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Schulen

Test positiv – Zeugnis negativ

Am Gymnasium Biel-Seeland sind 53 Jugendliche und Lehrpersonen positiv getestet worden. Für die Schule bedeutet dies einen grossen administrativen Aufwand. Denn fallen Prüfungen aus, können die Zeugnisse nicht ausgestellt werden.

Trotz vieler Fälle am Gymnasium war die Klasse von Jana (links) und Olivia bisher nur am Rande von Corona betroffen.  copyright: Barbara Héritier
 
Sarah Zurbuchen 
 
Die 16-jährige Jana und die 17-jährige Olivia überqueren gerade den Platz vor dem Gymnasium Biel-Seeland. Sie besuchen dieselbe Klasse auf Stufe Gym 2. «Unsere Klasse war bisher nicht stark betroffen, nur zwei Personen mussten seit Beginn der Pandemie in Isolation», sagt Jana. Schlimmer habe es die Parallelklasse getroffen, bei der zwischenzeitlich fast die halbe Klasse gefehlt habe, so Olivia. 
Innerhalb einer Woche sind die Coronazahlen am Gymnasium Biel-Seeland in die Höhe geschnellt. Letzte Woche waren es 53 Fälle, die meisten davon Schülerinnen und Schüler, wie Sabrina Rupp, Konrektorin und Zuständige für das Schutzkonzept, bestätigt. Das habe vor allem auf Jugendliche aus dem ersten Jahrgang Auswirkungen. Denn im Moment steht der Semesterwechsel an, und anhand der Zeugnisnoten wird darüber entschieden, ob die Schüler definitiv an der Schule aufgenommen werden. «Manche können wegen Corona jetzt nicht an den letzten Prüfungen teilnehmen», sagt Rupp. 
Die Lehrpersonen haben deshalb bei der Schulleitung Zeugnisverlängerungen beantragen müssen. Die Betroffenen seien nun daran, Nachprüfungstermine zu organisieren, «zum Beispiel über den Mittag oder nach Schulschluss». Das bedeute vor allem einen administrativen Aufwand, so Rupp. 
 
Schulbetrieb funktioniert
Dass gleich eine ganze Klasse in Quarantäne muss, sei bisher nicht vorgekommen. Denn im Kanton Bern gelten auf Sekundar- und Gymnasialstufe folgende Vorschriften: Ein positiver Coronafall: Keine Massnahmen. Zwei Fälle: Es muss ein sogenannter Ausbruchstest in der gesamten Klasse durchgeführt werden. Sind insgesamt mehr als vier Schülerinnen und Schüler positiv, muss die Klasse in Quarantäne. «Ich gehe davon aus, dass sich die meisten bereits in den Weihnachtsferien im privaten Kreis angesteckt haben und deshalb gar nicht erst zur Schule gekommen sind», sagt die Konrektorin. Auch vor den Ferien habe sie die Erfahrung gemacht, dass sich die Deltavariante in der Schule dank Maskenpflicht und anderer Massnahmen nicht weiterverbreitet hat. Das Risiko, sich anzustecken, sei am Gymnasium vergleichsweise kleiner als an der Volksschule, ist sie überzeugt. Ob dies auch bei Omikron der Fall sein werde, sei noch ungewiss.
 
Und wie gut ist der Gymer auf einen Ausbruch in der Lehrerschaft vorbereitet? Sabrina Rupp wirkt relativ gelassen. Da die Lehrerinnen und Lehrer einzelne Fächer unterrichten, sei das Risiko gering, dass eine ganze Klasse plötzlich ohne Lehrperson dasteht. Und: «Wenn sich die Lehrkraft gut fühlt, kann sie auch via Fernunterricht arbeiten. Wir sind seit dem ersten Lockdown technisch dafür eingerichtet.» Ganz allgemein lobt Sabrina Rupp die Zusammenarbeit ihres Teams, aber auch der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern. «Es helfen alle gut mit!»
 
Auch Jana und Olivia scheinen locker mit der Situation an der Schule umzugehen. Als ein Lehrer in Quarantäne gehen musste, habe dieser der Klasse Aufgaben gegeben, die sie in Eigenregie lösen mussten.
Verschiedentlich wird gemunkelt, dass es gewisse Eltern nicht sehr ernst mit den Massnahmen bei ihren Kindern nehmen. Manche würden gar hoffen, dass sich der Nachwuchs in der Schule ansteckt, damit die Sportferien nicht gefährdet sind. Oder sie würden ihre kränkelnden Kinder ohne Test zur Schule schicken. Rupp erwidert, sie habe am Gymnasium Biel-Seeland noch nie von einem solchen Fall gehört. «Unsere Lehrpersonen sprechen Schülerinnen und Schüler konsequent darauf an, wenn sie krank wirken und schicken diese auch einmal nach Hause.»
 
Neun Klassen in Quarantäne
An den Bieler Volksschulen stehen derzeit 9 von 315 Klassen unter Quarantäne, betroffen sind 200 Kinder und Jugendliche sowie 15 Lehrpersonen, wie Emanuel Gogniat, stellvertretender Leiter der Abteilung Schule und Sport informiert. In Isolation befinden sich zudem 105 Schülerinnen und Schüler sowie 17 Lehrkräfte. Es seien mehr oder weniger alle Schuleinheiten sowie Kindergärten betroffen, so Gogniat weiter, und die Fälle seien steigend, die Situation bezüglich Kapazität von Lehrpersonen angespannt.
Die Stadt unterstützt die Schulleitungen mit einer Koordinierungsstelle, die im Oktober 2020 eingerichtet wurde. Die Schulleitungen stehen in Verbindung mit der kantonalen Erziehungsdirektion.
Die Bieler Volksschulen organisieren derzeit keine repetitiven Flächentests. Die Entscheidung sei aufgrund «des Fehlens wichtiger Informationen» verschoben worden, wie die Stadt Biel in einem Communiqué mitteilte. Die Bieler Schulen praktizieren derzeit das System des Ausbruchstestens.
 
Wie testen die Seeländer Schulen?
Im Kanton Bern können Schulen wieder regelmässige Corona-Massentests durchführen, wenn mindestens 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler teilnehmen. Doch nicht alle Gemeinden sind davon begeistert. 
So fühlt sich etwa Christian Brügger, Gemeinderat in Twnn-Tüscherz, vom Kanton «im Stich gelassen», wie er gestern gegenüber Radio «Canal 3» sagte: «Wir würden bei uns eigentlich sehr gerne Flächentests durchführen.» Man dürfe diese Pandemie nicht einfach durch die Gesellschaft rauschen lassen, und Twann-Tüscherz wolle verhindern, dass Kinder Long-Covid entwickeln. Allerdings habe die Gemeinde bis Schulbeginn vom Kanton zu wenig Informationen zu den Flächentests erhalten. Jetzt sei die Verordnung dazu nachgeliefert worden, «und wir waren sehr enttäuscht davon». Die 80-Prozent-Regel sei schlecht zu kontrollieren und mit einem grossen Aufwand verbunden, so Brügger weiter. Ein Obligatorium für alle, ist der Gemeinderat überzeugt, würde mehr Sinn machen. Wofür  sich Twann-Tüscherz entscheidet, ist noch unklar. 
Lyss hat sich für das Ausbruchstesten entschieden, wie Gemeinderat Alexander Lees gestern gegenüber «Canal 3» bestätigte: «Wir sind keine Fachleute und folgen deshalb den Empfehlungen des Kantons.»
Leubringen/Magglingen hingegen hat sich laut Gemeinderat Yannik Riesen «nach langen Diskussionen» dazu entschieden, die repetitiven Tests wieder einzuführen, es erscheine ihnen am sinnvollsten. Zudem hätten sie mit den Ausbruchstests vor Weihnachten keine guten Erfahrungen gemacht, sagte er. Er gibt aber auch zu bedenken, dass die Massentests mit einem grossen administrativen Aufwand verbunden seien.  
Folgende Seeländer Gemeinden wollen die Flächentests vorläufig nicht einführen: Aarberg, Büren, Brüttelen, Erlach, Finsterhennen, Gals, Gampelen, Ins, Lüscherz, Müntschemier, Seedorf, Siselen, Täuffelen, Treiten, Tschugg, Vinelz. Die Aufzählung ist nicht abschliessend. Die Gemeinden sind mehrheitlich der Meinung, dass der Aufwand mit der neuen Regelung deutlich grösser istals im Frühling 2021. Jetzt müsse man zweimal pro Woche 80 Prozent der Schulkinder testen und erhalte vom Kanton Bern keine Unterstützung. sz

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