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Pandemie

Endlich wieder singen

Nach 17 Monaten vorwiegend ohne Auftritt zieht es die klingende Volkskultur wieder ins Freie. Die meisten Musikgesellschaften und viele Chöre haben die Einschränkungen unbeschadet überstanden.

Beim Platzkonzert am Samstagmorgen in der Bieler Altstadt haben die Jodlerinnen vom Jodelklub Bielersee Biel auch ihre schmucke rote Stadttracht vorgestellt. Bild: Anne-Camille Vaucher

Markus Dähler

Ein volkstümlicher Rundgang im Dorf oder am Samstagmorgen in der Bieler Altstadt, das stimmungsvolle Platzkonzert am See zum Sonnenuntergang – die klingende Volkskultur ist wieder da. Und die lachenden Gesichter der spendierfreudigen Gäste und Passantinnen und Passanten bezeugen, dass die Sänger und Musikanten aus Stadt und Land vermisst worden sind. Grosse Feste und intime Konzerte, Theater, Redlet und Geburtstagsständchen waren in den letzten 17 Monaten mehrheitlich tabu.

Die Wissenschaft hat die schwebenden Tröpfchen der Aerosole in der Atemluft als Pandemietreiber entlarvt. Entsprechend verfügten die Gesundheitsbehörden Einschränkungen vom Verbot aller Aktivitäten bis zu Abstandsregeln für den Probenbetrieb in kleinen Gruppen. «Wir haben in der Aula in Studen ein grosses Übungslokal gefunden», sagt Lukas Baschung von der Stadtmusik Biel. Aber das 55-köpfige Blasorchester mit fünf Metern Abstand oder einer Fläche von 25 Quadratmetern pro Musikanten gemeinsam proben zu lassen, sei eine echte Herausforderung gewesen.

Kreative Ideen

«Es war auch eine gute Übung für Gehör und Konzentration», ergänzt Dirigent Robert Kunz von der Musikgesellschaft Bargen. Für den Auftritt am Kantonalen Schwingfest in Aarberg hatte er mit seinen Musikanten im Freien oder unter dem grossen Vordach einer Scheune geprobt, sobald die einschränkenden Rahmenbedingungen zumutbar waren. Der grosse Abstand zum Dirigenten und den Mitspielenden im Register verlangte grosse Aufmerksamkeit.

Wo das Singen und Musizieren nicht möglich war, liessen sich die Vereine allerlei einfallen, um den Mitgliedern den sozialen Kontakt zu ermöglichen. Whats App-Gruppen und zaghafte, teils auch sehr originelle Versuche mit Online-Proben per Skype konnten das analoge Musizieren und das gemütliche in der Gemeinschaft nicht ersetzen. Beim Bräteln an der Aare, einem Bummel in der Natur oder einem kulinarischen Weihnachtsgeschenk statt dem gemeinsamen Essen im Restaurant zeigten die Vorstände, dass der Chor oder das Orchester leben und gewillt sind, gemeinsam auf baldige Besserung zu hoffen.

Nachdem nun die Einschränkungen aufgehoben sind, zeigt sich der Erfolg der unterschiedlichen Strategien. Die meisten Vereinsmitglieder haben sich impfen lassen, um wieder ohne Einschränkungen dabei zu sein. «In einem Chor im Seeland ist ein Drittel der Mitglieder nicht mehr dabei», bedauert Robert Schwab als Dirigent und Präsident der Chorvereinigung Seeland. Die Gründe sind wohl sehr unterschiedlich. Beim Männerchor Büetigen dagegen machen alle wieder mit.

Gebühr sorgt für Schmunzeln

Bereits mehrfach mussten die Büetiger das Regionale Chorfest verschieben. Nun läuft die Anmeldefrist für den nächsten Versuch am ersten Septemberwochenende 2022. «Wir hoffen, dass sich ein Dutzend Chöre zur Teilnahme entschliessen können», hofft Andreas Blösch von der Liederkommission auf ein positives Echo. Als Gemeindepräsident hat er zusammen mit der Behörde alles unternom-men, um die Vereinstätigkeit im Rahmen der behördlichen Vorga-ben zu unterstützen.

Für den Bieler Jodlerklub Bielersee stand mit dem volkstümlichen Stadtbummel am Samstag die Gegenwart im Vordergrund. Nachdem die Jodlerinnen und Sänger vor Jahresfrist ihren Dirigenten verloren hatten, pflegten sie auch ohne Proben einen regen Kontakt. Beim Neustart standen gar mehr Leute in den Reihen als zuvor und halfen mit, die schmucke Bieler Tracht und das volkstümliche Lied auch in den Bieler Altstadtmauern zu präsentieren.

Dass sie dafür eine Strassen-Musikgebühr von 30 Franken entrichten mussten, hat unter dem Aspekt der multikulturellen Kulturförderung schon für ein Schmunzeln gesorgt.

 

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Die nächsten Termine

  • Präsidentenkonferenz Jodlervereinigung oberes Seeland: 13. Oktober im Gasthof Bären, Lyss.
  • Schweizerisches Gesangsfest in Gossau, 20. bis 28. Mai 2022; verlängerter Anmeldetermin bis 26. September.
  • Bernisch-Kantonales Jodlerfest Ins, 24. bis 26. Juni 2022.
  • Chorfest vom 2. bis 4. September 2022 in Büetigen; Anmeldetermin: Samstag, 18. September. mdä
Stichwörter: singen, Jodeln, Verein, Kultur, Pandemie

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