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Tischtennis

Seeland-Cup 2023 vor wegweisendem Entscheid

Der Seeland-Cup ist im zweiten Jahr in Folge abgesagt worden. Bis Ende Monat wollen die Organisatoren entscheiden, wie es mit ihrem Turnier in Brügg weitergeht. Lohnt sich der Aufwand für eine Austragung 2023?

Titelverteidiger in Brügg: Lars Posch gewann 2020 die bis heute letzte Seeland-Cup-Austragung./Copyright: Carole Lauener/Bieler Tagblatt

Francisco Rodríguez

Jahr für Jahr bot der Seeland-Cup in Brügg hochklassigen Tischtennis-Sport. Als am 18. Januar 2020 der junge Schweizer Kaderspieler Lars Posch seinen Matchball im Final gegen den deutschen Profi und Vorjahressieger Roman Rosenberg verwertete, ahnte noch niemand, was Corona anrichten würde. Nach 2021 wird nun auch 2022 nichts aus dem traditionellen Anlass, der ursprünglich nächste Woche hätte stattfinden sollen. Der Weitsicht der Organisatoren rund um den TTC Brügg ist es schliesslich zu verdanken, dass nicht noch eine kurzfristige Feuerwehrübung nötig wurde. Omikron hätte ihnen zweifelsohne schlaflose Nächte beschert und wäre bereits vor dem ersten Ballwechsel der grosse Spielverderber gewesen.

Turnierdirektor Patrick Wingeier und sein Team zogen bereits im vergangenen Herbst die Reissleine, nachdem der Bundesrat die Zertifikatspflicht eingeführt hatte und schon fast absehbar war, dass Veranstalter im zweiten Winter in Folge einen harten Stand haben würden. Man habe sich früh grundsätzliche Gedanken gemacht und wollte kein unnötiges Risiko eingehen. Laut Wingeier sei der September in der Turnierplanung jeweils ein wegweisender Monat, denn dann beginne die mit viel Aufwand verbundene Suche nach Sponsoren.

Mehr Aufwand für im Endeffekt weniger Ertrag

In Coronazeiten müssen viele von den Auswirkungen der Pandemie betroffene Unternehmen haushälterischer mit ihren finanziellen Mitteln umgehen. Ein wichtiger Budgetposten in Brügg sind nebst den Sponsorenzuwendungen auch die Anmeldegebühren. Hier konnte die Turnierleitung nicht abschätzen, wieviele Spielerinnen und Spieler sich für den sowieso seit längerem von Teilnehmerschwund betroffenen Seeland-Cup einschreiben würden. Schliesslich wäre auch noch ein Teil der üblichen Subventionen des Sporfonds weggefallen, weil der Kanton Bern seine Kriterien neu definiert und den Tischtennisanlass voraussichtlich tiefer eingestuft hätte.

«Die zentrale Frage war, bringen wir die rund 120 Spieler hin, um unser Turnier überhaupt tragbar zu machen», sagt Wingeier. Mit dem anderen vielleicht noch grösseren Fragezeichen, ob die Bewilligung erteilt beziehungsweise nachträglich entzogen worden wäre, braucht sich das OK-Team erst gar nicht mehr zu befassen. Fakt ist, dass sich im Schweizer Tischtennis die oberste Spielklasse der Frauen und Männer sowie Leistungssportlerinnen und -sportler im Besitz einer Swiss-Olympic-Card nur an 3G-Vorgaben halten müssen, während für den Breitensport 2G mit Maske oder 2Gplus gilt. Jüngere unter 16 Jahren unterstehen wiederum weder einer Masken- noch einer Zertifikatspflicht.

Die Mehrzweckanlage Erlen in Brügg stösst an ihre Grenzen

Was dies alles für ein Turnier genau bedeutet, bei dem eine Durchmischung in der Praxis kaum zu verhindern wäre, ist nicht auszudenken. An den beiden Spieltagen hätten noch zusätzliche Helfer mobilisiert werden müssen, um die Umsetzung der Vorgaben zu kontrollieren. Speziell die relativ engen Räumlichkeiten in der als Zweifachturnhalle konzipierten Mehrzweckanlage Erlen würden die Einhaltung der Schutzmassnahmen bedeutend erschweren. Laut Wingeier wäre ein unkalkulierbares Restrisiko für die Gesundheit aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer geblieben. «Wir wollten mit unserem Turnier am Ende nicht noch zum Superspreader-Event werden», so der OK-Präsident.

Turniereingabe beim Verband muss bis Ende Januar erfolgen

Die Seeland-Cup-Ausgaben 2021 und 2022 sind damit Corona zum Opfer gefallen. Vor Monatsende müssen die Ausrichter beim Tischtennis-Verband die neue Turniereingabe machen. «Ich würde nicht die Hand ins Feuer legen für eine Austragung 2023», sagt Wingeier. «In diesem Moment fehlt uns die Erfahrung aus zwei Turnieren, um den richtigen Entscheid zu treffen», so Wingeier. «Und wir müssen uns grundsätzlich überlegen, wie es weiter gehen soll. Das Entscheidkriterium bleibt, ob für uns auch künftig Aufwand und Ertrag stimmen.» Schliesslich sei der Seeland-Cup für den Tischtennisclub Brügg immer ein wichtiger Vereinsanlass gewesen, um sich finanzieren zu können.

Mit viel Herzblut insgesamt 17 Ausgaben gestemmt

Den Traditionsevent als blosse Einnahmequelle zu sehen, greife allerdings entschieden zu kurz. Mit viel Herzblut stemmten die Vorstandsmitglieder Jahr für Jahr die grosse Arbeit. 17 Ausgaben sind es bislang geworden. «Wir haben immer das Bedauern gespürt, wenn in der Region wieder ein grosses Turnier verschwunden war und wollten unseren Teil dazu beitragen, um in Brügg den Tischtennisspielerinnen und -spielern etwas zu bieten. Unter diesem Gesichtspunkt kann ich mir gut vorstellen, es noch einmal zu versuchen.»

Corona hat wie so oft in Vergangenheit das letzte Wort

Matchentscheidend wird am Ende sein, wie die Organisatoren die Entwicklung der Pandemie einschätzen. Gut möglich, dass Lars Posch nach Corona seinen Einzeltitel verteidigen wird – vielleicht schon 2023.