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Eishockey

Mosers unbekümmerter Weg nach oben

Janis Moser hat beim EHC Biel eine überraschend starke erste Saison bei den Profis gezeigt. Jetzt besteht für den 18-Jährigen gar die Chance zur Krönung: Kurz vor der WM wurde er in die Nati berufen.

Der «kleine» Janis Moser tut nun bei den ganz «Grossen» mit (im Bild hinten Goalie Reto Berra): Der 18-jährige Safnerer bestreitet derzeit in Genf mit der Nati die WM-Vorbereitung. Die Konkurrenz für einen Platz im WM-Team ist jedoch gross. © Keystone

Moritz Bill

Dass sich alle nach Nico Hischier umsehen, ist legitim. Der Center der New Jersey Devils ist der grosse Star dieser Nationalmannschaft, die in zweieinhalb Wochen in der Slowakei die Weltmeisterschaft in Angriff nimmt. Erstmals vertritt das 20-jährige Eishockey-Wunderkind aus Naters an einer A-WM die Schweizer Flagge. Dementsprechend erwartet das Gros der Medienschaffenden gestern in der Les-Vernets-Halle in Genf geduldig das Trainingsende, um den Antworten des bisher einzigen Schweizer Nummer-1-Picks lauschen zu dürfen.
Abseits dieses Rummels verlässt Janis Moser als einer der letzten unbeachtet das Eis – das Interesse an ihm sollte eigentlich auch gross sein. Mosers NHL-Draft steht diesen Juni zwar erst bevor, und von einem Starting-Five-Platz in der besten Liga der Welt wagt er noch nicht einmal zu träumen. Doch seine Berufung ins Nationalteam in der entscheidenden Phase vor der WM ist schon an sich bemerkenswert. Sie zeigt, dass die Coaches im erst 18-jähigen Safnerer einen potenziellen WM-Kandidaten sehen.

Überrascht und stolz
Natürlich hat der Verteidiger des EHC Biel in seiner ersten vollen National-League-Saison eingeschlagen wie kein anderer – das Aufgebot kommt dennoch unerwartet. Er selbst spricht von einer «grossen Überraschung», nach den Prospect-Games im Februar nun seine ersten «richtigen» Nati-Spiele bestreiten zu dürfen. Die freudige Botschaft überbrachte Biels Sportchef Martin Steinegger während des Saisonschlussgesprächs. Mosers Reaktion: «Wow!» Die Überraschung wich alsbald der Vorfreude und dem Stolz. «Hier dabei sein zu dürfen, ist für mich eine supercoole Erfahrung,», sagt der Teenager. Selbstverständlich sei auch etwas Nervosität aufgekommen, aber sobald er die erste Trainingseinheit bestritten hatte, überwog die Freude. 
Diese Unbekümmertheit – im positiven Sinne – zeichnet den Rookie aus und ist ein wichtiger Grund für Mosers Aufstieg in den letzten zwölf Monaten, der das Prädikat unglaublich verdient. Seine Erfolgskurve ist eigentlich eine Gerade, die fast vertikal nach oben zeigt. Vor einem Jahr hatte er noch die U18-WM bestritten, wurde dann ins erweiterte Kader des Bieler Fanionteams aufgenommen und erspielte sich bei den Profis einen Stammplatz. Und unter dem grösseren Druck der Playoff-Kulisse vermochte sich der Junior nochmals zu steigern.
Das passierte alles in einer kleinen Zeitspanne. Blieb da überhaupt Zeit, um das alles zu verarbeiten? Moser überlegt, und sagt:  «Es ging so schnell nach oben, das war schon speziell. Ich konnte noch nicht wirklich darüber nachdenken, was das eigentlich bedeutet.»

Lieber bestätigen als wegziehen
Wie es weitergehen soll, sieht Moser dafür schon umso klarer. Unlängst hat er seinen Kontrakt mit dem EHC Biel um zwei weitere Saisons verlängert, von einer Ausstiegsklausel für Nordamerika kann er erst im Sommer 2020 Gebrauch machen. Dieses Bekenntnis zum Stammklub ist bemerkenswert, in einer Zeit, in der es die Mehrheit der Talente präferiert, sich möglichst früh im Westen in den Juniorenligen an die nordamerikanische Spielweise und die kleineren Eisfelder zu adaptieren. Moser ist der Entscheid trotz dieses Trends leichtgefallen: «Ich habe alles in Biel, ich spüre hier Unterstützung. Und ich will mich der Herausforderung der zweiten Saison stellen. Die Bestätigung fällt bekanntlich schwieriger aus, die Erwartungen steigen. In der ersten Saison sind alle glücklich, wenn du es einigermassen gut machst.»
Diesen Grünschnabel-Bonus hatte Moser nur im Torabschluss nötig, wo sein grösstes Steigerungspotenzial liegt. Seine Fähigkeit, das Spiel zu lesen und beinahe immer den richtigen Entscheid zu fällen, ist hingegen schon äusserst ausgereift. Das war mit ein Grund, weshalb Nationaltrainer Patrick Fischer ihn nun in die Landesauswahl berufen hat. «Janis spielte eine sehr gute Meisterschaft und auch an der U20-WM ist er positiv aufgefallen. Er bewegt sich gut, agiert lösungsorientiert und spielt gute Pässe. Zudem ist sein Stellungsspiel stabil», sagt Fischer, und hält abschliessend fest: «Das sind ja schon mal viele Pluspunkte.»

Grosse Konkurrenz in der Defensive
Trotz der Vorschusslorbeeren – ob Moser tatsächlich an die WM reisen wird, hängt von der Konkurrenz ab. Bereits jetzt ist die Schweizer Defensive stark besetzt. Mit grosser Wahrscheinlichkeit werden demnächst die in den NHL-Playoffs mit Nashville ausgeschiedenen Verteidiger Roman Josi und Yannick Weber zum Team stossen. Die beiden Finalisten Raphael Diaz (Zug) und Ramon Untersander (Bern) sind ebenfalls gesetzt, wenn sie fit sind. Moser sagt denn auch: «Ein WM-Aufgebot erwarte ich nicht. Ich bin jetzt einfach mal hier, gebe vollen Einsatz und dann sehen wir weiter. Ich mache mir nicht allzu viele Gedanken.»
Genau so, wie er es eben schon während des ganzen letzten Jahres gemacht hat.

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Für die Bieler dürfte es eng werden

Neben Janis Moser figurieren mit Jason Fuchs, Damien Riat und Sämi Kreis drei weitere Spieler des EHC Biel im Kader für die beiden WM-Vorbereitungsspiele gegen Frankreich (morgen in Sierre, am Samstag in Genf). Gleich wie Moser (siehe Haupttext) hat auch Kreis erstmals ein Nati-Aufgebot so kurz vor der WM erhalten. Auch er sieht sich mit einer grossenKonkurrenzsituation in der Verteidigung konfrontiert. «Ich will das geniessen und mich dabei so gut wie möglich aufdrängen. Alles andere liegt nicht in meinen Händen», sagt Kreis. Für die beiden Stürmer Fuchs und Riat dürfte es ebenfalls eng werden, die Cuts bis zur WM zu überstehen. Auch im Angriff sind die Plätze neben den gesetzten Spielern rar.
Damit sich die vier EHCB-Spieler in den zwei Wochen seit dem Playoff-Aus in Form halten konnten, trafen sie sich zu gemeinsamen Off-Ice-Einheiten. Die letzten drei Tage vor dem Nati-Zusammenzug gingen sie in Saignelégier aufs Eis, in der Tissot Arena ist dieses bereits abgetaut. «Das tat gut. Letztendlich sind wir so oder so fit. Es ging darum, das Feeling auf dem Eis wieder zu erlangen», erklärt Kreis. Dennoch, nach den ersten Trainings mit der Nationalmannschaft waren die Bieler schon etwas gezeichnet. «Alles ist ein bisschen schneller, ein bisschen härter. Aber das ist gut so. Hier herrscht ein höheres Niveau, an das man sich so schnell wie möglich anpassen muss», so Kreis. bil