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Kulturparcours

Pflicht oder Privileg?

Bereits zum fünften Mal hat dieses Jahr der Bieler Kulturparcours stattgefunden. Im Zentrum des letzten Teils stand das Thema Integration.

Im Zentrum des fünften Teils des Kulturparcours standen die Themen Integration und Einbürgerung. Bild: Melina Amstutz

(mam/rw) Am Sonntagmorgen fand im Theater Palace der letzte Teil der fünften Auflage des Kulturparcours 2013 statt. Auf dem Programm standen der Film «Die Schweizermacher» sowie ein anschliessendes Gespräch über die Einbürgerung und Integration der Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz, insbesondere aber in Biel. Rund 100 Personen nahmen an der Matinée zum Thema «Zusammenleben» sowie dem interkulturellen Austausch teil.

Ein harter Kampf?
Der Film «Die Schweizermacher» stammt aus dem Jahr 1978. Darin wird gleich zu Beginn Klartext gesprochen: «Ein Schweizer ist ehrlich, neutral, effizient, sauber, fleissig.» Das fiktive Geschehen, bei dem humorvoll mit Stereotypen gespielt wird, weist auf die Schwierigkeiten eines Ausländers hin, der die Schweizer Staatsbürgerschaft erlangen möchte. Der Staat verlangt von ihm, dass er mehr Schweizer ist als ein echter Schweizer. Der Film, der in Bezug auf die Einbürgerungspolitik eine Karikatur der helvetischen Bürokratie darstellt, wirft die Frage auf, inwiefern das Schweizer System bezüglich der Integrationspolitik überhaupt umsetzbar ist.

Naima Serroukh, Präsidentin der «Association Pont de Communication», bezeichnet den Film «als sehr aktuell, da seit den Siebzigerjahren keine eigentliche Entwicklung stattgefunden hat. Die Ausländerinnen und Ausländer erleben bis anhin immer noch das Gleiche und müssen laufend den Beweis erbringen, dass sie angepasst und in die Schweizer Kultur integriert sind.»

Die Bedeutung der Sprache
Zu den Hauptpunkten, welche sowohl die Teilnehmenden als auch die Referenten bei der Diskussion zur Einbürgerungspolitik erwähnten, gehört insbesondere die Bedeutung der Sprache als wichtiges Mittel zur Integration. Wie Beat Feurer, Gemeinderat sowie Direktor Soziales und Sicherheit der Stadt Biel, betont: «Die Beherrschung der Sprache – sei dies nun Französisch oder Deutsch – ermöglicht es, sich zu integrieren und sich innerhalb der Gemeinschaft aktiv zu beteiligen. Sie stellt somit einen wesentlichen Faktor dar.»

Die verschiedenen Referenten sowie das Publikum waren sich darüber einig, dass der Dialog zwischen den verschiedenen Gemeinschaften in Biel unbedingt gestärkt werden soll. Einig waren sie sich auch darüber, dass die Anerkennung der Kulturen und der verschiedenen Zugehörigkeit ein Hauptelement der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Integration darstellt. Bezüglich der Grundlage und der Umsetzbarkeit der Schweizer Einbürgerungspolitik gingen die Meinungen hingegen auseinander.

Zum jetzigen Zeitpunkt gilt in der Schweiz der Erwerb der Staatsbürgerschaft eher als Privileg und nicht als Pflicht. Ganz anders sieht es in den Vereinigten Staaten oder in Frankreich aus. Beide Länder betreiben eine Politik, bei der das Bodenrecht mehr zählt als das Geburtsrecht. Nach Ansicht von Beat Feurer «stellt es ein Privileg und gleichzeitig ein Recht dar, Schweizer zu werden. Diesbezüglich muss eine klare Politik umgesetzt werden, welche die Integration der Ausländerinnen und Ausländer in die Aufnahmegesellschaft fördert. Gleichzeitig gilt es, einen Rahmen und Regeln einzuhalten. Man muss aber auch einsehen, dass es in allen Ländern schwierig ist, die Staatsbürgerschaft zu erlangen». Naima Serroukh, die vor kurzem einen Einbürgerungsantrag gestellt hat, betrachtet die Schweizer Staatsbürgerschaft eher als Recht denn als Privileg. «Ich möchte mich am politischen Leben in Biel beteiligen und aktiv im Rahmen der Gemeinschaft teilnehmen, da ich mich hier zu Hause fühle.»

Bilanz des Kulturparcours
Madeleine Betschart, Präsidentin des Vereins Kulturparcours, zieht eine positive Bilanz der diesjährigen Veranstaltung: «Wir hatten viel Erfolg. Dies gilt für die Teilnehmerzahl, die Heterogenität und das ausgeprägte Interesse des Publikums für Fragen der Interkulturalität. Innerhalb der verschiedenen Gemeinschaften besteht ein echtes Bedürfnis danach, angehört und wertgeschätzt zu werden. Jedes Modul dieser fünften Auflage hat uns starke Augenblicke beschert. Dies gilt sowohl für die Organisatoren als auch für die Teilnehmenden.»
Die diesjährige fünfte Auflage begann mit einem Treffen der zweisprachigen Stadt Biel mit dem einsprachigen Nidau. Dabei wurde eine Rückschau auf die Beziehung gehalten, welche die beiden Nachbarstädte seit dem 13. Jahrhundert verbindet. Im Frühling ermöglichte das zweite Modul des Kulturparcours Migrantenfamilien, bei einem Essen mit Unbekannten über ihre Erlebnisse zu sprechen. Auf dem Programm 2013 standen auch die Zusammenarbeit des Vereins mit den Schulen zum Thema «Zusammenleben» sowie das Kulturfest, bei dem das «afrikanische Biel» eine wichtige Rolle spielte.

2015: Jubiläum
2015 wird der Verein sein zehnjähriges Bestehen feiern. Für Madeleine Betschart wird dies eine Gelegenheit darstellen, um die Vernetzung und die Zusammenarbeit mit den Schulen zu stärken. «Der Auftrag einer Öffnung gegenüber der Stadt, von dem sich der Verein seit seiner Gründung durch das Museum Schwab leiten lässt, bleibt auch weiterhin aktuell. Wir haben uns als Ziel vorgenommen, uns auch weiterhin für einen Austausch einzusetzen, der über die Kulturen, Generationen, Gemeinschaften und Institutionen hinausgeht.»

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