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SVP-Präsident

«Es braucht ganz andere Ansätze 
als das abgelehnte CO-Gesetz»

Der Bernjurassier Manfred Bühler will die Berner SVP zu Erfolgen zurückführen. Im Interview spricht er über die Klimafrage, Anfeindungen und markige Worte.

Manfred Bühler wurde am Dienstag zum neuen Präsidenten der SVP Kanton Bern gewählt. Bild: Adrian Moser

Interview: Sandra Rutschi

Manfred Bühler, Sie sagten vor Ihrer Wahl zum SVP-Präsidenten zur Versammlung, ein Ruck müsse durch die Partei gehen. Weshalb ist das nötig?

Manfred Bühler: Die SVP ist als grösste und wählerstärkste Partei im Kanton eine wichtige Kraft. Aber wenn man gross und etabliert ist, kann man manchmal auch ein bisschen einschlafen. Vielleicht verwaltet man dann mehr, als dass man agiert. Bei den letzten Wahlen haben wir das gespürt. Ich wünsche mir, dass ein Ruck durch die Partei geht, damit wir nächstes Jahr in der Grossratsfraktion wieder wachsen und Wählerstimmen gewinnen.

Hat sich die SVP auf ihrem 
Erfolg ausgeruht?

Ich möchte das nicht als Kritik verstehen. Aber es ist menschlich, dass man sich zurücklehnt, wenn man Erfolge hatte. Entsprechend muss man sich wieder zusammennehmen und nach vorne schauen. Wir haben bei den letzten eidgenössischen Abstimmungen am 13. Juni gesehen, dass es möglich ist, Erfolge zu erzielen.

Was muss die SVP denn anders machen?

Vom Programm her muss man nichts grundsätzlich ändern. Bei der Form der Kommunikation müssen wir aber offensiver werden, insbesondere auch in den Sozialen Medien.

Wie soll sich die SVP inhaltlich entwickeln?

Inhaltlich sind wir auf dem richtigen Kurs. Unsere zentralen Werte – Freiheit und Sicherheit für unser Land – will ich weiter verteidigen. In der einen oder anderen Thematik müssen wir aber auch aufzeigen, was unsere Lösungen sind. Zum Beispiel in der Klimapolitik. Wir können auch als SVP solide und glaubwürdige Lösungen finden, um unsere Gesellschaft weg von fossilen Energien zu bringen. Es braucht ganz andere Ansätze als das abgelehnte CO-Gesetz.

Welche?

Wir könnten zum Beispiel bei der Gebäudeheizung das lokale Holz besser nutzen oder Wärmepumpen anstatt Heizöl verwenden. So können wir zumindest Teile des CO-Ausstosses reduzieren, ohne dass dafür Abgaben und Gebühren nötig sind.

Hat sich die SVP der Klimafrage in den letzten Jahren zu stark verschlossen?

Wir haben uns zu wenig auf mögliche Lösungen fokussiert. Wir haben vor allem gesagt, wo die Lösungen nicht liegen. Das ist auch wichtig, und die Bevölkerung stützte unsere Sicht mit der Ablehnung des CO-Gesetzes. Doch wir müssen bei diesem Thema künftig auch eine positive Rolle spielen.

An der Wahlveranstaltung wurde Ihre Partei überrannt. Die Leute sassen dicht an dicht, kaum jemand trug eine Maske. Hätten Sie als Präsident eingegriffen?

Die Leute sind in diesem Land selbst verantwortlich. Wir haben auf die Maskenpflicht hingewiesen. Zudem sind die meisten Leute mittlerweile geimpft. Deshalb war es nicht nötig, weiter einzuschreiten. Man hat mittlerweile etwas genug von diesem ewigen Kontrollieren und von der Maskenpflicht. Das war auch Ausdruck davon.

Haben Sie als Bernjurassier einen anderen Blickwinkel auf den Kanton, als ihn zum Beispiel Werner Salzmann hat?

Als Frankofoner hat man einen anderen kulturellen Hintergrund und sieht gewisse Zusammenhänge vielleicht anders. Das prägt die Art und Weise, wie man eine Partei führt, sicher mit. Aber das ist mehr eine Sache der Form als des politischen Programms. Dort sind wir auf gleicher Linie. Vielleicht ist man als Vertreter einer Minderheit ein bisschen sensibilisierter, was gewisse Fragen angeht, zum Beispiel in der Sprachenpolitik.

Werden Sie sich innerhalb der Partei für den frankofonen Kantonsteil starkmachen?

Ich werde mich sehr für die Zweisprachigkeit starkmachen. Es wäre aber falsch, einen Teil zu favorisieren, ich bin Präsident von allen. Ich will für den Zusammenhalt arbeiten.

Sie haben sich in der Jura- und Moutierfrage als vehementer Pro-Berner positioniert. Wurden Sie aus diesem Grund 
angefeindet?

Für alle separatistischen Kräfte im Berner Jura gelte ich als oberstes Feindbild. Wer zum Kanton Jura möchte, sieht mich als Leader der Gegner. Diverse anonyme Briefe, Drohungen und Beschimpfungen waren bei mir Courant normal in den letzten Jahren.

Wie kann man damit umgehen?

Jedes negative Erlebnis macht einen stärker. Ich führte auch Prozesse wegen Beschimpfungen, die ich meist gewann. Das zeigt den Leuten, wo die rote Linie ist. Es ist wichtig, dass man sich verteidigt. Aber es belastete mich nicht stark. Ich bin mir jedoch bewusst, dass ich Glück hatte, mich nicht in den 70er-Jahren derart exponiert zu haben. Sonst wäre mein Haus angezündet worden. So weit geht es heute Gott sei Dank nicht mehr.

Sie gelten als eher gemässigter SVP-Mann. Thomas Knutti und Samuel Krähenbühl, die ebenfalls Präsident werden wollten, politisieren pointierter. Kam Ihnen das bei der Wahl gelegen?

Ich denke nicht, dass wir inhaltliche Differenzen haben. Es ist vor allem eine Frage des Stils. Mein Stil ist nicht besser oder schlechter als der meiner beiden Konkurrenten. Meine Wahl ist wahrscheinlich eine Anerkennung meiner langfristigen Arbeit in dieser Partei auf Kantons- und Bundesebene. Ich denke nicht, dass die Inhalte oder Stile ausschlaggebend waren.

Sie haben im Rahmen Ihrer Regierungsratskandidatur 2014 von sich gesagt, Sie seien kein Mann der markigen Worte und der grossen Versprechen. Kann man ohne diese eine Partei wie die SVP führen?

Ich kandidierte damals für die Exekutive. Es versteht sich von selbst, dass ein Parteipräsident auch mal auf den Tisch klopfen, unsere Position vertreten und pointierter auftreten muss. Ich nehme meine Aussage von damals nicht zurück, aber nun bin ich in einer anderen Rolle. Man darf von mir erwarten, dass ich als Parteipräsident Aussagen machen werde, die ich als Regierungsrat nicht gemacht hätte.

Sie sind weder im Grossen Rat noch im Nationalrat, im Gegensatz zu Ihrem Vorgänger Werner Salzmann. Da dürfte das Vernetzen etwas schwieriger werden.

Ich denke nicht, dass das ein Problem ist. Ich habe Erfahrungen im Grossen Rat und im Nationalrat und kenne die Leute. Ich werde zudem in den Gremien der SVP Schweiz Einsitz nehmen und zu den nächsten Grossratswahlen antreten. Werner Salzmann hatte bei seiner Wahl 2012 auch noch kein Mandat inne.

Sie mussten in den letzten Jahren politische Niederlagen einstecken. Etwa die Nichtwahl in die Berner Kantonsregierung oder die Abwahl aus dem Nationalrat. Was bedeutet die deutliche Wahl zum SVP-Präsidenten für Sie persönlich?

Das politische Leben ist von positiven und negativen Ereignissen geprägt. Ich verlor meinen Vater, als ich zehn war. Das hat bei mir einen Charakter geschmiedet, der mit negativen Ereignissen und Niederlagen umgehen kann. Natürlich schmerzen Rückschläge im Moment, in denen sie passieren – doch langfristig betrachtet, machen sie einen stärker.

Sie sind Jurist mit eigenem 
Anwaltsbüro. Müssen Sie dort nun kürzertreten?

Es wird weniger Zeit geben für andere Verpflichtungen, sei es beruflich, als Gemeindepräsident oder in Vereinen. Ich werde das eine oder andere sicher abgeben. Was das sein wird, zeigt sich in den nächsten Monaten. Das Parteipräsidium hat für mich Priorität vor allen anderen politischen Tätigkeiten.

Was für Mandate haben Sie als Jurist inne?

Weil ich nicht Vollzeit arbeite, mache ich klassische Sachen wie Familienrecht, Erbrecht, Baurecht und Unternehmensberatungen.

Könnte es zu Interessenkonflikten kommen, wenn Sie als Präsident der Berner SVP gleichzeitig juristisch für 
Firmen tätig sind?

(lacht) Überhaupt nicht.

Sie sind als Bauernsohn aufgewachsen, haben dann Jura studiert, wurden Anwalt, jetzt Parteipräsident. Sind Sie ein Aufsteiger?

Das kann man so sagen. Ich bin in einer Bauernfamilie auf dem Berg aufgewachsen. Wir hatten keine Zentralheizung, kein Badezimmer. Heute darf ich Kantonalpräsident der grössten Partei sein, durfte im Nationalrat mitwirken. Das ist die Chance, die wir in der Schweiz haben: Wir haben ein sehr offenes Milizsystem. Dadurch dürfen nicht nur Leute zur Elite gehören, die in einer reichen Familie in einem Stadtzentrum geboren wurden und eine teure Schule besucht haben. Mein Lebenslauf zeigt, dass eigentlich jeder aufsteigen kann.

Stichwörter: SVP, Kanton Bern

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