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Prix Engagement

Biel von seiner Schokoladenseite

Nicht alle Liegenschaftsbesitzer in Biel sind um das Wohl ihrer Mieter bemüht. Es gibt aber durchaus positive Beispiele. Drei der Besten hat die Stadt gestern gebührend gefeiert.

Stadtpräsident Erich Fehr überreicht Andreas Dettwiler (l.) von der GVB das Siegerdiplom. Im Hintergrund die Vertreter der Zweit- und Drittplatzierten. Bild:Olivier Gresset

Patrick Furrer

Es geht etwas in Biel. Obwohl die Probleme mit vernachlässigten, überteuerten Wohnungen aktuell bleiben, wächst die Stadt im Bereich qualitativ hochstehender Liegenschaften langsam aber sicher immer mehr. Die Politik geht einerseits härter gegen schwarze Schafe vor und belohnt andererseits Hauseigentümer, die mit gutem Beispiel vorangehen. Die drei besten Saneierungsprojekte und der vorbildlichste Investor werden alljährlich mit dem «Prix Engagement» belohnt. Gestern wurde der Preis im Beisein von über 200 geladenen Gästen erstmals verliehen. Biel konnte sich ganz von seiner Schokoladenseite zeigen.

Die Fachjury unter Vorsitz des Stadtpräsidenten Erich Fehr hat aus 28 Bewerbern die besten erkoren. Der erste Platz geht an die Gebäudeversicherung des Kantons Bern (GVB): Sie hat im Pasquart aus 26 kleinen und alten Wohnungen aus den 1960er Jahren 18 grosszügige Appartements gemacht. «Die beste Liegenschaftssanierung des Jahres», sagte Fehr, der die Sieger präsentierte. Aus einem grauen Klotz ist ein warmes, ansprechendes Zuhause geworden. Für die GVB sprach Geschäftsleiter Andreas Dettwiler. Er sagte, es sei seit dem Jahr 2000, als man das Gebäude kaufte, klar gewesen, dass man investieren müsse. Doch das habe sich gelohnt. «In Biel kann sich ein Investor noch verwirklichen», so Dettwiler, «und gute Renditen erwirtschaften».

Zuckerbrot und Peitsche
Dass es sich lohnt, Geld in die Hand zu nehmen, um später Gewinn zu machen, war eine zentrale Erkenntnis des Abends. Fehr kam in seiner Einleitung zur Idee und dem Hintergrund des «Prix Engagement» ebenfalls darauf zu sprechen. Immerhin zeigte die Studie zum Bieler Wohnungsmarkt von «Wüest & Partner», dass sich bei sanierten Gebäuden durchschnittlich 30 Prozent mehr bei den Mieten verdienen lässt.

Und: Das Angebot generiert die Nachfrage. Biel braucht die qualitativ hochstehenden Wohnräume auch, um Gutverdienern ein passendes Angebot machen zu können. Fehr zählte sowohl die positive wie auch die negative Entwicklung der letzten Jahre in Biel auf. Positiv ist beispielsweise, dass die Bevölkerung wächst – auch in Bezug auf Einwohner mit gutem Einkommen. Oder dass sowohl von privater wie auch öffentlicher Seite investiert wird. Etwa in den Stadien, der Esplanade oder in der Gurzelen. Nichtsdestotroz muss Biel weiterhin gegen seine hohe Sozialhilfequote und die Kosten kämpfen, welche durch das Wohnungsangebot beeinflusst werden. Der Wohnungsmarkt lahmt, meinte Fehr. Es brauche «positive Anreize und repressive Massnahmen gleichermassen, damit Biel noch lebenswerter wird». Stadt und Investoren müssen zusammenspannen.

Wenn schon, denn schon
«Ein Haus, das Freude macht» (Zitat Fehr) ist die Liegenschaft von René Gnägi und René Chopard. Mit viel Liebe zum Detail wurde das fast 120 Jahre alte Haus komplett renoviert. Hier zeige sich besonders, wie die vorbildliche Sanierung helfe, die gesamte Häuserzeile aufzuwerten, was wiederum hoffen lasse, dass andere dem Beispiel folgen, so Fehr.

Als Drittplatzierter konnte sich eine Wohnbaugenossenschaft feiern lassen: die Biwog Biel. Auch sie weist eine sorgfältige, geschickte Gestaltung und eine gute Wirtschaftlichkeit auf. Der «Esprit» der 1920er Jahre wurde dabei erhalten, sagte Präsident Vincent Studer. Es brauche Mut, zu investieren. Man müsse richtig investieren und nicht nur «rumdökterlen». Auch bei der Biwog zahle sich die Investition aus.

Schwarze Schafe verdrängen
Biel hat zu viele kleine und schlecht unterhaltene Wohnungen. Zirka 570 Vermieter sind auf dem Platz aktiv. Dass es seine Zeit braucht, bis sich die Situation grundlegend ändert und es sowohl ein Engagement von privater wie öffentlicher Seite brauche, sagte stellvertretend für die Investoren Unternehmer Hans-Jürg Schär im Podiumsgespräch mit Thomas Gfeller, dem Wirtschaftsdelegierten Biels. Gfeller stellte fest, dass durch den Bau guter, rentabler Liegenschaften die schwarzen Schafe zunehmend unter Druck kommen. Insofern ergänze die Kampagne «Engagement» repressive Massnahmen wie das Einstellen von Direktzahlungen bei Mieten von Sozialhilfeempfängern oder die Verstärkung von bau- und feuerpolizeilichen Kontrollen bestens.

Der «Prix Engagement» wird auch in den kommenden Jahren wieder vergeben. Die allererste Verleihung wertete Stadtpräsident Fehr gestern als Erfolg. Als Preis erhielten die Prämierten ein offizielles Diplom und eine Komplettausgabe der neuen «Bieler Geschichte». Dem Erstplatzierten wird zudem die Baubewilligungsgebühr zurückerstattet. Im Falle der GVB sind dies genau 11'215 Franken. Die ersten Preisträger und die Kampagne werden auch in der neuen Broschüre «Engagement» der Stadt Biel vorgestellt.

 

*** Die Preisträger ***

• Der Erstplatzierte 2013/14 ist die GVB Privatversicherungen AG (GVB Gruppe). Beim Mehrfamilienhaus mit Baujahr 1968 am Albert-Anker-Weg 11 wurden Hülle, Technik und Ausbau von Grund auf erneuert. Entstanden sind 18 offene, meist 3,5-Zimmer-Wohnungen. Es handelt sich um das umfassendste der drei Projekte.
• Der zweite Platz geht an René Gnägi und René Chopard für ihre vorsichtige und umfassende Liegenschaftserneuerung an der Aarbergstrasse 95. Entstanden sind moderne Maisonettewohnungen, Büros und Ladenlokalitäten. Die Fassade wurde denkmalpflegerisch erhalten.
• Dritter Sieger ist die Bieler Wohnbaugenossenschaft Biwog. Sie hat innert vier Jahren 26 Wohnungen in der Siedlung Falbringen erneuert. Kosten: 4,1 Millionen Franken.  
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