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Eishockey

«Mir hei ä Goalie, mir hei ä Goalie, mir hei ä super, super Goalie»

Jonas Hiller überragte bei Biels 3:2-Penaltysieg gegen Zug alle. Er kaschierte die Fehler seiner Vorderleute, die dem Gegner etliche Torchancen gewährten – auch, weil sie viel zu viele Strafen nahmen.

Zugs Grégory Hofmann, einer der torgefährlichsten Spieler der National League, scheitert auch mittels Penalty am starken Bieler Torhüter Jonas Hiller. Keystone

Moritz Bill

«Mir hei ä Goalie, mir hei ä Goalie, mir hei ä super, super Goalie» – eigentlich hätten die Fans des EHC Biel diesen Klassiker der Fangesänge am Freitag und Samstag pausenlos anstimmen sollen. Natürlich ist Eishockey ein Teamsport, natürlich müssen die Feldspieler für einen Sieg mindestens ein Tor schiessen. Aber, – so viel konjunktive Analyse sei erlaubt – ohne Jonas Hiller hätten die Bieler gegen Lausanne und Zug kaum fünf Punkte gewonnen. Was der Mann, der treffend die Nummer 1 auf dem Rücken trägt, derzeit an seinem Arbeitsplatz abliefert, ist schlicht phänomenal.
Nach dem samstäglichen Startdrittel, in dem allein Zugs Erik Thorell in der Theorie drei Mal hätte treffen müssen, sagte Biels verletzter Stürmer Damien Brunner, als Gastexperte im «MySports»-Studio sitzend, alles, was es bis dato zu sagen gab: «Wir haben einen guten Goalie.» Der Gelobte drückte sich hinterher, nach dem Auftritt des Teams gefragt, diplomatisch aus, indem er sagte: «Es läuft noch nicht alles perfekt. Und wir haben sicher schon präziser gespielt. Aber wir erhielten dieses Wochenende wenig Tore, das macht das Gewinnen einfacher.»
Die Bieler taten in Zug jedoch Einiges, um das mit dem Gewinnen zu verhindern. Wie bei den acht Niederlagen an selber Stätte zuvor selbstverständlich nicht willentlich. Doch sie leisteten sich gegen das bis vor diesem Match statistisch beste Powerplay-Team der Liga viel zu viele Strafen, liessen durch Unachtsamkeit immer wieder Gefahr vor dem eigenen Tor aufkommen. Aber: Sie machten handkehrum die Sachen richtig, die in der Endabrechnung zentral waren. Vorne nutzten Damien Riat und Toni Rajala die Fehltritte des Gegners mit zwei Ausgleichstoren schnörkellos aus. Und hinten wehrten sie sich dank viel Einsatz geschickt und waren eben durch ihren Mann für alle Fälle versichert.

Das Wissen um die Winkel
Und wenn dann Hiller mal nichts mehr auszurichten wusste, stand den Zugern mehrere Male ihre Ungenauigkeit beziehungsweise die Torumrandung im Weg. Dazu sagte der Biel-Torhüter: «Manchmal ist das Glück, ja. Aber gleichzeitig kenne ich dank meiner Erfahrung die Winkel gut und kann mehr oder weniger abschätzen, ob ein Schuss vom Pfosten oder der Latte ins Tor oder woandershin abprallt.» Der 37-jährige Routinier weiss, wann er eingreifen muss und wann nicht. Und mit einem Augenzwinkern fügte Hiller an, dass die Abschlüsse an die Torumrandung statistisch nicht als Torschüsse gewertet würden. Sprich, sie ausserhalb seines Verantwortungsbereichs liegen.
Zugs Pech, respektive Biels Glück hielt bis ins Penaltyschiessen stand, das ohnehin im Volksmund als Lotterie betitelt wird. Hofmann traf die Latte, Rathgeb mit der Liste des Glücklichen – und das gleich zwei Mal, da zwischenzeitlich Lindberg als einziger Zuger Hiller hatte bezwingen können. Rathgeb bezeichnete seine beiden erfolgreichen Penaltys treffend als «cool». Auch, weil es ihm als Verteidiger aus dem Spiel heraus selten vergönnt sei, alleine aufs Tor loszuziehen. Rathgeb war schon Biels dritter Penaltyheld der laufenden Saison. Bereits zum fünften Mal mussten die Seeländer eine Extraschicht einlegen, zum dritten Mal dauerte diese bis ins Penaltyschiessen, wo sie jedes Mal reüssierten: in Bern dank Rajala, gegen Langnau dank Peter Schneider – und zwei Mal natürlich auch dank Hiller. Beim Penaltyschiessen gegen die Tigers war Elien Paupe zwischen den Pfosten gestanden. Dass Hiller nun erstmals in dieser Meisterschaft während einer Drei-Matches-Woche immer spielte, lässt seine Leistung am Samstag noch gewichtiger erscheinen. Er trotzte der mentalen Müdigkeit, die eine Doppelrunde für einen Torhüter mit sich bringt.

Kritik an der fehlenden Cleverness
Eine gewisse physische Trägheit konnten dafür Hillers Vorderleute nicht kaschieren. Der EHCB bestritt den zweiten Ernstkampf innert 24 Stunden, während die Zentralschweizer am Freitag frei gehabt hatten. Die acht Strafen dürften sich auch damit erklären lassen, was Hiller bejahte. «Wenn du müder als der Gegner bist, kommst du oft zu spät und brauchst in der Defensivarbeit den Stock anstatt die Beine. Wir müssen aber auch cleverer sein, ein paar Strafen waren unnötig.»
Rathgeb wollte den physischen Nachteil hingegen nicht als Erklärung für die zahlreichen Strafen gelten lassen. «Gegen eine Mannschaft mit einem solch starken Powerplay ist das einfach nicht besonders smart.» Umgehend hob der Verteidiger jedoch das gute Unterzahlspiel hervor. Dasselbe tat Michael Hügli und bedankte sich natürlich auch beim Goalie. «‹Hilly› hat uns mehr als nur ein, zwei Mal gerettet. Aber das ist nötig, um solche Spiele gewinnen zu können.» Wie wahr. Als Hiller eine Woche zuvor gegen Lugano das bisher einzige Mal in dieser Saison einfach nur gut anstatt herausragend gespielt hatte, mündete dies in eine nicht zwingende Niederlage.
Eigentlich müssten auch die Feldspieler in der Garderobe pausenlos «Mir hei ä Goalie, mir hei ä Goalie, mir hei ä super, super Goalie» singen.

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Per Charterflug nach Klagenfurt

Ausruhen liegt nicht drin: Nach einem intensiven Saisonstart mit 16 Partien innert fünfeinhalb Wochen steht die zweite Auswärtsreise in der Champions League an. Die Mannschaft fliegt am Mittwoch im Privatflugzeug nach  Klagenfurt, die Betreuer chauffieren das Material bereits einen Tag zuvor nach Österreich.

In Anbetracht der Strapazen, die die Reise an die beiden Champions-League-Auswärtsspiele in Norwegen und Finnland vor einem Monat mit sich brachten, erscheint der am Mittwoch anstehende Abstecher des EHC Biel ins österreichische Klagenfurt nahezu als gemütlicher Ausflug. Zum einen fällt der Trip angesichts seiner eintägigen Dauer in die Kategorie kurz, zum anderen ist der logistische Aufwand überschaubarer. Im Gegensatz zur Reise in den Norden bleiben das Material und das Gepäck die ganze Zeit über «in den Händen» der Bieler Verantwortlichen. Die Betreuer nehmen die knapp 800 Kilometer nach dem morgigen Vormittagstraining auf der Strasse in Angriff. Die Gefahr, dass ähnliches Ungemach wie letztes Mal eintritt, als auf der Flugreise von Norwegen nach Finnland die Stöcke verloren gingen, besteht dieses Mal also nicht. 
Die Mannschaft hebt am Mittwochmorgen von Belp aus Richtung Osten ab. Da Klagenfurt von der Schweiz aus von den Linienflugzeugen nicht direkt angeflogen wird, reist der EHCB per Charterflug. Aufgrund des intensiven Programms – die Bieler stehen in der Meisterschaft am Freitag und Samstag schon wieder in Freiburg und daheim gegen Genf im Einsatz – wollten die Verantwortlichen das dritte CHL-Auswärtsspiel mit so wenig Reisezeit wie möglich bewältigen. Die Bieler lassen sich die beiden Privatflüge hin und zurück mit rund 40000 Franken deshalb auch etwas kosten. Am Donnerstagmittag, 27 Stunden nach dem Abflug aus der Schweiz, wird die Maschine voraussichtlich wieder in Belp landen.
Eine weitere Auslandreise inmitten des ohnehin dichten Spielplans ist nicht ohne. Doch wer beim Team nach der Müdigkeit aufgrund des strapazierenden Saisonstarts nachfragt – die Bieler bestritten in 39 Tagen 16 Spiele –, erhält keine klagenden Antworten. Natürlich sei das ein happiges Programm, aber sich eine gewisse Erschöpfung einzugstehen, kommt für die Spieler nicht infrage. Wohl deshalb, weil allein der Gedanke daran das Müdigkeitsgefühl auslösen oder verstärken könnte. bil

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