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Drogenpolitik

Stadt Bern will Kiffer entkriminalisieren

Der Berner Gemeinderat will den Konsum von Cannabis liberaler regeln. Erkenntnisse dazu 
soll eine neue Studie liefern. Diese zeigt: Selbstverantwortlicher Konsum von Cannabis ist möglich.

Hansjörg Znoj und Gemeinderätin Franziska Teuscher präsentierten die Ergebnisse der Studie. Bild: Nicole Philipp

Stephanie Jungo

Der Konsum von Cannabis ist illegal. Dagegen regt sich immer wieder Widerstand. Auch in der Stadt Bern. «Die Regelung sollte dem gesellschaftlichen Umgang mit Cannabis gerecht werden», sagte Gemeinderätin Franziska Teuscher (GB) gestern vor den Medien.

Anlass war eine Studie, die der Gemeinderat der Universität Bern in Auftrag gegeben hatte. Dabei geht es darum, wie kiffende Menschen ihren Konsum regeln. Die Ergebnisse zeigen, so Teuscher, was Befürworterinnen und Befürworter einer neuen Drogenpolitik längst sagen: Der Konsum von Cannabis ist zwar weit verbreitet, jedoch in den wenigsten Fällen problematisch.

Von einem problematischen Konsum ist die Rede, wenn Cannabis sich negativ auf Gesundheit oder Sozial- und Arbeitsleben auswirkt. Häufig genannte Beispiele sind etwa Psychosen, Antriebslosigkeit oder kognitive Einschränkungen. Laut Bundesamt für Gesundheit komme das bei 1,1 Prozent der Bevölkerung vor. Höher ist das Risiko bei Jugendlichen.

Die Studie

Für die Studie der Uni Bern wurden in der Stadt Bern 6000 Haushalte angeschrieben, befragt wurden sowohl Konsumierende wie auch Bernerinnen und Berner, die nicht kiffen. Mit einer Rücklaufquote von 12,7 Prozent sei die Befragung zwar nicht repräsentativ, dennoch sei sie ein guter Indikator, so Hansjörg Znoj. Er ist Professor für Psychologie an der Universität Bern und führte die Studie durch.

«Wie regulieren Konsumenten ihren Konsum?» Auf diese Frage suchte Znoj Antworten. «Menschen versuchen in jedem Lebensbereich, Risiken zu kontrollieren. So auch beim Cannabiskonsum», erklärt er. Dazu haben Konsumierende verschiedene Strategien entwickelt, wie sie in der Befragung angaben. Einige würden etwa nur geringe Mengen Cannabis kaufen oder nichts davon zu Hause aufbewahren. Andere würden nur abends oder an den Wochenenden konsumieren oder auf Cannabis verzichten, wenn Prüfungen oder wichtige Meetings bevorstünden.

Je mehr solcher Strategien Konsumenten anwandten, desto weniger würden sie kiffen. Insgesamt kommt die Studie zum Schluss, dass ein selbstverantwortlicher Umgang mit Cannabis möglich sei.

In der Studie mussten Teilnehmende auch Fragen dazu beantworten, wie der Konsum von Cannabis geregelt sein sollte. Einem generellen Verbot stimmten die wenigsten Befragten zu. Auf mehr Zustimmung stiess eine Regulierung des Konsums, verbunden mit Präventionsmassnahmen. Dazu gehören etwa der Verkauf durch geschultes Personal, eine Altersbeschränkung oder ein Werbeverbot.

Das Engagement

Für neue Wege im Umgang
mit Cannabis setzt sich auch
die Stadt Bern ein. Franziska Teuscher betonte, dass es die Städte seien, die neue Lösungen im Umgang mit Drogen vorantreiben würden. Als Beispiel nannte sie das Fixerstübli in Bern.

In Sachen Cannabiskonsum will Bern längst vorwärtsmachen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts will die Stadt den regulierten Verkauf von Cannabis durch Apotheken oder andere Stellen prüfen. Die Stadt Bern erhofft sich davon Erkenntnisse über Konsum- und Kaufverhalten. Jedoch lehnte das Bundesamt für Gesundheit 2017 eine Ausnahmebewilligung für das Projekt ab.

Die regulierte Abgabe von Cannabis ermöglichen soll nun ein Experimentierartikel im Betäubungsmittelgesetz. Der Nationalrat stimmte dem Artikel im Dezember knapp zu, der Ständerat muss noch darüber entscheiden. Nicht nur Bern, sondern auch Städte wie Zürich und Basel möchten Cannabis reguliert abgeben. Die Gegner warnen, mit dem Pilotversuch werde das Kiffen verharmlost.

Für Franziska Teuscher ist klar, dass die Ergebnisse der vorgestellten Studie dereinst in das Forschungsprojekt über die regulierte Abgabe einfliessen sollen. Ihren Einsatz für neue Drogenpolitik rechtfertigt sie damit, dass die heutige Regelung scheinheilig sei.

Das Verbot von Cannabiskonsum kriminalisiere Tausende Menschen in der Schweiz, so Teuscher. Ausserdem erreiche man durch eine regulierte Abgabe Menschen besser, die wegen ihrer Sucht auf Hilfe angewiesen seien.

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