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Wortsalat

Abk. gehören verboten – 
in der Ztg. und im Lb.

Lieber Leser, liebe Leserin! Ist Ihnen das auch schon passiert? Sie erhalten eine E-Mail von einer guten Freundin, und zum Abschied steht LG.

Matthias Knecht

LG kann Landgericht, Laufgemeinschaft oder Luftgewehr heissen – oder 25 weitere Bedeutungen haben. Deutsche Autofahrer erkennen darin die Stadt Lüneburg und englischsprachige Badegäste freuen sich über den life guard, den Rettungsschwimmer, während Mathematikerinnen Logarithmus lesen. Möglich sind auch Legierung, Liegenschaft, Lieferungsgenehmigung oder Literaturgeschichte. Oder wollte die Absenderin auf ihr 
Lebendgewicht hinweisen?

Erfahrene E-Mail-Empfänger wissen, dass nichts davon gemeint ist. LG meint in diesem Fall «liebe Grüsse» und ist ein Verwandter des MfG – «mit freundlichen Grüssen». Auch für MfG und seine Variationen wie m.f.g. oder MFG gibt es Dutzende Bedeutungen, etwa Marinefliegergeschwader, 
Multifunktionsgehäuse, Messfrequenzgenerator sowie das Milch- und Fettgesetz. In den Sozialen Medien bedeutet es megafreches Grinsen oder auch more friendly garbage – noch mehr netter Schrott.

Unter klammen Studenten verspricht MFG günstige Mobilität – eine Mitfahrgelegenheit. Das gilt jedoch nicht am Flughafen, denn dann landet man unerw. in Pakistan: Muzaffarabad wird unter dem Kürzel MFG angeflogen. Direktflüge zurück nach ZHI (Flughafen Grenchen) sind selbst mit megafreundlichem Grinsen nicht zu haben.

Klar ist damit, warum Abkürzungen heikel sind. Erstens sind sie oft unhöflich, wie beim LG. Wie lieb können Grüsse sein, wenn sich die Absenderin nicht die Zeit nimmt, die kurzen Wörter auszuschreiben? Das wäre so, als würden wir beim BT «Lieber Leser, liebe Leserin» durch ein eiliges LLLL ersetzen.

Zweitens sind Abkürzungen eben nicht klar. Das Verzeichnis des Duden enthält rund 40 000 Einträge. Schreibende können darum niemals davon ausgehen, dass Akronyme, das ihnen geläufig sind, auch von der Leserschaft so verstanden werden. Darum vermeiden wir diese im «Bieler Tagblatt». Schliesslich wissen wir nicht, ob unsere 
Texte von Studenten gelesen werden, von Juristinnen oder von Literatur-Expertinnen. 
Und so besteht ein guter Teil der Redaktionsarbeit darin, die Akronyme auszuschreiben.

Hilfreich dafür sind die Webseiten abkuerzungen.de und abkuerzungen.woxikon.de. Dort findet sich auch die Abkürzung für die Unart, Abk. zu verwenden: Aküfi – Abkürzungsfimmel.

Nur ganz wenige Abkürzungen sind bei uns erlaubt: die SBB, die GmbH, das OK oder die Müve. Ohne Erklärung schreiben wir auch BT. Damit meinen wir 
weder Bhutan noch die British Telecom, sondern erwarten selbstbewusst, dass BT im Seeland nur eine Bedeutung hat.

Und doch rutschen uns gel. weitere Abk. ins Blatt, und zwar immer dann, wenn der Aut. noch viel zu sagen hat, der str. Chefred. aber wieder zu wenig Zz. 
zugeteilt hat. LLLL: Der Aküfi muss ein Ende haben! Ich sage thx für Ihre Aufmerksamkeit und sende Ihnen c. aff. ein awds bis zum nächsten Wortsalat.

Info: Matthias Knecht unterstützt das BT bei der Sprachpflege.


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