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Eishockey

Der wilde Mix des DJ Laser

Der EHC Biel tritt heute in Zürich so auf wie noch nie. Cheftrainer Lars Leuenberger hat an allen Sturmlinien Veränderungen vorgenommen. Sogar ein bisher unzertrennliches Duo ist nicht mehr vereint.

Lars Leuenberger wirbelt die Linien mächtig durch. Bild: Keystone

Moritz Bill

Es liegt nicht bloss an den beschlagenen Brillengläsern. Auch ein gewiefter EHC-Biel-Reporter muss gestern im Training ganz genau hinschauen, um die Zusammensetzung der Sturmlinien zu erfassen. Etwas boshaft könnte man meinen, Lars Leuenberger hat sie wortwörtlich zusammengewürfelt. Der Chefcoach muss darob schmunzeln, widerspricht aber deutlich. Dahinter stünden durchaus durchdachte Überlegungen, die er aber nicht so gerne mit der Allgemeinheit teilen möchte. Oberflächlich klingt das dann so: «Wir wollen der Mannschaft damit einen neuen Input geben.» Da Konstantin Komarek, der Lenker der in letzter Zeit besten Linie, angeschlagen ausfällt, habe sich ein Wechsel über alle vier Linien hinweg zusätzlich angeboten.

Guten Grund für den wilden Mix hat DJ Laser allemal. Die Torproduktion seiner Stürmer ist nun seit mehreren Spielen auf einem tiefen Niveau stagniert. Der letzte Sieg – gegen den ZSC, denselben Gegner wie heute – wurde ausschliesslich mit Toren von Verteidigern bewerkstelligt. Danach folgte in zwei Partien nur noch ein einziger Treffer. Leuenberger relativiert aber, dass nicht Nichts zusammengepasst hätte. «Im Fünf-gegen-Fünf spielten wir okay, kreierten Chancen. Aber wir waren halt viel zu wenig produktiv.»

 

Siamesische Zwillinge getrennt

Die augenfälligste Umstellung ist die im nominell ersten Block. Dass Toni Rajala nicht mehr an der Seite von Marc-Antoine Pouliot spielt, kommt einer Trennung von siamesischen Zwillingen gleich. Seit der Saison 2017/18 war dieses Duo unzertrennlich, vorausgesetzt natürlich, dass beide gesund waren. Fast 140-mal spielten sie in derselben Linie. Letztes Jahr hatte es Antti Törmänen bereits gewagt, die beiden zu separieren – nach einem einzigen Match vereinte er sie wieder. Jetzt sagt Leuenberger: «Zurzeit funktioniert das mit Pouly und Toni nicht so gut wie in den letzten Jahren, das ist kein Geheimnis.»

Die Zwillinge zeigen Verständnis für des Chefs Handeln. Für Pouliot – seit sieben Spielen ohne Tor – ist es nichts als logisch, dass wegen der Flaute etwas Neues ausprobiert werden müsse. Und Rajala sagt: «Mich stört das überhaupt nicht. Vielleicht bleibt es bei einem Versuch, vielleicht schiessen wir beide heute gegen Zürich viele Tore und spielen nie mehr zusammen.»

Derzeit schaut es jedenfalls nicht danach aus, als ob der Finne analog zu den letzten Jahren auch Ende dieser Saison der erfolgreichste Bieler Torschütze sein wird. Fünf Tore erzielte Rajala in nunmehr 21 Partien, in den letzten zehn Spielen gelangen ihm gerade noch zwei Treffer. Bei einem eigentlichen Goalgetter muss das Frustration auslösen, nicht? «Natürlich kann dich das im Kopf blockieren. Aber bis jetzt stresst mich das nicht besonders. Ich denke positiv und irgendwann wird es wieder funktionieren.»

 

Keiner schiesst so oft wie Rajala

Auch wenn Rajala noch die üblichen Phrasen «hart arbeiten», «an mich glauben», «Selbstvertrauen wiederfinden» anfügt, kauft man ihm diese Unbekümmertheit nicht zweifellos ab. Auf dem Eis hinterlässt er den Eindruck, als wolle er zu viel machen, anstatt sich auf seinen Instinkt zu verlassen. Die Statistik zeigt, dass der Finne schon 85 Schüsse aufs Tor abgefeuert hat – Liga-Topwert –, sprich, er schiesst aus allen Lagen. Mit dieser Zahl konfrontiert, kann sie Rajala kaum fassen. Er selbst hatte den Eindruck, dass er deutlich weniger Schüsse abgegeben habe. «Tja, ich muss sicher auch vor dem Tor präsenter sein und versuchen, Abpraller zu verwerten.» Nur, die passende Postur hierfür hat Rajala nicht wirklich.

Mike Künzle hingegen schon. Er ist seit sieben Matches torlos, in den letzten 16 Spielen gelang ihm ein einziger Treffer. Vergangene Saison hatte er 15 Tore geschafft. Woran die jetzige Baisse liegt, kann sich Künzle nicht erklären. «Klar ist das frustrierend. Aber ich will gar nicht zu stark darüber nachdenken, sonst fällt man in eine Negativspirale.» Er konzentriert sich auf andere Dinge. Offensiv einen guten Job zu machen, bedeute nicht nur, Tore zu schiessen. «Gutes Forechecking oder dem Torhüter die Sicht nehmen, helfen dem Team auch.»

Dass er zuletzt mehrmals von einer Linie in eine andere verschoben wurde, will Künzle nicht als Ausrede gelten lassen. «Auch mit anderen Mitspielern bleibt es ja immer noch Eishockey», sagt er nüchtern. Als Künzle kurzzeitig mit Rajala und Pouliot in einer Linie sozusagen eine Leidensgemeinschaft bildete, zeigte das jedenfalls kaum Wirkung.

 

Fehlt bloss der Torsong?

Das Durchbrechen der Blockade muss wahrscheinlich anders, mit unkonventionellen Mitteln in die Wege geleitet werden. Als Rajala gefragt wird, ob es eventuell an den Geisterspielen liegen könnte, weshalb er nicht in Fahrt kommt, will er zwar auch das nicht als Erklärung verstanden haben. Doch kommt man so auf den Rajala-Fansong zu sprechen, der im leeren Stadion nun nicht mehr erklingt. «Hm, Sie haben vielleicht recht. Ich sollte das Lied mal im Auto hören, wenn ich ans Spiel fahre.»

Oder noch besser: DJ Laser müsste es in der Garderobe abspielen. «Rajala-la-la-la-la-la-la-la-la-la, Rajala-la-la ...»

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