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„Krawattenzwang“

2045

Im persönlichen Blog berichtet Bernhard Rentsch, publizistischer Leiter der Gesamtredaktion und Chefredaktor „Bieler Tagblatt“ wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen/gesellschaftlichen Leben – dies immer mit einem Augenzwinkern. Heute: 2045.

Bernhard Rentsch: Krawattenzwang
  • Dossier

Immer wieder dasselbe: Die an sich unnötige Fahrt mit dem Auto ins Büro. Von Biel nach Biel – «gahts no»? In der Tat gehöre ich (zu) häufig zu den 80 Prozent, die in Biel den sogenannt hausgemachten Verkehr verursachen. Diese erschreckende Zahl entstammt der soeben veröffentlichten Standortbestimmung zu Mobilität und Verkehr des Berner Ingenieurs Fritz Kobi (BT vom Mittwoch). Das persönliche Outing, verbunden mit dem schlechten Gewissen und dem Vorsatz, dies wenn immer möglich zu ändern, soll stellvertretend für viele Gleichdenkende sein. Wenn jede und jeder von uns das eigene Mobiliätsverhalten überprüft und anpasst, dürften die Zukunftsszenarien anders aussehen.

Aber ganz ehrlich: Die Verhaltensanpassung bei vielen – auch bei mir – braucht Zeit. Und es braucht vielleicht auch noch den einen oder andern äusseren Druck. Weniger reizvolle Routenangebote ohne Wartezeiten, höhere Preise oder Weiteres. Dass die neuralgischen Punkte nach der Eröffnung des Bieler Ostastes nicht zu stark überlastet sind und deshalb zu einem Umdenken zwingen, ist einerseits erfreulich und positiv. Andererseits motivieren möglicherweise eben zusätzliche neue Staus zum Verzicht auf das eigene Auto.

Ein Dilemma, mit dem die Zukunftsplanerinnen und Zukunftsplaner noch viel mehr konfrontiert sind. Sie müssen beurteilen und berücksichtigen, was nötig und möglich ist. Unbestritten bleibt, dass der Verkehr gesamthaft wohl nicht sehr schnell abnimmt. Und dass es auch in Zukunft Verkehrsteilnehmende gibt, die auf den Einsatz eines eigenen Fahrzeugs zwingend angewiesen sind. Und hier das nächste Dilemma: Wie sehen die Fahrzeuge der Zukunft aus? Grosse SUV’s mit hohem Benzin- oder Dieselverbrauch gibts wohl nicht mehr ewig. Zumal sie ja wirklich in der Regel völlig ungenügend genutzt werden. Eine Person fährt hin und her, dazwischen stundenlange Standzeiten... Das ist auch zu überdenken und bei den Zukunftsszenarien zu berücksichtigen.

Den angesprochenen Planerinnen und Planern ist zu danken für ihre Arbeit im Sinne der Weiterentwicklung. Es ist eine wichtige und nicht einfache Aufgabe. Und es braucht viel Denken über den Tellerrand hinaus. Vor allem über den überblickbaren Zeithorizont hinaus. Denn: 2045! Das ist die aktuelle Jahrzahl für den Abschluss der baulichen Verkehrszukunft in Biel. 2045 – überlegen Sie, was dann mit Ihnen passiert.

brentsch@bielertagblatt.ch
Twitter: @BernhardRentsch

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