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Taekwondo

Seeländerinnen verpassen krönenden Abschluss

Nina Kläy und Manuela Bezzola haben an den Europameisterschaften in Montreux knapp die Medaillenränge verpasst. Nach zwölf Jahren internationaler Spitzensportkarriere werden fortan für die Seeländerinnen andere Dinge im Mittelpunkt stehen.

Voller Einsatz: Manuela Bezzola (links) schlägt in der 2. Runde die Türkin Sezen Sevik, ehe im Viertelfinale das Aus kommt. Keystone

Francisco Rodríguez

Es hätte der perfekte Abschluss werden können. Die Enttäuschung über die knapp verpassten Medaillen hielt sich bei den Seeländerinnen dennoch in Grenzen und war am Tag nach dem Wettkampf bereits wieder verflogen. «Ich darf mit meiner Leistung zufrieden sein, denn ich habe insgesamt sehr gut gekämpft», sagte Nina Kläy, die an den erstmals in der Schweiz ausgetragenen Elite-Europameisterschaften als Titelverteidigerin angetreten war. Der Grat zwischen Sieg und Niederlage sei im Kampfsport besonders schmal. «Am Ende hat mir das nötige Quäntchen Glück gefehlt.»

Nach einem Freilos schlug die als Nummer 5 gesetzte Kläy die Serbin Iris Jovic Vujakovic in der Verlängerung. Dabei war ihr nach einem hoffnungslos scheinenden 1:9-Rückstand eine starke Aufholjagd gelungen. Auch im Viertelfinal gegen die Deutsche Rabia Güleç musste der «Golden Point» die Entscheidung herbeiführen. Diesmal zog aber die Bellmunderin trotz erneut guter Leistung den Kürzeren, während sich Güleç mit ihrem knappen Sieg die Bronzemedaille sicherte. Güleçs siegreiche Halbfinalgegnerin Imren Yaman aus der Türkei bezwang später im Final die Französin Magda Wiet Henin und holte sich damit den Europameistertitel in der Gewichtsklasse bis 62 Kilogramm.

Am Ende flossen Tränen

Am Vortag hatte auch Manuela Bezzola nur knapp die Halbfinals und damit den Podestplatz in der Gewichtsklasse bis 53 Kilogramm verpasst. Im Viertelfinal musste sich die Bielerin mit 4:6 Punkten gegen die Türkin Zeliha Agris geschlagen geben. Im ersten Moment überkamen sie die Emotionen. An diesem möglicherweise letzten Grosswettkampf und vor versammelter Familie und ihren Bekannten flossen Tränen. Der abtretende Schweizer Nationaltrainer fand die richtigen tröstenden Worte und würdigte die Leistungen seiner beiden Athletinnen, die auf eine zwölfjährige Spitzensportlerkarriere mit diversen EM- und WM-Medaillengewinnen sowie Bezzolas Olympiateilnahme 2008 zurückblicken.

Nationaltrainer würdigt Leistung

«Sie haben viel Risiko auf sich genommen und grossen Willen und Spielwitz an den Tag gelegt», so Kricka anerkennend. «Für mich ist dies eine Genugtuung, denn es zeigt mir, dass sie es weiterhin gerne machen und alles fürs Taekwondo tun. Ich bin mit diesem Abschluss zufrieden, wenngleich das Tüpfelchen auf dem i gefehlt hat.» Das sei auch auf die wachsende Konkurrenz zurückzuführen. Nach den Rücktritten diverser internationaler Spitzenkämpferinnen, die wie Kläy und Bezzola die Olympia-Qualifikation für Rio verpasst hatten, gab es in Montreux viele neue Gesichter. «Da sind einige starke Kämpferinnen nachgerückt, die das Niveau weiter hochgeschraubt haben», so Kricka.

Tiefer geworden ist damit der Altersdurchschnitt. Eine Tendenz, die auch auf die immer grösser werdenden Anforderungen zurückzuführen ist. «Früher gab es fünf grosse Turniere im Jahr, inzwischen sind es 25», so Kricka, der Bezzola und Kläy seit seinem Rücktritt 2008 vom Aktivsport betreut. «Damit hat der Verschleiss deutlich zugenommen, nicht nur körperlich, sondern auch mental.» Kläy und Bezzola werden bald 27 Jahre alt. Für beide ist die Zeit gekommen, sportlich etwas kürzerzutreten und daneben andere Dinge im Leben in Angriff zu nehmen.

Vom Rücktritt mögen die beiden aber noch nicht sprechen. «Wir wollen keine voreiligen Entscheide treffen und sind in der vorteilhaften Lage, uns noch Zeit lassen zu können», so Bezzola. «Und wieso sollten wir denn schon jetzt aufhören, wenn wir beide noch stark sind?» Mit ihren Leistungen haben Bezzola und Kläy bewiesen, dass sie in Europa, dem besten Kontinent im Taekwondo-Sport, immer noch zu den Top-5 gehören. «Taekwondo wird immer ein Teil meines Lebens bleiben. Zuerst brauche ich aber etwas Zeit und Distanz vom Sport», so Bezzola, die sich beruflich neue Ziele setzt. Am 15. August beginnt die Bielerin mit der Berufsmatur. Kläy ihrerseits bereitet sich auf den Eignungstest für das geplante Studium in Veterinärmedizin vor.

Aufräumen in Magglingen

Die beiden Kämpferinnen und ihr Trainer treffen sich in dieser Woche nochmals in Magglingen, um ihre Sachen zu packen. Nach sieben Jahren erfolgreicher Trainingsarbeit wird das Nationale Leistungszentrum geschlossen (das BT berichtete). Das Amt des Schweizer Taekwondo-Nationaltrainers gibt es fortan nicht mehr. Zwei Monate lang wird Kricka in einem Mandat ein neues Leistungskonzept erarbeiten, das die bis jetzt in Magglingen wahrgenommenen Aufgaben sowie finanziellen Mittel dezentral an die Vereine verteilen soll. Mit der noch nicht einmal 16-jährigen Schaffhauserin Tatiana Miccoli gebe es laut Kricka zumindest eine Schweizer Kämpferin mit grossem internationalen Potenzial.

Kricka, Kläy und Bezzola wollen künftig in der Kim Taekwondo-Schule Biel wöchentlich ein Training leiten und die beiden Athletinnen sich fit halten. Um für eventuelle weitere Wettkämpfe bereit zu sein, sollte es sie noch einmal packen.

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Die EM-Kämpfe der Seeländerinnen in Montreux

  • Manuela Bezzola (Biel, bis 53 kg):

Freilos in der 1. Runde, 9:3-Sieg in der 2. Runde gegen die Türkin Sezen Sevik, 4:6-Niederlage im Viertelfinal gegen die Türkin Zeliha Agris, 5. Schlussrang.

  • Nina Kläy (Bellmund, bis 62 kg):

Freilos in der 1. Runde, in Runde 2 nach einem 10:10 der Sieg mit «golden point» gegen die Serbin Iris Jovic Vujakovic, im Viertelfinal nach einem 6:6 die Niederlage mit «golden point» gegen die Deutsche Rabia Güleç, 5. Schlussrang. fri