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Eishockey

Der stets lächelnde Hüne

Joren van Pottelberghe steht diese Woche mit der Nationalmannschaft im Einsatz. Der künftige Torhüter des EHC Biel hat turbulente Zeiten hinter sich – in Biel will er zur Ruhe kommen.

Sein Lächeln ist ansteckend: Joren van Pottelberghe, baldiger EHCB-Goalie. zvg

Moritz Bill

Er ist eine imposante Erscheinung. 191 Zentimeter misst Joren van Pottelberghe, steht der Torhüter in voller Montur vor einem, erscheint er nicht nur wegen der Kufen sogar noch grösser. Sobald der 22-Jährige seine Goaliemaske hebt, sticht aber nicht mehr seine Grösse, sondern sein beständiges Lächeln ins Auge. Selbst wenn er über weniger Erfreuliches spricht, kehren spätestens am Ende des Satzes die Mundwinkel an die Ausgangsposition zurück: nach oben.
Grund zur Freude hat van Pottelberghe derzeit. Er bereitet sich mit der Nationalmannschaft in Olten auf die beiden Testspiele gegen Deutschland vor (siehe auch Text unten). Heute oder morgen dürfte der frühere Junioren-Internationale zu seinem fünften Einsatz mit dem A-Nationalteam kommen. Das Einrücken in die Nati diente auch der Ablenkung von weniger Erfreulichem. Am Sonntag musste van Pottelberghe von der Ersatzbank aus zuschauen, wie sein HC Davos den Cupfinal gegen den HC Ajoie verlor. Er sagt: «Einen Final zu verlieren ist immer ärgerlich.» Besonders, wenn das zweimal fast identisch geschieht. Vor zwei Jahren war den Bündnern gegen die damals noch unterklassige Rapperswil-Jona Lakers Gleiches widerfahren.
Dieser zeitliche Abstand täuscht eine Beständigkeit zwischen van Pottelberghe und dem HC Davos vor, die in den zwei Jahren seit dem verlorenen Final nicht existierte. Viel mehr war diese Zeit geprägt von Wechselhaftigkeit und letztlich der Grund, warum «JvP» ab nächster Saison für den EHC Biel spielen wird.

Ein negatives Déjà-vu
Der Reihe nach: Kurz vor dem Start in die vergangene Saison war van Pottelberghe Opfer von Arno Del Curtos Entscheid geworden, auf einen ausländischen Torhüter statt auf das junge Duo Senn/van Pottelberghe zu setzen. Senn blieb als Backup in Davos, van Pottelberghe wurde vorerst nach Dänemark verfrachtet, später an den EHC Kloten ausgeliehen. Trotzdem verlängerte er nach dieser Saison im Exil seinen Vertrag mit dem Rekordmeister, denn dieser hatte ein «Housecleaning» hinter sich. Doch auch unter der neuen sportlichen Führung sah sich der schweizerisch-belgische Doppelbürger plötzlich wieder mit einer ähnlich unangenehmen Situation konfrontiert. Im Dezember verpflichteten die Bündner mit Robert Mayer einen potenziellen Nummer-1-Goalie, einer des aktuellen Goalie-Tandems, Sandro Aeschlimann oder van Pottelberghe, musste weichen. «Solche Transfers gehören zum Hockey dazu, damit musst du umgehen können und letztlich kam dabei mit dem bevorstehenden Wechsel nach Biel etwas Gutes für mich heraus.» Dennoch, so einfach zu handeln sei die erneute Degradierung nicht gewesen. Das gesteht van Pottelberghe trotz eines Lächelns auf Nachhaken ein. «Aber dieses Mal hat mich das nicht mehr gleichermassen geschockt. Da ich diese Erfahrung schon mal machen musste, habe ich daraus gelernt. Beim ersten Mal war das schwieriger gewesen.»
Und eben, der Ausblick auf die neue Herausforderung im Seeland half auch. Vieles passe beim EHCB zusammen, die coole Mannschaft, die guten Trainer und die moderne Infrastruktur. Zudem hat ihm Teamkollege Tino Kessler, der während der laufenden Saison als Temporär-Bieler arbeitete und im Frühling mit einer Festanstellung zurückkehrt, nur Gutes berichtet. «Es gibt viele Gründe, die Biel interessant machen», sagt van Pottelberghe.

Keine Ablenkung
Dass die Nummer-1-Position wegen Jonas Hillers Rücktritt frei wird und er sich mit Elien Paupe um diese duellieren kann, sei einer davon. Selbstverständlich hinterlässt Hiller ein riesiges Erbe, allzu gross damit beschäftigen tut sich «JvP» aber nicht. «Klar, das ist ein ganz grosser Name. Aber man darf sich deshalb selbst keinen allzu grossen Druck aufsetzen, sonst kommt das nicht gut.» Keine Ablenkung, das passt auch zur Vertragsklausel, die in den zwei Jahren einen vorzeitigen Ausstieg ausschliessen. Somit habe er  Ruhe und studiere nicht an anderen Möglichkeiten herum, erklärt der von den Detroit Red Wings gedraftete Goalie.
Doch das alles sei Zukunftsmusik, vorerst wolle er sich auf die Nati und dann auf den Saisonschluss mit Davos konzentrieren, sagt van Pottelberghe – und unterstreicht das natürlich mit einem Lächeln.

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Zufall oder Schicksal?
Dass Joren van Pottelberghe schweizerisch-belgischer Doppelbürger ist, ist einem Zufall, oder je nach Interpretation dem Schicksal geschuldet. Seine Eltern, beide aus Belgien, waren einst unabhängig voneinander der Arbeit wegen in die Schweiz gezogen. Die Physiotherapeutin und der Physiotherapeut heuerten in derselben Praxis an, lernten sich kennen und lieben. Für die belgische Nationalmannschaft zu spielen, kam für van Pottelberghe, der fliessend Flämisch spricht, indes nie infrage, beziehungsweise erhielt er diesbezüglich nie eine Anfrage. Diese hätte er aber ohnehin negativ beantwortet: Belgien belegt in der Weltrangliste Platz 37, die Schweiz Platz 8. bil

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Fischers «Geschenk»

Mit Gilian Kohler und Valentin Nussbaumer hat Nationaltrainer Patrick Fischer die beiden 19-jährigen Jünglinge des EHC Biel erstmals für die A-Nationalmannschaft aufgeboten. Fischer spricht von einem «Geschenk», das er den beiden mit der Nomination machen wollte. «Beide haben an der U20-WM sehr gut gespielt und gezeigt, dass sie in Zukunft eine wichtige Rolle bei uns übernehmen könnten.» Fischer hofft, dass diese Selektion den beiden Youngsters Motivation und Selbstvertrauen verleiht, um den nächsten Schritt zu nehmen.
Janis Moser, ein weiterer 19-jähriger Bieler, ist nicht berücksichtigt worden. Einerseits wird ihm während der intensiven Saison eine Pause gegönnt, andererseits trifft das Label «Perspektivspieler» auf ihn spätestens seit seiner Teilnahme an der A-WM nicht mehr zu. bil/ck