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Eishockey

Man nennt Sorgenkinder beim Namen, aber …

Gegen den HC Fribourg-Gottéron war selbst für einen Eishockey-Laien unübersehbar, was den EHC Biel in die 1:3-Niederlage trieb: die Strafen und das ungenügende Boxplay. Die Ursachenforschung ist hingegen weniger eindeutig.

Der Puck geht nicht rein, Gaëtan Haas dafür zu Boden: Nach einem Sieg am Vortag ist der EHC Biel am Samstag gegen Freiburg wieder in die Verliererstrasse eingespurt. copyright: Keystone
Moritz Bill
 
Egal wen man im Bieler Lager nach dem Grund für die 1:3-Niederlage gegen Fribourg-Gottéron fragte, alle gaben sie dieselbe Antwort: die Strafen. Das Sorgenkind wird also beim Namen genannt, aber zügeln konnte es bis jetzt niemand. Denn es ist nicht erst kürzlich in die Familie des EHC Biel adoptiert worden – es trotzt schon die ganze Saison jeglicher Disziplin. Diese Zeitung hatte Biels Strafenkönigen bereits vor zwei Wochen an dieser Stelle einen Artikel gewidmet. Seither haben die Seeländer zwar in der Strafenstatistik die Leaderposition abgegeben, sind aber immer noch weit vorne vertreten. 
 
Kommt hinzu, dass dieses Sorgenkind ein kleines Geschwister hat, das ausgerechnet immer gerade dann zu nerven beginnt, wenn das grosse mal wieder über die Stränge geschlagen hat: das Unterzahlspiel. Dieses hatte bis Saisonmitte zwar nicht gerade als Musterschüler geglänzt, aber war es im Vergleich mit anderen im Durchschnitt gelegen. Ja, es gab sogar eine Phase, da liess es während neun Spielen nur gerade ein Gegentor zu. Mittlerweile kann man in der Analyse jedoch noch so viel pädagogischen Goodwill herbeiziehen – das Boxplay ist ebenfalls zum Sorgenkind verkommen. Gegen Freiburg kassierte der EHCB zwei Tore in Unterzahl, das dritte fiel kurz nach Ablauf einer Strafe. Nur Aufsteiger Ajoie ist mit einem Mann weniger auf dem Eis statistisch noch schlechter als Biel. 
 
Dieses Problem wäre eigentlich simpel aus der Welt zu schaffen: Mit weniger Strafen käme das Boxplay seltener zum Einsatz. In der Ursachenforschung scheinen die Bieler aber nicht wirklich weiter zu sein als vor zwei Wochen, jedenfalls klingt die Kommunikation gegen aussen immer noch ziemlich gleich. Mike Künzle, der bisher am meisten kleine Strafen aller Bieler und am zweitmeisten der ganzen Liga abgesessen hat, sagt: «Natürlich haben wir schon darüber gesprochen. Aber wenn wir genau wüssten, woran es liegt, hätten wir weniger Strafen. Vielleicht ist es eine Frage der Einstellung.» Mehr Schlittschuhlaufen könnte helfen, um in Zweikämpfen nicht zu spät zu sein, rätselt Künzle, und müsse man zudem mit dem eigenen Stock bedachter umgehen. 
 
Von Emotionen getrieben
Assistenztrainer Oliver David sieht auf der Gefühlsebene eine weitere Ursache: «In gewissen Momenten gehen die Emotionen zu hoch. Im Boxen darfst du auch nicht sauer reagieren, wenn du einen Schlag ins Gesicht abbekommst, sondern musst du dich an deinen Plan halten, sonst gehst du k.o. Daran müssen wir arbeiten.» In der Tat. Denn gerade am Samstag war selbst für einen Eishockey-Laien unübersehbar, wie die Bieler aufgrund der Strafen aus dem Rhythmus fielen. Sie waren äusserst entschlossen und vielversprechend in diese Partie gestartet, zeigten deutlich mehr Präzision als in den Auftritten zuvor. Doch effizient waren sie eben nur in Sachen Fouls.  
 
Wegen individueller Fehler bestraft
Nun zu urteilen, das Boxplay sei eine reine Katastrophe, wäre allzu polemisch. Weil oft hinterlässt das «Penalty-Killing» eigentlich einen soliden Eindruck. Nur nützt das wenig, wenn trotzdem ein Tor fällt. Künzle ist einer der meist eingesetzten Stürmer in Unterzahl und sagt dazu: «Ich finde, das System an sich ist nicht schlecht. Zu 90 Prozent erledigen wir unsere Arbeit gut, aber dann führt oft nur ein individueller Fehler zum Gegentor.» Ein Anschauungsbeispiel hierfür lieferte Künzles fünfminütige Strafe: Über drei Minuten konnte sich Gottéron nicht festsetzen, doch kaum war das Powerplay installiert, überraschte Killian Mottet Joren van Pottelberghe mit einem Schuss zwischen die Beine. Oder hatten es die Bieler vor dem ersten Gegentor trotz Gelegenheiten mehrmals nicht geschafft, die Scheibe aus der Gefahrenzone zu spedieren. 
 
Wie soll das bessern? Oliver David, fürs Boxplay zuständig, sagt: «Wir haben Meetings, sprechen viel darüber, machen Videostudium. Aber letztlich müssen wir es schlicht im Match aufs Eis bringen. Vielleicht hatten wir Anfang Saison auch manchmal Glück. Im Eishockey sind viele kleine Dinge nicht kontrollierbar. Dass uns die vielen Verletzten immer wieder zu Umstellungen zwingen, macht es nicht einfacher.» Der US-Amerikaner beobachtet in gewissen Situationen auch Ermüdung, weil manche Spieler stark forciert oder unerfahrene eingesetzt werden müssen. 
 
Weiterhin von Verletzungen geprägt
Mit Robin Grossmann schied kurz nach Spielbeginn ein Unterzahlspezialist mit Verdacht auf eine Gehirnerschütterung verletzt aus. Michael Hügli, ebenfalls normalerweise im Boxplay im Einsatz, fehlte mit einer Fussverletzung – seine Ausfallzeit ist nicht prognostizierbar, wird von Tag zu Tag neu beurteilt. 
 
Die Nationalmannschaftspause kommt dem EHC Biel jedenfalls nicht ungelegen. Eine Gelegenheit zur Regeneration und dazu, an den Baustellen zu arbeiten. Neben den zuvor erwähnten Sorgenkindern hat sich nämlich auch noch ein drittes Kind in Position gebracht, für Kopfzerbrechen zu sorgen: das Powerplay. In diesem zeigt der Trend ebenfalls seit Wochen nach unten. Langfristig wird die EHCB-Familie kaum drei Sorgenkinder ertragen geschweige denn verkraften können. 
 
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Lilian Garessus: Ein Assist und WM-Träume

Lilian Garessus hat ein aufregendes Wochenende hinter und spannende Wochen vor sich. Der erst 18-jährige Stürmer des EHC Biel hatte am Freitag in Langnau seinen zweiten Assistpunkt in der höchsten Liga gebucht. Nach Michael Hüglis Ausfall erhielt der als 13. Stürmer nominierte Garessus mehr Eiszeit und nutzte dies gleich zwecks Eigenwerbung. Am Samstag stellte ihn Trainer Antti Törmänen fix in der dritten Linie auf. Zu deutlich mehr Eiszeit kam Garessus jedoch nicht, da Biel gegen Ende mit drei Linien sein Glück suchte. Trotzdem zeigte sich der beim HC Ajoie ausgebildete Jurassier zufrieden über den Assist und den kleinen internen Aufstieg. «Aber es spielt eigentlich keine grosse Rolle, wo ich eingesetzt werde. Ich versuche, dem Team überall zu helfen.» Ohnehin habe er Glück, dass er wegen der vielen Verletzten oft mit dem Fanionteam spielen kann. «Damit habe ich vor der Saison nicht gerechnet», sagt Garessus, der auch noch für Biels U20-Team spielt. Heute rückt er ins U20-Nationalteam ein, sein Ziel ist die Teilnahme an der WM in Kanada. «Das wäre eine spezielle Sache, ich habe das Turnier früher oft im TV verfolgt.» bil

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