarberg mitten im Naturschutzgebiet. Wie kommt die Sennerei, die der Gemeinde Villiers gehört, zu ihrem Namen? Und was beobachten die Sennen während der Sömmerung der Gustis?

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Lotti Teuscher


Wenn sich Thierry Oppliger eine Pause gönnt, setzt sich der Senn auf einen Stein am Hang und schaut über das Val de Ruz. Ein breites Tal auf der Nordseite entlang des Chasserals und des Chaumonts. Felder wie Schachbrettmuster, verstreut dazwischen ein paar Bauerndörfer, die Häuser mit roten Ziegeldächern, dahinter die Vue des Alpes, diese lang gestreckte, dunkel bewaldete Krete.
Heute hat der Senn wegen des Alpaufzugs wenig Zeit. Bauern aus Tschugg, Vinelz und Brüttelen fahren 50 Rinder hoch; auf die Gusti wartet ein Sommer in Freiheit auf Wiesen, die würzig duften, gesprenkelt mit bunten Blumen, über denen Schmetterlinge gaukeln. Heile Welt rund um die Métairie Chuffort.
Chuffort? Oppliger bewirtschaftet die Métairie d‘Aarberg, bei der 70 Rinder aus dem Val de Ruz grasen. Zusammen mit André Geiser betreut er indes auch die Rinder bei der Métairie auf der Südseite des Chasserals. «Ich bin zu alt, um den Rindern nachzurennen», sagt der 75-jährige Geiser. Arbeit bleibt dennoch genug: Der Bauer ist verantwortlich für die vielen Hundert Meter Zaun, das Tränken der Rinder, er befreit die Weiden von wildwuchernden Disteln. Oppliger schaut, ob ein Rind ausgebüxt ist, weil Wanderer wieder mal vergessen haben, das Gatter zu schliessen. Er kontrolliert, ob ein Gusti verletzt oder krank ist.


Rekordalter
Die Métairie d‘Aarberg auf der Nordseite des Chasserals ist nur 15 Gehminuten von der «Chuffort» entfernt. Diese Hütte ist vermutlich die älteste am Chasseral, erbaut im Jahr 1550. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Sennereien ist die «Aarberg» nie abgebrannt. Gebaut wurde sie von den Aarberger Burgern, und zwar nicht als Sennerei: Wenn die Gemüsehändler aus dem Seeland ihre Ware ins St.-Immer-Tal brachten, übernachteten sie in diesem Refugium. Als die Aarberger im Jahr 1851 das Haus der Gemeinde Villiers verkauften, stellten sie eine Bedingung: Der Name darf nicht geändert werden. Oder, wie Oppliger vermutet: «Die Aarberger wollten eine Spur hinterlassen.»


Seite an Seite mit Adler
In der Métairie d’Aarberg, unter russgeschwärzten Balken, vermutlich 468 Jahre alt, kocht Dominique Oppliger für die Gäste. Auf einem Gasofen, wenn nötig feuert sie auch den Holzherd ein. Das Kochen bedeutet einen grossen Aufwand, denn Dominique Oppliger bereitet alles frisch zu: von der Rösti bis zum Dessert.
Kleine Fenster in Mauern aus dickem Jurastein lassen kaum Licht in die Hütte herein. Im Halbdunkel befindet sich ein Raum mit drei kleinen Gas-Kühlschränken. Weiter zwei Vorratsräume, ein grosses Tenn und ein Stall – mehr gibt es in der spartanischen Métairie nicht.
Rund um die Sennerei weiden nicht nur Rinder, hier tauchen ab und zu Gämsen auf, Rehe, Füchse, Hasen, Marder, Wiesel. Am Himmel kreisen Lerchen, verschiedene Raubvögel und manchmal sogar die Chasseral-Adler. Dominique Oppliger erinnert sich an ein Paar, das in den Felsen rastete, als sich plötzlich ein Adler neben die beiden setzte: «Ich liebe all diese Tiere und beobachte sie», sagt die Bäuerin.  


Luchs als Frechdachs
Ein heimlicher Gast ist der Luchs, der manchmal ein verblüffendes Verhalten zeigt. Oppliger fuhr in seinem Jeep ins Tal hinunter, als plötzlich ein Luchs die Strasse überquerte und sich seelenruhig auf einen Baumstrunk setzte. Der verblüffte Senn stieg aus und fotografierte das als sehr scheu geltende Raubtier – aus zehn Metern Entfernung. Im letzten Winter haben Hirsche Spuren im Schnee hinterlassen. Es sind Einzelgänger, von Frankreich herkommend, auf der Suche nach einem Revier.
Schönheit direkt vor der Tür
Das Ehepaar verbringt jetzt den elften Sommer auf der Métairie, die Sennerei haben die Bauern im Jahr 2007 gepachtet. Übernachtet wird nie auf 1267 Meter über Meer, weil im Tal die Arbeit auf dem eigenen Hof wartet. Sowohl der Berg wie auch das Tal bedeuten Heimat für Dominique und Thierry Oppliger. Oder wie ihr Nachbar, Bauer André Geiser von der «Chuffort», sagt: «Ich habe immer in der Region gelebt. Wenn ich etwas Schönes sehen will, muss ich nicht in ein Flugzeug steigen, denn Schönheit finde ich direkt vor meiner Haustür.»
Dass in der Chasseral-Region 500 verschiedene Blumen wachsen, von der weissen Berganemone über den tiefblauen Enzian bis hin zum violetten Knabenkraut, hat auch damit zu tun, dass weite Teile auf der Nordseite des Berges bereits seit 1943 unter Naturschutz stehen. Im Naturschutzgebiet hat sich ein Mosaik aus Biotopen entwickelt, von der Magerwiese bis zum Flachmoor.


Romantik und Donner
Das Ehepaar Oppliger geht sorgfältig mit der Natur in diesem Refugium um. Dazu gehört zum Beispiel, dass eigener Solarstrom produziert wird. Für diese Sorgfalt wird das Paar von der Natur belohnt.
Dominique Oppliger liebt die dramatisch leuchtenden Sonnenuntergänge, die sie von der Terrasse aus beobachten kann. Aber auch die Blitze, die durch den schwarzen, wolkenschweren Gewitterhimmel über dem französischen Jura zucken.


Tipps zur Métairie
Spezialitäten: hausgemachte Rösti, grillierter Saucisson aus der Region, Beinschinken, Bärlauchfondue, diverse frisch zubereitete Desserts wie Zitronencreme oder Parfait Glacé mit Schnaps nach Wahl.
Anreise mit dem Auto: Plateau de Diesse, Métairie Chuffort, 15 Minuten Fussweg bis zur Métairie d’Aarberg.
Mit dem Auto direkt zur Métai-rie: Val de Ruz, Villiers, parkieren bei der Métairie d’Aarberg.
Wanderung: Bis Lignières mit dem Postauto, Métarie Chuffort, Métairie d’Aarberg, Métairie d’Ile, Chasseral-Westkrete, Hotel Chasseral, Nods, Postauto.
Dauer: 3,5 Stunden.
Höhenmeter: 400 Meter hinauf, 650 Meter hinunter. LT

Stichwörter: Métairie

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