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«Misere? Welche Misere?»

Der FC Biel ist seit sieben Meisterschaftsspielen sieglos und damit das zweitschwächste Team der Rückrunde. Auffallend ist auch, wie wenig Tore die Seeländer schiessen. Captain Labinot Sheholli sucht die Gründe.

Liegt der Fokus der Bieler derzeit nicht auf dem Spielgeschehen? Captain Labinot Sheholli (Bildmitte) verneint. Bild: Nico Kobel/Bieler Tagblatt

Michael Lehmann

«Misere? Welche Misere?», erwidert Labinot Sheholli und erwischt damit den Schreibenden auf dem falschen Fuss. «Nein, nur Spass», sagt der 30-jährige Biel-Captain und Assistenztrainer, nachdem es zu einer kurzen, der Verblüffung geschuldeten Stille gekommen ist. Eine kleine Episode, die zeigt, dass der Schalk den Bielern noch nicht abhanden gekommen ist – trotz der durchzogenen Leistungen zuletzt.

Warum sollte er auch? Zwei Runden vor Schluss liegen die Seeländer in der Gruppe 2 der 1. Liga auf dem sechsten Rang. Damit ist der FC Biel von allen Aufsteigern (Chênois, Bulle, Zofingen, Goldau und Linth) am besten klassiert. Auch sind die Bieler auf Kurs, die Spielzeit auf der angestrebten «linken Tabellenhälfte» abzuschliessen, also mindestens auf dem siebten Platz.

Und dennoch herrscht derzeit dicke Luft in der Tissot Arena. Nach der 0:3-Niederlage am Samstag gab es eine präsidiale Standpauke mit anschliessenden Strafrunden. Derweil sagte der sichtlich niedergeschlagene Trainer Kurt Baumann gegenüber «TeleBielingue», dass er sich von den Spielern «mehr Charakter» wünsche.

Vom offensiv besten zum offensiv schwächsten Team
Es ist nicht nur der Fakt, dass ein Abstiegskandidat den FC Biel im eigenen Stadion vorgeführt hat, es ist das gesamte Auftreten der Mannschaft in der Rückrunde. Acht Punkte haben die Seeländer in elf Spielen gewonnen. Nur die als Absteiger feststehenden Old Boys waren noch schlechter (siehe Infobox).

Ein schwerwiegendes Manko ist, dass die Bieler kaum mehr Tore schiessen. Mit neun Treffern belegen sie in dieser Rückrunden-Statistik sogar den letzten Rang. Es ist, als wäre die Offensive im Winter ausgetauscht worden. Denn in der Hinrunde traf kein Team öfter ins Netz als die Bieler (33 Treffer).

Woher diese Diskrepanz kommt, ist für den Captain schwierig zu beantworten. Die Stürmer nimmt Labinot Sheholli jedoch in Schutz. «Zwar sind wir vor dem Tor teilweise zu ineffizient, wir erspielen uns aber auch deutlich weniger Chancen als in der Vorrunde», sagt Biels bester Torschütze (zehn Treffer).

Der Grund für die spielerischen Mängel verortet Sheholli beim Ausfallen diverser Stammkräfte. Wiederholt musste Trainer Baumann verletzte oder gesperrte Spieler ersetzen. So sassen bei den Gastspielen in Zug und in Luzern noch drei respektive vier Spieler auf der Auswechselbank. Die Aufstellungen wechselten in der Rückrunde ständig, einzig Goalie Nicolas Schittenhelm und Angreifer Nolan Nuzzolo wurden in sämtlichen elf Partien eingesetzt. «Auf diesem Niveau können die etablierten Spieler kaum eins zu eins ersetzt werden», sagt Labinot Sheholli. «Wenn mehrere Stammspieler gleichzeitig ausfallen, macht sich das sofort bemerkbar.»

Sheholli für einmal nicht einer Meinung mit Trainer Baumann
Auffällig ist, dass der FC Biel nicht mehr gewonnen hat, seit der Verein verkündete, dass der Vertrag mit Trainer Kurt Baumann nicht verlängert würde. Vor dieser Nachricht hatte der FC Biel zwei Punkte Rückstand auf die zweitplatzierten Solothurner, mittlerweile – rund sieben Wochen danach – sind es 16 Zähler.

Für Labinot Sheholli hängt der Trainer-Entscheid nicht mit der folgenden Sieglosigkeit zusammen. Doch Trainer Baumann selbst bemängelte nach der letzten Partie, die Spieler seien nicht mehr wirklich bei der Sache. Er machte dies allerdings nicht an der eigenen Person fest. «In der Garderobe geht es nur noch darum, wer in der kommenden Saison noch in Biel spielt und wer nicht», so Kurt Baumann.

Tatsächlich haben die Bieler nach der kapitalen Heimniederlage gegen den FC Black Stars (0:2) keine Aufstiegschancen mehr. Gleichzeitig ist das Team gegen hinten abgesichert. Zwar könnte das auf einem Abstiegsplatz liegende Zofingen noch auf gleichviele Punkte wie Biel kommen. Da sich hinter den Seeländern aber etliche Mannschaften tummeln, die sich in den letzten Runden gegenseitig Punkte stehlen werden, ist für den FC Biel ein Fall unter den Strich nicht mehr möglich. Derweil stehen bereits jetzt die Abgänge der Verteidiger Jelassi und Rexhaj sowie des Aussenläufers Neto fest.

Liegt der Fokus der Spieler demnach tatsächlich nicht mehr auf den kommenden Begegnungen? «Da muss ich Kurt für einmal widersprechen», sagt Labinot Sheholli. Gespräche über das zukünftige Gesicht der Mannschaft seien zu diesem Zeitpunkt der Saison normal. Dass die Leistungen auf dem Platz darunter leiden würden, bezweifelt Sheholli. Dagegen räumt er ein, dass die Niederlage gegen den FC Black Stars nicht gut verdaut worden sei. «Als feststand, dass wir nicht aufsteigen werden, war die Luft bei uns etwas draussen.»

Nun gelte es, so Sheholli, sich für die kommende Partie in Goldau und dem abschliessenden Heimspiel gegen Solothurn nochmals zusammenzureissen. Ganz im Sinne: Misere? Welche Misere?

Tabelle der Rückrunde (nach 11 von 13 Runden)
1. Black Stars 26 (29:11)
2. Solothurn 22 (18:15)
3. Buochs 21 (27:15)
4. Bassecourt 20 (21:18)
5. Delémont 18 (24:17)
6. Luzern II 17 (16:12)
7. Goldau 16 (19:22)
8. Langenthal 15 (13:13)
9. Zug 15 (16:19)
10. Schötz 13 (17:23)
11. Zofingen 11 (17:24)
12. GC II 10 (21:24)
13. Biel 8 (9:20)
14. Old Boys 4 (14:28)

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