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EHC Biel

Auf Wellen gesurft – die letzte war zu hoch

4:2 gegen Davos im Viertelfinal, 2:4 gegen Lugano im Halbfinal. Nach zwölf Playoffspielen war für Biel am Samstag Schluss. Die Enttäuschung war in diesem Moment gross. Stolz dürfe man trotzdem sein, so der Tenor.

Der EHC Biel verabschiedet sich in Lugano von seinen Fans, Bild: Keystone

Beat Moning

Ein siebtes Viertelfinalspiel wie in Zürich (2015) oder Freiburg (2013) zu verlieren, ist hart. Noch härter ist es, im Halbfinal dieses siebte Spiel zu verlieren. «Wir haben den Final vor uns gesehen und Lugano lange im Griff gehabt. Erst jetzt wird uns bewusst, wie nahe wir da eigentlich dran waren. Darum ist es doppelt hart, jetzt die Saison beenden zu müssen», hielt Captain Mathieu Tschantré fest. Er konnte es lange nicht fassen, rang nach Worten und musste mehrmals ansetzen, um die richtigen zu finden.

Es gab noch ein persönliches Statement, auch wenn Tschantré zu jenen gehört, die das Kollektiv herausstreichen: «Ich habe ein gewisses Eishockeyalter erreicht. Wer weiss, ob ich noch je wieder die Chance erhalten werde, in einen Final zu kommen.»

 

Nicht alles kontrollierbar

«Wir surften über Wochen auf hohen Wellen», blickte Assistent Anders Olsson zurück. Er hat den schwarzen Oktober erlebt mit acht Niederlagen aus neun Partien, als kein Spieler mehr das eine Bein vor das andere gebracht hat, und nun den Aufschwung bis hin zu diesen Playoffs. «Am Ende war die letzte Welle einfach zu hoch.» Oder anders ausgedrückt: «Lugano war dann einfach besser», so Sportchef Martin Steinegger. «Mit jedem Spiel mehr verloren wir etwas mehr Energie.» Olsson wollte aber nicht unbeachtet lassen, «dass wir im ganzen Verein auf hervorragende Resultate zurückblicken können. Jetzt gilt es, sich zu stabilisieren und weiterhin Demut zu zeigen.»

Es ist das «dann» von Steinegger, das im Rückblick bitter klingt. Biel führte mit 2:0-Siegen und führte im dritten Match 3:0, als sich alle Hockeygötter gegen Biel verschworen haben: Lugano schoss einen Shorthander und drei Powerplaytreffer zur 4:3-Führung. «Man kann vieles vorbereiten, vieles beeinflussen. Aber im Hockey gibt es eben auch Momente, die man nicht erklären kann, Momente, die nicht kontrollierbar sind, die ein Spiel einfach wenden, obwohl zuvor gar nichts darauf gedeutet hätte», so Steinegger. Nicht zu vergessen, «dass wir viele Spieler haben, die erstmals einen Halbfinal gespielt haben. Da ist die mentale Belastung ungleich grösser als alles Bisherige.»

Die Luganesi hatten im Wesentlichen zwei Erklärungen dafür, dass diese Serie zu ihren Gunsten entschieden worden ist. «Lajunen kam in diesem dritten Match zurück. Er war schon in der Qualifikation äusserst wichtig und mit seiner Rückkehr wurde die erste Linie mit Lapierre wieder als Flügel und Hofmann wieder so gefährlich wie zuvor», hielt der Ex-Bieler Thomas Wellinger fest. Es habe etwas Zeit gebraucht, um gegen Biel die richtige Taktik zu finden. «Mit unserem hartnäckigen Forechecking bekamen die Bieler keine Räume mehr, ihre Angriffe zu lancieren. Das war für mich entscheidend, dass wir uns dann auch offensiv besser in Szene setzen konnten.»

 

Hillers spezielle Sichtweise

Erklärungen also da und dort. Jonas Hiller äusserte noch eine ganz spezielle Sichtweise: «Es war ja unglaublich, wie lange und wie gut wir ab Neujahr gespielt haben. Vielleicht hätten wir da mal zwischendurch untendurch gehen müssen oder jetzt Spiel zwei in Lugano verlieren sollen, dann wäre uns das im dritten Match nicht passiert. Da haben wir den Kopf völlig verloren.» Man habe aber gesehen, dass die Mannschaft Charakter habe, Zusammenhalt leben kann. «Ich freue mich schon jetzt wieder auf die neue Saison.»

Antti Törmänen war der Meinung, «dass es vor allem an der fehlenden Playofferfahrung auf diesem Niveau gefehlt hat. Das wirkt sich gerade in den Spezialgames aus.» Auch wenn er sich den Fehlstart zu diesem Spiel nicht erklären konnte (0:1 nach 28 Sekunden, 0:2 nach 42 Sekunden, dazu kam der Doppelschlag am Ende des zweiten Drittels zum 4:1 und 5:1), verteufeln dürfe man nun diese Serie nicht. «Wir alle wissen, woran es gelegen hat. Daran gilt es zu arbeiten, mental wie physisch.» Bei den kommenden Einzelgesprächen kann der Finne schon mal im Detail auf die Spieler eingehen.

In Biel wird also nach dem 62. und letzten Saisonspiel (nicht zu vergessen, dass das Team im Cup ebenso erstmals ins Halbfinale vorstossen konnte) analysiert und die Lehren gezogen. Das hat man in der Vergangenheit teilweise auch schon erfolgreich praktiziert. «Nur dank dieses Lernprozesses aus der Saison 2016/17 hat man sich nun in dieser oberen Tabellenhälfte festsetzen können», so Jonas Hiller. Mit der Ergänzung: «Das war alles nur möglich, weil alle hart für diese Ziele gearbeitet haben. Auf diesem Weg gilt es, weiterzufahren, um an weitere Erfolge anknüpfen zu können.»

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«Wir schliessen positiv ab»

Präsident Patrick Stalder und Vizepräsidentin Stéphanie Mérillat («heute bin ich enttäuscht, ab morgen bin ich stolz») sprachen gleich nach Spielschluss zur Mannschaft, trösteten die Spieler, gratulierten zu einer erfolgreichen Saison, zur besten seit 1990. «Klar, es ist frustrierend, so nahe am Final zu sein. Aber es ist auch echt toll, was wir geleistet haben, besonders auch im Nachwuchs», hielt Patrick Stalder, Präsident erst seit letzten August, fest. «Die ganze Organisation durfte viel Lob einstecken. Um den Klub herum herrschte viel Euphorie und die Mannschaften bis zu den Kleinsten haben viel Charakter gezeigt.

Man könne natürlich diesem dritten Spiel gegen Lugano noch lange nachtrauern und ich verstehe, dass die Spieler deprimiert und leer sind. Aber am Ende des Tages müssen wir das Positive sehen und das Gute mit in die nächste Spielzeit nehmen.» Er jedenfalls sei glücklich. «Es sind Momente, wo einem bewusst wird, wieso man sich für einen Klub so einsetzt.» Mit der Halbfinalteilnahme fliesst auch mehr Geld als budgetiert in die Kasse. »Wir werden sicher positiv abschliessen», so Stalder. Das Geld soll in die Mannschaft fliessen. Den Sportchef freut es und schränkt ein: «Das ist schön, aber es muss auch richtig eingesetzt werden.» bmb

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