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Personalausfälle

Omikron setzt den Berner Kitas zu

Corona ist bei den Kleinen angekommen. Das führt in den Kindertagesstätten zu vorübergehenden Schliessungen und zu knappen Finanzen.

Die Kita bleibt heute zu. Bild: Franziska Rothenbühler

Naomi Jones

Die Berner Kita-Leiterin Nicole Provini kommt gerade vom PCR-Test. Dabei kann sie es sich nicht erlauben, krank zu sein. «Nur zwei Wochen nach der Weihnachtspause sind fünf Mitarbeiterinnen positiv», sagt sie am Telefon. Omikron wütet in der Kita Sputnik gerade ziemlich heftig unter Personal und Kindern. Die Kita-Leiterin muss für die ausfallenden Betreuerinnen Ersatz finden, und sie muss Eltern über positive Fälle und richtiges Verhalten informieren. «Kürzlich habe ich an einem Tag 50 Telefonate gemacht», erzählt sie.

Zudem müssten die Mitarbeitenden extrem flexibel sein, oft improvisieren, mehr arbeiten als vorgesehen und immer wieder für Kolleginnen und Kollegen einspringen. «Obwohl mein Team sehr motiviert ist, wird es langsam müde», sagt sie.

 

Kürzere Öffnungszeiten 
oder ganz zu

Sputnik ist nicht die einzige Kita, die mit Omikron kämpft. Die von der Stadt Bern betriebenen Kitas haben zum Teil ihre Öffnungszeiten in den Randstunden reduziert, um so Personalausfälle zu überbrücken, wie Alex Haller sagt. Er ist der Leiter des zuständigen Amtes in der städtischen Sozialdirektion. Der Schweizerische Gemeinnützige Frauenverein (SGF), der in Bern mehrere Kitas betreibt, musste letzte Woche gar einen Betrieb für ein paar Tage schliessen. Er konnte die Betreuung nicht mehr sicherstellen, wie Rahel Schwab vom SGF Bern erzählt. Zudem habe man gehofft, damit das Infektionsgeschehen zu bremsen.

Denn vom Kanton angeordnete Ausbruchstestungen wie in den Schulen gibt es laut Schwab und Provini für Kita-Gruppen nicht. Und kleine Kinder würden nur selten getestet. Die Eltern erhielten lediglich Testempfehlungen, wenn ein anderes Kind oder eine Betreuungsperson positiv gemeldet würden, sagt Provini.

Gundekar Giebel von der kantonalen Gesundheitsdirektion bestätigt das. Obligatorische Ausbruchstestungen würden erst ab dem Kindergarten angeordnet. «Für Kleinkinder in Kitas gibt es keine obligatorischen Testungen.»

Für die Kitas geht das ins Geld. Sie müssen nebst dem Lohn ihrer kranken oder isolierten Mitarbeitenden auch den Lohn der Aushilfen zahlen, die einspringen. Kitas müssen sich bei der Betreuung von Kindern an strenge Vorgaben halten, was die Zahl der ausgebildeten Betreuungspersonen im Verhältnis zur Zahl der Kinder angeht. Und wenn sie eine Gruppe oder einen ganzen Betrieb schliessen, fehlen ihnen die Einnahmen. Dazu komme, dass die Eltern ihre Kinder aufgrund neuer Arbeitszeiten durch Homeoffice zum Teil weniger in die Kita brächten, sagt Provini. Auch das führe zu einem Rückgang der Einnahmen. «Viele kleine Kitas werden diese Krise nicht überleben.»

Und nicht zuletzt nehmen einige Eltern ihre Kinder aus Sorge vor einer Ansteckung ganz aus der Kita. Obwohl sich Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren gemäss den Zahlen des Bundesamtes für Gesundheit viel ­öfter mit Corona infizieren als kleinere Kinder, waren in der letzten Woche doppelt so viele Kleinere im Spital wie 10 bis 19-Jährige.

Das Berner Inselspital gibt aber eine Entwarnung. Man stelle zwar einen leichten Anstieg der Patientenzahlen mit Covid-19 im Kinderspital fest, schreibt der Chefarzt Christoph Aebi auf Anfrage. Doch das liege einerseits an der schieren Menge von Fallzahlen insgesamt und andererseits daran, dass alle Kinder bei Spitaleintritt getestet würden. In der Statistik seien deshalb auch die Symptomlosen erfasst.

 

Kitas fühlen sich von den
Behörden vergessen

In alldem fühlen sich die Kitas vom Kanton alleingelassen. «Er hat kein Konzept, wie wir mit Corona umgehen sollen», sagt Rahel Schwab vom SGF Bern. Sie habe das Gefühl, dass die Kitas von den Behörden einfach vergessen worden seien, und das, obwohl sie im ersten Lockdown für systemrelevant erklärt worden seien und ihr Angebot hätten aufrechterhalten müssen.

Gundekar Giebel, Sprecher der kantonalen Gesundheitsdirektion, widerspricht dem. Das Coronakonzept für Kitas beinhalte Testempfehlungen ab zwei positiven Fällen und eine Quarantäne ab vier positiven Fällen innerhalb von fünf Tagen. Allerdings spielt er den Ball auch gleich an die Kitas zurück. Damit die Quarantäne angeordnet werden könne, müssten sie die Fälle melden. An den Kitas bleibt so viel administrative und organisatorische Arbeit hängen, für die sie eigentlich keine Ressourcen haben.

Die SP will deshalb in der kommenden Grossratssession einen Vorstoss einreichen, in dem sie vom Kanton mehr Geld für Kitas fordert, wie die kan­tonale Vizepräsidentin Tanja Bauer sagt. Gleichzeitig lanciert die Partei Anfang März eine Initiative auf nationaler Ebene, in der sie vom Bund verlangt, zwei Drittel der Kita-Kosten zu übernehmen.

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