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Gold in Nagano

«Wir hatten die nötige Lockerheit»

Fredy Jean, der Nationaltrainer, Daniel Müller, der Spieler. Das Seeland war gut vertreten, als die Curling-Männer am 15. Februar 1998 Gold holten. Ein Blick zurück.

Nagano-Gold glänzt noch heute: Heute vor 20 Jahren feierten Dominic Andres, Diego Perren, Daniel Müller, Patrik Lörtscher und Patrick Hürlimann (von links). Bild: Keystone
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«Es waren diese Momente auf dem Podest, als wir die Medaillen erhalten haben», sagt Daniel Müller heute zum grössten Gefühlsausbruch der ganzen Spiele in Japan. Heute vor genau 20 Jahren war dies der Fall. Aus den Händen des damaligen IOC-Präsidenten Juan-Antonio Samaranch wurden die Goldmedaillen umgehängt und danach die Nationalhymne abgespielt. Es war auch für Samaranch speziell, war er doch Ehrenpräsident von Lausanne Olympique, das dieses Schweizer Team in Nagano stellte.

«Ich musste oft gar keine schwierigen Steine mehr spielen, so gut waren meine Vorderleute», lobte Skip Patrick Hürlimann die Teammitglieder nach dem 9:3-Sieg über das favorisierte Kanada. Vergessen war die Tortur im Halbfinal, als Norwegen mit Ach und Krach 8:7 geschlagen wurde.

 

Popularitätsschub
«Das wird dem Curlingsport in der Schweiz einen Popularitätsschub verleihen», hielt derweil der Erlacher Fredy Jean fest. «Dass ich dies nach unserem WM-Titel mit Biel Touring 1992 noch einmal erleben darf, ist ein Wahnsinn.» In der Tat hielt auch im Curlingsport die Professionalisierung Einzug. Sogar der Ersatzspieler Dominic Andres, der mit Biel Touring an den internen Olympia-Ausscheidungen an den Waadtländern gescheitert war, bevor der Solothurner mit der Mannschaft als Ersatz nach Japan reisen konnte, erhielt eine Medaille. «Ich wurde für ein End eingewechselt. Das hat gereicht», erinnert sich Andres, der 1993 an der EM und 1994 an der WM mit Biel (Skip Markus Eggler) Bronze gewonnen hat. «Wir haben in Japan schlicht die Gunst der Stunde genutzt. Als Aussenseiter ja, aber auch, weil Kanada mit Ausnahme des Skips nicht so erfahren war», so Andres.

 

Weg vom grossen Rummel
Nach dem es Perret/Rios nicht geschafft haben, wie Lausanne 1998 Gold zu holen, stellt sich die Frage: Bleibt es auch nach dem Männer- und Frauenwettbewerb so? Andres ist skeptisch, wenn er auf die unerfahrenen Schweizerinnen blickt, etwas zuversichtlicher, wenn er die Genfer auch aufgrund der bisherigen Resultate an Grossanlässen betrachtet. Daniel Müller sah einen nicht unwesentlichen Grund für diesen Exploit auch in der Entfernung zur Olympiastadt. «Curling fand relativ weit draussen statt. Wir machten zuvor noch eine Reise, sahen einige Tempel und waren ein paar Tage im olympischen Dorf. In dieser Zeit haben wir uns den Olympiaspirit geholt.»

In der Curlingunterkunft sei man weg vom Medienrummel und den Zuschauerströmen gewesen. «Wir konnten uns voll und ganz auf den Sport konzentrieren.» Dabei bleibt Müller, der sich mit seinen Goldkumpels noch mindestens einmal im Jahr zu einem Curlingturnier trifft, auch der gute Zusammenhalt in Erinnerung. «Vielleicht entwickelte sich auch das zu unserem Vorteil.» Die Verbissenheit ist Martin Rios im Goldkampf womöglich zum Verhängnis geworden. Nicht so dem Team in Nagano: «Ich bin mir sicher, dass wir dank der nötigen Lockerheit und der Harmonie in der Mannschaft gewonnen haben.» Und ja, «es ist eine Medaille für die Ewigkeit.» In der Tat: Die Ex-Weltmeister gibt es, nicht so Ex-Olympiasieger.

Nach Nagano traten Patrik Lörtscher und Daniel Müller vom Spitzensport zurück. Der Seeländer taucht aber immer wieder an Turnieren auf. Einmal Curling, immer Curling. Beat Moning

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Festivitäten über das ganze Land verteilt

Fertig Ruhe nach den Olympischen 
Spielen: Das Goldteam von Nagano wurde in Kloten wie Popstars gefeiert.

So dann ging es weiter zu den einzelnen Heimatorten der Akteure: Cham, Zermatt, Lausanne, Biel, schliesslich für Daniel Müller noch eine Ehrung im Wohnort Mörigen. «Ich bin mir sicher, da wurde Jenny Perret zum Curlingsport inspiriert», sagt Müller heute. Die Bieler Altstadt platzte im Februar 1998 aus allen

Nähten. Hans Stöckli präsentierte sich in

rethorischer Hochform, Nicolas Hayek brachte Uhren mit, Fitnesscoach Jean-Pierre Egger freute sich mit der 
Bevölkerung mit. Gold, das auch heute noch glänzt. bmb