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Kantönligeist

In Bern verboten, in Freiburg erlaubt

Im Kampf gegen das Coronavirus hat der Kanton Bern die Autowaschanlagen geschlossen. Das schafft links und rechts der Sense Verwirrung – denn Freiburg lässt die Betriebe gewähren.

Symbolbild: Keystone

Stephan Künzi

Corona breitet sich weltweit aus – doch fast könnte man meinen, das heimtückische Virus sei dies- und jenseits der Sense nicht gleich gefährlich. Aufmerksamen Beobachtern ist aufgefallen, dass am rechten Ufer verboten ist, was am linken längst wieder zum Alltag gehört. Konkret: Während die Berner auf der rechten Seite mit ihren schmutzigen Fahrzeugen noch immer vor geschlossenen Waschanlagen stehen, können die Freiburger auf der linken Seite ihre Lieblinge bereits wieder genüsslich aufpolieren. Was in diesen von starkem Pollenflug geprägten Tagen hochwillkommen sein dürfte.

Einverstanden, vom Dreck an den Autos hängt beileibe nicht ab, wie sehr sich das Coronavirus noch verbreiten wird. Wenn die Berner Behörden den Betrieb der Waschanlagen verbieten, hat dies einen ganz anderen Grund. Denn nur zu gerne bietet die Autopflege einen willkommenen Anlass für eine Plauderei mit Gleichgesinnten. Im Moment sowieso, da die Behörden Läden, Beizen und viele weitere beliebte Treffpunkte, an denen das Virus von Mensch zu Mensch überspringen kann, stillgelegt haben.

Seine Philosophie setzt der Kanton Bern nötigenfalls mit der Hilfe der Polizei durch. Wer diesseits der Sense irrtümlich meinte, und das passierte nicht nur einem, lediglich einen Teil seiner Waschanlage stilllegen zu müssen, bekam sogar zweimal Besuch von den Beamten. Wenigstens gab es keine Bussen.

Für die Betroffenen in den Gemeinden Neuenegg und Laupen ist das ein schwacher Trost. Ihnen bleibt nur ein neidvoller Blick über den Fluss hinweg nach Flamatt, wo das Geschäft nur ein paar Kilometer entfernt brummt. Und ein unübersehbares Kopfschütteln dazu, weil die Freiburger Behörden ganz offensichtlich weniger streng sind – zumal es an den Vorgaben des Bundes eigentlich nichts zu deuteln gäbe: Unter den Beispielen für eine verbotene Geschäftstätigkeit sind die Waschstrassen ausdrücklich erwähnt.

Wieso es Freiburg trotzdem anders hält? Didier Page spielt als Sprecher des zuständigen kantonalen Führungsorgans den Ball elegant zurück nach Bern. Mitte März, kurz nach dem vom Bund verordneten Stillstand des öffentlichen Lebens, sei es genau umgekehrt gewesen, erklärt er. Freiburg habe seine Waschanlagen umgehend geschlossen, Nachbarkantone wie Bern dagegen nicht – tatsächlich liess der Erlass des Bundes anfänglich einen gewissen Interpretationsspielraum, weil die Waschanlagen bei den Verboten nicht genannt waren.

Nach Protesten aus dem eigenen Gewerbe wollten die Freiburger Behörden mit ihrem rigorosen Kurs nicht mehr alleine dastehen. Sie krebsten zurück und liessen das Autowaschen wieder zu – derweil die Kollegen in Bern Anfang April den Präzisierungen des Bundes Folge leisteten und die Anlangen auf ihrem Boden schlossen. Jetzt zog Freiburg aber nicht mehr nach. Weil erstens das ständige Hin und Her das Vertrauen in die Behörden erschüttert hätte und zweitens die allgemeinen Lockerungsmassnahmen des Bundes ohnehin bereits im Raum standen, wie Didier Page sagt.

Und wirklich soll im Rahmen dieser ersten, für nächste Woche geplanten Erleichterungen das Autowaschen wieder flächendeckend im ganzen Land möglich werden. Das freut nicht nur die Besitzer der Anlagen auf Berner Boden, auch wenn manch einer wohl bange fragt, ob er in den zurückliegenden Tagen nicht den einen oder anderen Kunden an die Freiburger Konkurrenz verloren hat. Es macht vor allem auch deutlich: Das Coronavirus ist dieseits und jenseits der Sense ganz genau gleich gefährlich. Definitiv.

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