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Eishockey

Das Unerklärliche erklären

Heute Abend duelliert sich der EHC Biel in der ausverkauften Tissot Arena mit dem SC Bern. Zuvor analysierten die Bieler die fahrlässige Niederlage gegen die Lakers – ein schwieriges Unterfangen.

Hängede Köpfe, leere Blicke: Die Spieler des EHC Biel ziehen nach der ärgerlichen 3:5-Niederlage gegen Rapperswil-Jona von dannen. copyright: Keystone

Moritz Bill

Und plötzlich kamen sie aus ihren Löchern gekrochen. War während den ersten, mehrheitlich erfolgreichen 14 Meisterschafsspielen die Kommentarfunktion auf der Website des «Bieler Tagblatt» gar nicht oder nur vereinzelt benutzt worden, erlebte diese nach dem Dienstagspiel in Rapperswil-Jona ein Revival. Der entsprechende Thread des Fan-Forums wurde ebenfalls rege bewirtschaftet.
Man kann die Wortwahl, mit der die Kommentatoren ihren Frust kundtun, zwar nicht immer nachvollziehen, doch den Grundton schon. Wie es der EHC Biel schaffte, den scheinbar sicheren Sieg mit drei Gegentoren innert 291 Sekunden noch zu versieben, verdient für einmal das oft benutzte, doch selten zutreffende Adjektiv unglaublich. Zwei Vergleiche verdeutlichen das: Die Bieler machten zwei Tage zuvor im Cup gegen Ambri-Piotta ihrerseits auf ähnliche Art und Weise kurz vor Schluss einen Zwei-Tore-Rückstand wett. Und auch die Lakers hatten vor zwei Wochen in der Meisterschaftspartie gegen den SC Bern schon einmal eine Drei-Tore-Hypothek in einen Sieg verwandeln können. Aber beide Male fiel die Entscheidung in der Verlängerung. Der EHCB ging am Dienstag hingegen noch nach 60 Minuten in die Knie – unglaublich.

Das gefährliche Nachlassen
Natürlich ist ein gewisses Nachlassen mit einem Vorsprung im Rücken menschlich. Doch wie sich die Seeländer am rechten Zürichseeufer gegen Spielende vorführen liessen, ist von aussen betrachtet trotzdem unerklärlich. Zumal man sich den Stärken der nie kapitulierenden Lakers bewusst war. Auch die Innenansicht liefert keine schlüssige Begründung. Es tönt aus der Bieler Garderobe so, wie es eben so tönt, wenn man Unerklärliches zu erklären versucht. Mehrere Mängel hätten in ihrer Summe in die Niederlage geführt.
Kevin Fey sucht auf der mentalen Ebene. «Ich will niemandem fehlende Konzentration vorwerfen. Aber irgendwie fehlte im letzten Drittel dennoch etwas. Das kann manchmal schon zu viel sein.» Zudem sei die gewählte Taktik falsch gewesen. «Wir wollten verwalten, anstatt weiter zuzulegen.» Dieses nicht mehr vollständige Durchdrücken des Gaspedals könnte dem happigen Programm geschuldet sein: Die Bieler stehen in zwölf Tagen sechs Mal im Einsatz. Als Entschuldigung will Fey dies zwar nicht verstanden haben, aber im Unterbewusstsein könnte sich ein solches Sparmodus-Verhalten schon einschleichen. Auch der zweite Assistenzcaptain, Jan Neuenschwander, spricht von der Gefährlichkeit eines frühen, deutlichen Vorsprungs. «Da lässt du automatisch etwas nach, das bemerkst du selbst aber gar nicht.»
Dieses Verhalten schlich sich bereits im Verlauf des zweiten Drittels ein, jedoch noch ohne gravierende Konsequenzen. Neuenschwander nennt als Beispiel die vielen Puckverluste, die natürlich auch an der Bande für Stirnrunzeln sorgten. Headcoach Antti Törmänen bemängelt zudem unnötige Strafen, mit denen der Gegner aufgebaut worden sei. «Und ich spürte bei den Lakers einen grossen Siegeswillen, vor allem von den Spielern, die früher für uns gespielt haben.»
Törmänes Timeout-Call nach Spielmitte diente einerseits der Erholung der Spieler, die nach einem langen Einsatz wegen eines Icings auf dem Eis verbleiben mussten. Andererseits habe er da schon Ungemach erahnt, sagt der Biel-Trainer: «Wir baten sozusagen um die Gegentore. Wir trugen zu wenig Sorge zur Scheibe, nahmen viele Strafen und spielten einfach träge.»

Die lehrreiche Frustration
Die Aufarbeitung fand direkt nach Spielschluss statt. «Wir waren frustriert und hässig. Das soll so sein, jeder muss sich Gedanken machen. Aber gleichzeitig darf man nicht allzu negativ sein. Wichtig ist, dass wir daraus lernen», sagt Fey. Den Lernprozess stellt auch Törmänen ins Zentrum. In jedem Einsatz müsse man «mental scharfsinnig» handeln. «Darum geht es im Eishockey.»  
Da kommt der heutige Gegner gerade recht. Zwar ist der SC Bern derzeit nicht in meisterlicher Form, doch als angenehmer Sparring-Partner entpuppte sich der Kantonsrivale in einem Derby noch selten. Törmänen sagt: «Auch nur während eines Einsatzes gegen Bern zu schlafen, ist keine gute Idee.» Kopfzerbrechen bereiten dem Finnen die vielen Fragezeichen in der Aufstellung (siehe Infobox). Diesbezüglich fügt Neuenschwander an, dass die wiederkehrenden Umstellungen der Sturmformationen etwas mühsam seien. «Wegen der vielen Matches trainieren wir nicht so oft, das macht es zusätzlich schwierig, sich mit den neuen Linienpartnern einzuspielen.»
Ob eingespielt oder nicht:Damit die Kommentarspalten heute Abend spät nicht wieder mit negativen Inhalten geflutet werden, braucht es vor allem eines:einen konzentrierten Auftritt während mindestens 60 Minuten.

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Künzle gesperrt, Cunti und Kohler fraglich
Der EHC Biel tritt heute im erstmals in dieser Saison ausverkauften Heimstadion gegen den SC Bern an. In welcher Formation er das tun wir, war nach dem gestrigen Vormittags-Training offen. Ein Fragezeichen verschwand schon am frühen Nachmittag: Künzle ist für seinen Check mit dem Knie gegen Robert Sabolic für insgesamt drei Spiele gesperrt und mit 5200 Franken gebüsst worden, womit er nach dem Match gegen die Lakers auch heute und am Montag in Langnau fehlen wird. Cunti und Kohler sind fraglich, sie fehlten gestern weiterhin krank. Mit welchem Ausländer-Quartett die Bieler antreten werden, wollte Coach Törmänen nicht verraten. Auch nicht, ob die am Mittwoch mit dem HC La Chaux-de-Fonds im Einsatz gestandenen Tanner und Karaffa (drei Assists) allenfalls zurückkehren werden. Hiller wird wie erwartet das Bieler Tor hüten.
Gustafsson fällt weiterhin aus, womit Neuenschwander erneut auf seine angestammte Centerposition rückt. Der Vertrag des 26-Jährigen läuft Ende Saison aus. Gespräche fanden statt, sowohl mit Biel wie auch mit anderen Klubs. «Priorität hat Biel, ich hoffe, dass wir uns finden», sagt Neuenschwander.
Mit dem Auswärtsspiel gegen die SCL Tigers steht am Montag bereits das nächste Berner Derby an. Der ungewohnte Spieltag ist der nicht verfügbaren Ilfishalle geschuldet, in der am Wochenende ein Oktoberfest stattfindet.   bil

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Kooperation mit Stiftung Dammweg
Die Stiftung Dammweg in Biel und der EHC Biel sind für diese und nächste Saison eine Kooperationsvereinbarung eingegangen. Der EHCB macht sich seit vielen Jahren im Bereich Charity stark und hat sich nun für die Stiftung Dammweg als Partner entschieden. Ausschlaggebend für die Wahl ist laut Thomas Burkhardt, Marketing Direktor des EHC Biel, «dass die Stiftung Dammweg innovativ ist, sich stark dafür einsetzt, dass sich die Menschen mit Behinderung im Dammweg an vielen Aktivitäten und Events beteiligen können. Sie haben ausserdem einige sportbegeisterte Bewohner, die wir seit Jahren als Stammbesucher schätzen.»   mt

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