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A5-Westast

Analyse der Verkehrsprobleme als Basis

Der Westast-Dialog ist das Resultat eines Varianten-Streits. Ausführungsprojekt, Gegenvorschlag und Seelandtangente sollen nun aber erst einmal Platz machen für eine Analyse der Bieler Verkehrsprobleme.

Dialogleiter Hans Werder sagt: «Es ist wichtig, auch bei der Diskussion um die Autobahn erst einmal beim Lokalverkehr anzufangen.» Bild: lsg
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Lino Schaeren

Fritz Kobi hat gestern für die Westast-Dialoggruppe eine Auslegeordnung aller Varianten gemacht, die für die A5-Umfahrung seit dem Netzbeschluss des Bundes im Jahr 1960 je auf dem Tisch gelegen sind. Oder zumindest in Köpfen herumgeisterten. Gegen 70 Möglichkeiten waren das. Kobi, ehemaliger Oberkreisingenieur des Kantons Bern, ist einer von zwei dem Westast-Dialog fix beigezogenen Experten.

Der andere ist Architekt Han van de Wetering. Und obschon Kobi am zweiten Treffen der Dialoggruppe durch die unterschiedlichen Stossrichtungen und Ideen aus Gegenwart und Vergangenheit führte, lautet seine Empfehlung zum weiteren Vorgehen, ebendiese erst einmal alle zu vergessen.

So umschreibt das zumindest Dialogleiter Hans Werder nach dem gestrigen Treffen, wenn er erklärt, der Experte schlage zwar eine Analyse vor, aber vordergründig nicht eine der verschiedenen Varianten, sondern eine der bestehenden Verkehrsprobleme der Stadt Biel und der Region sowie der Prognosen für die Entwicklung der Mobilität. Werder verweist darauf, dass der Verkehr auch auf der Autobahn bereits heute grösstenteils hausgemacht sei; der Anteil des Durchgangsverkehrs ist bedeutend kleiner.

Werder, von 1996 bis 2010 Generalsekretär von Moritz Leuenberger (SP) im Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikantin (Uvek), sagt deshalb: «Es ist wichtig, auch bei der Diskussion um die Autobahn erst einmal beim Lokalverkehr anzufangen.»

Das Statut
 ist verabschiedet
Welche Rolle wird dabei die Strategie für die Gesamtmobilität der Stadt Biel spielen, die Stadtpräsident Erich Fehr (SP) letzte Woche präsentiert hat? Das Strategiepapier sieht bis ins Jahr 2040 grundsätzlich drei Stossrichtungen vor: Der öffentliche Verkehr (öV) soll gestärkt, die Verbindungen für Velofahrer und Fussgänger verbessert und der Autoverkehr besser gelenkt und so noch konsequenter aus Innenstadt und Wohnquartieren ferngehalten werden. Werder sagt, er habe die Strategie des Bieler Gemeinderats noch nicht eingehend analysiert. Nach einem ersten Augenschein sehe er aber keinen Widerspruch zu den Zielen des Westast-Dialogprozesses.

Der Dialogprozess sieht vor, im Juni 2020 eine Empfehlung für das weitere Vorgehen an die Behördendelegation abgeben zu können. Diese soll breit abgestützt sein und nicht auf einfachen Mehrheitsentscheiden beruhen. Das hat die Dialoggruppe gestern mit der Verabschiedung des Status zum Dialogprozess bekräftigt.

Darin ist nicht nur festgehalten, dass Kern- und Dialoggruppe einen breiten Konsens anstreben und einvernehmliche Entscheide treffen, sondern explizit auch, dass nicht abgestimmt wird. Laut Werder heisst dies zwar nicht, dass immer ausnahmslos alle mit Entscheiden einverstanden sein müssen, aber 70 bis 80 Prozent Zustimmung seien nötig, um die angestrebte breite Abstützung zu erreichen. Diese Regelung wurde nach einer Mitteilung des Komitees «Westast so nicht!» sowohl von Gegnern als auch Befürwortern des Westasts so gefordert und von einzelnen Behördenvertretern kritisiert – was Werder bestätigt.

Neue Mitglieder aufgenommen
Die Dialoggruppe setzt sich inzwischen aus 30 Organisationen zusammen. Gestern wurden neu das Netzwerk Bielersee und die Regionale Verkehrskonferenz Biel-Seeland-Berner Jura aufgenommen.

Etwas vereinfacht dargestellt sind in den Dialog drei Gruppen involviert: Die Westast-Befürworter und die -Gegner sowie die Behörden. Die Konsens-Regelung ohne Abstimmung sei deshalb wichtig, weil so nicht eine der Gruppen von den anderen beiden überstimmt werden könne, sagt Catherine Duttweiler, Sprecherin von «Westast so nicht!».

Dem pflichtet Cécile Wendling (FDP), Bieler Stadträtin und Co-Präsidentin des Komitees «Pro A5-Westast», bei. Sie betont dabei auch die Wichtigkeit der kleineren Kerngruppe, deren Vorarbeit gestern mit dem Durchwinken des vorbereiteten Statuts ohne grosse Änderungen honoriert worden sei.

Diese Kerngruppe trifft sich nun am 20. Juni ein nächstes Mal. Für die Dialoggruppe wurde eine Zusatzsitzung am 4. Juli angesetzt, an der das Arbeitsprogramm verabschiedet werden soll, damit über den Sommer die ersten Aufträge an externe Experten erfolgen können. Danach bleiben elf Monate, um eine Empfehlung abzugeben, solange ist das offizielle Westast-Ausführungsprojekt sistiert. Ob der Zeitplan eingehalten werden könne, hänge auch davon ab, auf welcher Flughöhe letztlich eine Empfehlung erfolgen soll, sagt Werder. «Eine detaillierte Variante werden wir nicht präsentieren können, aber eine generelle Stossrichtung vorzugeben, erachte ich als möglich.»

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