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Laufsport

Der Schnelle und der Ausdauernde

Die Course des Pavés in La Neuveville hält für jeden Spezialisten den passenden Lauf bereit. Während Mohammed Boulama über die 7,5-km-Strecke Tempo machen wird, will Rolf Thallinger die 24 Kilometer und 800 Höhenmeter des Trails gut überstehen.

Laufen auf Pflastersteinen: Die traditionelle Course des Pavés lockt jedes Jahr viele Breiten- und Spitzensportler in die Gassen von La Neuveville./Copyright: Matthias Käser/Bieler Tagblatt
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Francisco Rodríguez

In La Neuveville kommen zwei verschiedene Läufertypen voll auf ihre Kosten. Der Bieler Mohammed Boulama schätzt die flache 7,5-km-Strecke durch die Altstadt und dem See entlang. «Am Anfang muss man sofort einen hohen Ryhthmus einschlagen und dann auf den letzten zwei Kilometern noch mehr auf das Tempo drücken», erklärt Mohammed Boulama die richtige Taktik für den Wettlauf gegen die Zeit. Letztes Jahr gewann er gleich bei seiner ersten Teilnahme dieses Rennen, bei dem die Läufer in Einzelstarts auf die Strecke geschickt werden. Weniger als 23 Minuten benötigte der in Biel wohnhafte Marokkaner, was einem Durchschnitt von fast 20 Kilometern pro Stunde entspricht.

«Starten und Vollgas geben, das ist mir zu hart», sagt Rolf Thallinger. Der gebürtige Seeländer ist der Langstrecken-, Ultra- und Trail-Spezialist und hat in der Course des 7 lieues das für ihn richtige Angebot gefunden. Der gebürtige Seeländer aus Scheuren, der heute mit seiner Familie in Utzenstorf wohnt, lief bei beiden Teilnahmen in La Neuveville auf das Podest seiner Alterskategorie. 24 Kilometer und 800 Höhenmeter meisterte er letztes Jahr in 1:49:07 Stunden. 2016 als Kategoriensieger war er fast zwei Minuten schneller. «Der Trail ist vom Profil und von den Wegen her sehr abwechslungsreich», sagt Thallinger. «Passagen durch zwei Schluchten sind technisch sehr anspruchsvoll.» Dieser Trail gefalle ihm und sei ein ideales Training für die Ultramarathonläufe im nächsten Jahr.


Boulama in Murten auf dem Podest
«Das ist nicht mein Ding», entgegnet Boulama. Speziell was die Steigungen betrifft. «Ich will einfach schnell laufen.» Der frühere Junioren-Landesmeister Marokkos über 3000 Meter Steeple fühlt sich heute zwar auch auf längeren Strecken bis hin zum Halbmarathon wohl, aber in flacherem Gelände. Vor eineinhalb Monaten lief er beim ausgezeichnet besetzten Murtenlauf über die 17,17-km-Distanz auf den dritten Gesamtrang. Nach seinem Unfall im Februar (das BT berichtete) findet Boulama langsam zurück zu alter Form. In La Neuveville will sich der 25-jährige Top-Athlet noch mehr Schnelligkeit aneignen, um auch bei den folgenden Stadtläufen in Basel, Genf und La Chaux-de-Fonds Spitzenplätze zu belegen. «Nächstes Jahr will ich dann in Murten und bei den 20 km von Lausanne den Sieg anstreben», lauten seine ambitionierten Ziele.

Für 2020 träumt Boulama von einer Olympia-Teilnahme mit der Schweiz. Bis dahin hofft der seit Sommer 2015 mit einer Schweizerin verheiratete Nordafrikaner auf den roten Pass mit dem weissen Kreuz. Unabhängig des Zeitpunkts seiner Einbürgerung wolle er über 3000 m Steeple die Olympia-Limite von 8:30 Minuten schaffen. Seine Bestzeit liegt seit 2013 bei genau 8:21,62. Damals, als er sich am Nationalen Meeting von Rabat in die Top-20 der Weltelite katapultierte und Marokko an den Weltmeisterschaften in Moskau vertreten durfte.


Bieler 100-km-Lauf ohne Thallinger
Thallinger hat seinerseits wiederholt einen langen Atem bewiesen und ist in diesem und im letzten Jahr Schweizer Meister über die 100-km-Distanz geworden. Beide Titel errang er am Bieler Hunderter, den er in seiner Karriere schon 13 Mal in Angriff genommen hat und auch 13 Mal beenden konnte. Im vergangenen Juni war Thallinger als Zweiter hinter dem Südtiroler Hermann Achmüller bester Schweizer, und im Vorjahr feierte er sogar seinen ersten Sieg in Biel. Nächstes Jahr verzichtet er nicht zum ersten Mal auf die legendäre Nacht der Nächte, um sich einem anderen Ultramarathon zu widmen. Der Eliteläufer ist von den Organisatoren des Mozart 100 in Österreich eingeladen worden. Das 112-km-Rennen mit seinen 5140 Höhenmetern führt durch das Salzburger Land und zählt zur Ultra-Trail World Tour.


Zweiter am Night Run Morges
Der 49-jährige Routinier blickt zurück auf eine ausgezeichnete Saison mit neben dem 2. Platz in Biel noch weiteren erzielten Spitzenresultaten im In- und Ausland. Dabei achtet er aber auch darauf, nicht nur lange Trails zu absolvieren. Kürzere Läufe runden sein Trainingsprogramm ab. Vor zweieinhalb Wochen meisterte Thallinger den über 10 Kilometer führenden Night Run Morges als Zweitschnellster in seiner Altersklasse. Damit begab sich der Ultraläufer  quasi ins Jagdgebiet von Boulama, was nicht allzu oft vorkommen dürfte.

Am Samstag in La Neuveville werden sich die beiden Spezialisten wahrscheinlich erst irgendwo im Zielgelände begegnen, spätestens an der Siegerehrung. Denn zuvor werden Thallinger und Boulama getrennte Wege gehen, oder besser gesagt laufen. Jeder in seinem Tempo und mit seinen herausragenden Qualitäten, die ihn Schritt für Schritt zum nächsten Spitzenresultat führen werden.


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Alles begann mit den Kindern
1995 rief der Neuenstädter Richard Mamie die Course des Pavés ins Leben, um den Kindern im Stedtli einen interessanten sportlichen Anlass zu bieten. Bald folgte das Zeitrennen (CLM) für die Erwachsenen. 2012, zum 700-Jahre-Jubiläum in La Neuveville, ergänzte ein anspruchsvoller 24-km-Trail-Lauf das Programm (siehe Infobox links). «Eigentlich war der Trail des 7 lieues nur für dieses eine Jahr geplant gewesen. Die Reaktionen der Läufer war so positiv, dass wir ihn gleich weitergeführt haben», sagt Virginie Ducrot, Co-Präsidentin und im OK verantwortlich für das Marketing. Jahr für Jahr steige die Teilnehmerzahl um rund 20 Prozent. Eine Zunahme verzeichnen aber auch die anderen Rennen. Insgesamt waren in den letzten beiden Jahren jeweils über 1500 Läuferinnen und Läufer sowie Kinder am Start. Eine Marke, die auch am Samstag in der 24. Ausgabe übertroffen werden könnte.

Letztlich werde laut Ducrot das Wetter über die Anzahl Nachmeldungen entscheiden und somit auch darüber, ob der Vorjahresrekord erneut gebrochen wird. Unabhängig davon sind die Organisatoren sehr zufrieden über das rege Interesse an ihrer Veranstaltung, die aus La Neuveville nicht mehr wegzudenken ist. Das breite Angebot und die Attraktivität der Strecken tragen zum grossen Erfolg bei. Viele Einheimische lassen sich die Gelegenheit nicht entgehen, um an ihrem «Stedtlifest» aktiv mitzumachen. Bei den Gästen sind seit jeher speziell Läuferinnen und Läufer aus der Region Neuenburg und dem Jura am Start. Inzwischen merken sich auch vermehrt Seeländer den in der zweiten Novemberhälfte fixierten Termin vor. Ohne die in La Neuveville wohnhaften Teilnehmer mitzuzählen, kommen die Organisatoren auf einen Seeländer Anteil von 20 Prozent. Dies hat mit den verstärkten Marketingaktivitäten in Richtung Biel und Seeland zu tun. Die Course de Pavés gehört zur Laufsportvereinigung Seeland Running und schliesst traditionell das Laufsportjahr in der Region ab. Nächstes Jahr wird Jubiläum gefeiert. Laut OK mit Überraschungen. In Läuferkreisen wird schon gemunkelt, dass es für die Leistungssportler einen längeren und schwierigeren Trail geben könnte. fri


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Course des Pavés 2018

- Am Samstag, Ziel-/Start in der Altstadt von La Neuveville, mit sechs verschiedenen Rennen:

- Trail des 7 lieues: Trail-Lauf von La Neuveville über die Weinberge und Waldwege des Tessenbergs, 24 km/800 Höhenmeter, Start um 11 Uhr.

- Contre-la-Montre (CLM): Wettlauf gegen die Zeit, Einzelstarts auf die 1,5-km-Runden durch die Altstadt und dem See entlang, je nach Kategorie unterschiedliche Anzahl Runden (Männer insgesamt 7,5 km/Frauen 6 km), Starts zwischen 11.30 und 13.30 Uhr.

- Nordic Walking: 8,5 km lange Strecke, grösstenteils mit Aussicht auf den Bielersee, Start um 11.15 Uhr.

- Kinderläufe: 550-m-Runde durch die Altstadt, je nach Alterskategorie eine bis drei Runden, Starts zwischen 15.30 und 18 Uhr.

- Mérites +: Reserviert für Läuferinnen und Läufer mit einer Behinderung, zwei Runden zu 550 m, Start um 18.15 Uhr.

- Hexenrennen: Entspanntes Rennen für Verkleidete, ohne Zeitmessung und Rangliste, entscheidend für den Sieg ist das schönste Kostüm, zwei Runden zu 550 m, Start um 18.15 Uhr.   fri