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Curling

Das Potenzial angedeutet

Für Michelle Gribi war das internationale Mixed-Doubles-Turnier in Bern besonders speziell. Die 26-jährige Bielerin trat zum ersten Mal mit dem neuen Teampartner Paddy Käser an.

Stark begonnen, dann nachgelassen: Michelle Gribi und Paddy Käser haben den Coup in Bern verpasst. Bild: zvg/Christian Roth
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Michael Lehmann

Ein unbekanntes Duo spielte am ersten Tag des Mixed-Doubles-Turniers in Bern gross auf: Gribi/Käser feierten drei Erfolge in drei Duellen. Zu den Besiegten gehörte nicht zuletzt das russische Nationalteam. Der starke Start überraschte doch etwas, denn die beiden Curler bestritten erstmals gemeinsam ein internationales Turnier.

Man könnte das Duo sogar als Ad-hoc-Team bezeichnen. Sowohl Michelle Gribi als auch Paddy Käser standen kurz vor Saisonstart ohne Equipe da und hatten sich schon fast mit einer Zwischensaison ohne Turniere auf höchstem Niveau abgefunden. Im letzten Moment, eigentlich war es bereits zu spät, meldeten sich die beiden als Mixed-Doubles-Team an.

Wie kam es dazu? Die Bielerin Michelle Gribi fokussierte sich in den beiden letzten Jahren zusammen mit Cousin Reto Gribi ganz aufs Mixed Doubles. Im Frühling beendete das Duo die Saison mit einem zweiten Rang an der Schweizer Meisterschaft und gab an, noch stärker zurückkehren zu wollen. Beim Verband war das Team denn auch für diese Saison gemeldet, im August stand die 26-Jährige jedoch plötzlich ohne Teampartner da. Reto Gribi hatte entschlossen, vorerst nicht mehr Curling zu spielen. Die Umstände will Michelle Gribi nicht näher kommentieren. Sie sagt einzig, dass sie die Gründe nachvollziehen könne, die zu Retos Entscheid führten.

Andreas Schwaller als «Verkuppler»

Trotzdem brachte Reto Gribis Rückzug Michelle Gribi in eine schwierige Lage. Die meisten Teams waren bereits gebildet. Die Seeländerin suchte nach neuen Partnern oder nach einem freien Platz in einem Frauenteam – beides ohne Erfolg. «Aufhören kam für mich jedoch nicht in Frage», sagt Michelle Gribi. Dafür sei ihr der Sport schlicht zu wichtig.

Michelle Gribi wandte sich unter anderem an Andreas Schwaller. Der Chef Leistungssport von Swiss Curling konnte ihr zuerst nicht weiterhelfen, doch wie es der Zufall wollte, traf er einige Tage darauf auf Paddy Käser.

Schwaller spielte in Zürich zusammen mit seiner Tochter Curling, auf dem Eisfeld daneben trainierte Käser Junioren. Die beiden kamen ins Gespräch und Käser erklärte, dass er den Job gewechselt und deshalb wieder mehr Zeit fürs Curling habe. Auf Schwallers Rat rief Michelle Gribi den 27-Jährigen an. Die beiden Curler kannten sich oberflächlich aus Juniorenzeiten. «Im Gespräch stellte sich heraus, dass wir beide ehrgeizig sind und zielorientiert arbeiten wollen», erklärt Paddy Käser. Obwohl der gebürtige Interlakener noch kaum Erfahrungen in der Disziplin Mixed Doubles gemacht hatte, stimmte er der Teambildung zu.

Vom Olympia-Team gestoppt

Die Anmeldefrist war bereits verstrichen, als Gribi die Mutation meldete; der Verband drückte ein Auge zu. Doch während andere Teams bereits erste Turniere im Ausland bestritten, mussten Gribi und Käser erst einen Saisonplan erstellen und Sponsoren suchen, um Wettkämpfe im Ausland bestreiten zu können. So kam es, dass das Turnier in Bern am vergangenen Wochenende die erste Bewährungsprobe für das neuformierte Team wurde.

Nach den drei Siegen zum Beginn spielten Gribi/Käser gegen die Olympia-Silbergewinner Perret/Rios um den vorzeitigen Einzug in den Viertelfinal. Das umkämpfte Duell endete mit einer knappen 5:6-Niederlage aus Sicht der beiden Aussenseiter. «Dass uns das erfahrene Olympia-Team erst mit dem letzten Stein besiegte, zeigt uns, dass wir trotz Trainingsrückstand auf einem guten Weg sind», sagt Michelle Gribi. Allerdings riss dem Team ab diesem Zeitpunkt der Faden. Auch die folgenden Begegnungen mit Russland 3 und Polen gingen verloren. Damit fiel das Duo aus dem Rennen um den Turniersieg.

Den Coup hat das neue Duo im ersten Turnier verpasst. Dass sie über Potenzial verfügen, haben Gribi und Käser jedoch bewiesen. Vorerst ist eine gemeinsame Saison geplant. «Danach beurteilen wir die Situation neu», so Michelle Gribi. Das grosse Ziel ist die Qualifikation für die Schweizer Meisterschaft. Möglich wäre dies unter anderem mit einem Sieg beim neuen Schweizer Cup, der Mitte Dezember in Biel stattfindet. Das Ad-hoc-Team könnte sich als feste Grösse im nationalen Curling etablieren.

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Dramatischer letzter Stein: Perret/Rios verlieren Final

Im Final des 3. Mixed-Doubles-Turnier in Bern stand das Schweizer Olympia-Team mit Jenny Perret und Martin Rios sowie das schweizerisch-kanadische Duo Marlene Albrecht und Matt Wozniak. Erstere war Teil des Frauenteams, das die Schweiz in Pyeongchang vertrat. Das Endspiel war bis zum Schluss ausgeglichen. Albrecht stand vor der Aufgabe, ihren letzten Stein in die Mitte des Hauses legen. Die Ausführung schien jedoch zu missglücken. «Der Stein wäre zu lang gewesen», war sich Jenny Perret sicher. Im Haus bremste er jedoch abrupt ab. Irgendwo musste der Stein einen Dreckpartikel erwischt haben. So hatte er letztlich die perfekte Länge und sicherte Albrecht/Wozniak den Turniersieg. Die unterlegene Sutzerin nahm dies mit einem Achselzucken hin. «Wir haben ein gutes Turnier gezeigt und können mit unserer Leistung zufrieden sein.»

Letzter Stein im Final ab 2:27:00