Dorfklub startet nächsten Angriff auf die europäische Königsklasse

 

Bei der Einfahrt ins beschauliche Diessbach lässt noch nichts erahnen, dass hier ein Rollhockey-Spitzenteam beheimatet ist, das sich seit Jahren international mit der europäischen Elite misst. Direkt neben dem Schulhaus steht die schmucke Halle des RHC Diessbach, der ganze Stolz des Vereins. In unzähligen Arbeitsstunden haben die Mitglieder gemeinsam das von langer Hand geplante Projekt gestemmt. Diese Verbundenheit und den grossen Teamgeist sieht man auch, wenn die Mannschaft auf dem Spielfeld ans Werk geht.

 

Ab Samstag bestreitet das Männerteam bereits seine 15. Europacup-Kampagne. Die dritte davon in der Champions League, die im Rollhockey «Euroleague» genannt wird. Insgesamt 48 Spiele sind ausgetragen worden, seit die Diessbacher 2001 gegen die Engländer von Letchworth ihre internationale Première gefeiert hatten (siehe Übersicht unten). Mit Pascal Kissling steht noch ein Spieler im aktuellen Kader, der schon damals eingesetzt worden war. 

 

Der heutige Teamcaptain erinnert sich noch gut an die Anfänge. «So ein Spiel wie in England war für uns ein Riesenerlebnis», sagt Kissling. «Wir waren gemeinsam mit unseren Fans angereist und haben es genossen. Das Drumherum war wichtiger als das Spiel selber.» Dies habe sich seither geändert. Mit jedem Europacup-Einsatz sei das Streben nach einem positiven Resultat grösser geworden. Von diesen sind trotz des hohen Niveaus der europäischen Konkurrenz zahlreiche zusammengekommen. 

 

Zehn Siege und sechs Unentschieden stehen 32 Niederlagen gegenüber. In bislang zwölf Euroleague-Partien gab es jedoch für die Seeländer elf Niederlagen – und immerhin ein 3:3 gegen den französischen Vertreter Quévert. «Was uns nun noch fehlt, ist der erste Sieg in der Euroleague», lautet Kisslings ehrgeizige Zielvorgabe. Obwohl zum Beispiel Barcelona oder Benfica diesmal nicht mitmachen, weil sie gemeinsam mit anderen Spitzenteams eine eigene Königsklasse kreieren wollen (das BT berichtete), bleibt das Niveau hoch. Ein Vordringen in die K.O.-Runde ist für Diessbach gegen die renommierten Rollhockey-Nationen kaum realistisch. Man wolle aber ein wenig die Grossen ärgern.

 

Auftaktgegner ist das portugiesische Team von Valongo, das die Diessbacher am Samstag empfangen. Im Dezember geht es dann nach Italien zu Sarzana, ehe Mitte Januar in Frankreich gegen Coutras die nächste Auswärtspartie folgt. Die vier Gruppengegner stehen sich je einmal zuhause und auswärts gegenüber. Für den RHC Diessbach geniesst das Titelrennen in der heimischen NLA-Meisterschaft Priorität, während die Champions League ein willkommenes Motivationshäppchen darstellt. «Wir wollen vom höheren Rhythmus profitieren und den Schwung in die Meisterschaft mitnehmen», so Kissling.

 

Was die Finanzen betrifft, bedeutet die Champions League im Rollhockey kein Geldsegen wie bei den Fussballern. Werden die heute Abend gegen Villareal im Einsatz stehenden Young Boys ihre Kampagne mit über 25 Millionen Franken vergolden, müssen die Diessbacher bereits froh sein, wenn sie nicht drauflegen, denn in ihrem Sport gibt es nichts zu verdienen. Es fallen Kosten an, und diese sind je nach zugelosten Gegnern für einen Amateurverein schon recht happig. «Für Auswärtsspiele in Italien oder Frankreich rechnen wir mit rund 2000 bis 3000 Franken», so Sportchef Reto Wyss. Geht es weiter weg nach Spanien oder sogar Portugal ersetzen Flüge die Carfahrten, womit alle Reise- und Unterkunftskosten miteingerechnet bereits 8000 bis 9000 Franken pro Spiel anfallen. Dank den Unterstützungsbeiträgen des Lotteriefonds sollte Diessbachs Rechnung in der aktuellen Champions-League-Saison ausgeglichen gestaltet werden können. 

 

«Es ist genial, im Amateursport solche Erlebnisse zu haben und die schönen Erinnerungen über die Aktivkarriere hinaus mitzunehmen», sagt Wyss, worauf es wirklich ankommt. Auch er habe tolle Europacup-Spiele bestritten und freut sich nun in seiner Funktion als Sportchef auf die nächsten internationalen Höhepunkte in der Geschichte des Rollhockeyclubs aus dem beschaulichen Dorf.