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Kommentar

Juristisch korrekt, 
mit «Schäm-di»-Note

«Gleiches Recht für alle – Djokovic geh nach Hause» lautete der Aufschrei vor wenigen Tagen.

Bild: Bernhard Rentsch

Die unbequeme und vielerorts unbeliebte Nummer 1 im Welttennis schien sich ungeimpft dank seinem speziellen Promi-Status in Down under eingeschlichen zu haben.

Nein, sagte nun gestern der Richter, ohne auf die angeprangerte nationalistische Überhöhung Bezug zu nehmen. Denn juristisch gilt eben auch da: gleiches Recht für alle. Und wenn im Fall von Novak Djokovic formelle Fehler gemacht wurden und die vorgelegten Dokumente rechtens sind, steht der Teilnahme am Australian Open nichts im Weg. Wenn … – denn offenbar ist das letzte Wort noch nicht gesprochen und wir werden uns aus Distanz weiter an dieser Posse ergötzen.

Zu bedauern ist einerseits, dass ein Superstar und ein Vorbild für Tausende einmal mehr das Image des Sports durch unkluges Vorgehen und schlechte Kommunikation in den Dreck zieht. Die naive Hoffnung, dass selbst ein millionenschwerer Tennisspieler «einer von uns ist» erweist sich als Trugschluss. Andererseits, dass ein Spitzensportevent für Ränkespiele unter Funktionären, Politikern und weiteren «Wichtigen» missbraucht wird. Der laut in Richtung Australien geschickte «Schäm-di-Schrei» wird in diesen Sphären unerhört verhallen.

Umso mehr gilt die Hoffnung, dass die Sache nicht von der Politik oder vom Gericht beendet, sondern von epischen Schlachten auf dem Tennisplatz entschieden wird. Die gemäss Eigeneinschätzung unantastbare Überfigur soll und kann sich im Wettkampf unter fairen Bedingungen messen und beweisen. Befürworter und Hasser haben allen Grund, den Duellen mit den «Echten und Korrekten» entgegenzufiebern. Ein Held kann Novak Djokovic in dieser Sache nicht (mehr) werden, er kann und soll mit Leistung aber sein Gesicht wahren.

Bernhard Rentsch, Teamleiter Sport a.i.