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Hermrigen

«Ein Komplott von Neuzuzügern»

Statt den wieder antretenden Paul Möri hat die Gemeindeversammlung Hermrigen Gemeinderat Stephan Alioth zum Gemeindepräsidenten gewählt. Möri spricht von einem Racheakt.

Fast ein Tabu gebrochen: Das hier so beschauliche Hermrigen hat den bisherigen Gemeindepräsidenten abgewählt. Bild: Adrian Streun/a

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Beat Kuhn

Bis vor ein paar Jahren bestanden in Hermrigen Pläne, mit der Fracking-Methode Erdgas zu fördern. Wegen befürchteter Erdbeben sind diese Pläne aber inzwischen Schnee von gestern. Ein politisches Erdbeben hat es dagegen an der Gemeindeversammlung vom letzten Freitag gegeben: Bei den Erneuerungswahlen wurde der bisherige Gemeindepräsident Paul Möri (parteilos) nicht bestätigt.

Das ist in der Schweiz fast ein Tabubruch. Denn ein wieder antretender Amtsinhaber kann davon ausgehen, dass er wiedergewählt wird. Statt Möri wurde Stephan Alioth (parteilos), bis anhin Vorsteher des Ressorts Erziehung und Sport, zum neuen Gemeindeoberhaupt gewählt. Er wurde erst an der Gemeindeversammlung vorgeschlagen. Allerdings war er vorgängig angefragt worden, ob er eine allfällige Wahl annehmen würde (das BT berichtete).

 

«Ein Racheakt»
«Ich war total überrascht von der Abwahl», sagt Möri. Er ortet «ein Komplott von Neuzuzügern», die in grosser Zahl erschienen seien. Deren Mobilisierung sei «ein Racheakt» von Personen gewesen, die nicht gleicher Meinung wie er seien. Es sei aber weder vor noch während der Versammlung Kritik an ihm geäussert worden. «Die Akteure» würden ihm jetzt aus dem Weg gehen. «Anderseits haben sich viele Gemeindebürger und Behörden aus der Region fassungslos bei mir gemeldet.» Möri war zuerst sechs Jahre Gemeinderat, davon vier als Vize-Gemeindepräsident; die letzten vier Jahre war er Gemeindepräsident.

Fakt ist, dass die Versammlung der 300-Seelen-Gemeinde mit 41 Stimmberechtigten sehr gut besucht war. Denn in der Regel sind es um die 30. Desgleichen sind sich die Kenner der Hermriger Verhältnisse einig, dass auffällig viele Paare mittleren Alters zugegen waren, die erst in der jüngeren Vergangenheit zugezogen sind.

Anderseits glänzten manche Alteingesessene, die sonst regelmässig die Gemeindeversammlung besuchen, durch Abwesenheit. Gut möglich, dass sie dachten, die Wiederwahl Möris sei Formsache. Mit 21 Stimmen für Alioth und 16 für Möri war das Ergebnis einerseits kein Zufallsmehr, anderseits kein Erdrutschsieg – vier Wahlzettel wurden bei der geheimen Wahl leer eingelegt.

 

Kritik an Möris Verhalten
Vorgeschlagen hat Alioth an der Versammlung Marco Sigrist, der von 2012 bis 2016 selbst im Gemeinderat sass. Dies, nachdem verschiedene Leute an ihn herangetreten seien und das Anliegen vorgebracht hätten, dass es an der Spitze der Gemeinde eine Blutauffrischung geben solle. Er bestätigt Möris Aussage, dass mobilisiert worden sei: «Der Tenor war: Wer etwas Neues will, soll an die Versammlung kommen.»

Sigrist betont, dass es ihm «sehr, sehr unangenehm» gewesen sei, an der Gemeindeversammlung aufzustehen und Alioth als Gemeindepräsidenten vorzuschlagen. Er habe dies nur getan, weil er es als seine Pflicht betrachtet habe, dem Willen einer Mehrheit in der Bevölkerung zum Durchbruch zu verhelfen. «Ich glaube, es ging nicht um Möri als Person.»

Das hat Stephan Alioth anders erlebt. Ihm gegenüber sei «Unzufriedenheit mit der Art und Weise», wie Möri sein Amt ausübe, geäussert worden. Es habe geheissen, dass dieser «Lüüt abputzt» oder «Alleingänge» mache. Danach gefragt, ob er als Gemeindepräsident zur Verfügung stehe, habe er, Alioth, gesagt: «Wenn es dem Volkswillen entspricht: Ja.»

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