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Bissige Gedanken zu einer Statistik

Am 22. Februar veröffentlichte das Bundesamt für Umwelt (Bafu) eine Studie, die mich nachdenklich machte und stark verängstigte.

von Hanspeter Brunner

Am 22. Februar veröffentlichte das Bundesamt für Umwelt (Bafu) eine Studie, die mich nachdenklich machte und stark verängstigte.


Beim Verkauf unseres Beizlis hatten 
wir uns vorgenommen, fürs Alter eine einstöckige Wohnung zu suchen. Weil aber die Lage nahe der Aare passte, die Wohnung schön ist und die Vermieter sympathisch sind, entschieden wir uns dennoch für diejenige mit zwei Etagen.


Erschrocken bin ich, als ich das Resultat der gemeinsamen Studie der Bundesämter Bafu, BFE, Meteo Schweiz, Babs, Ensi und WSL zu Extremhochwasser an der Aare las. Nun bin ich gottenfroh, dass wir im Ernstfall in den oberen Stock flüchten können. Denn nach Angaben der Statistiker kann der genaue Zeitpunkt, wann das in der Studie erforschte Ereignis eintrifft, nicht bestimmt festgelegt werden.


Ein wenig beruhigend ist an der Studie einzig, dass die Fachleute viele mögliche Bedrohungen berücksichtigt haben. Rutschungen, Verstopfungen bei Brücken durch Schwemmholz (Verklausungen), Ufererosionen, Brechen von Dämmen oder menschliches Versagen bei der Bedienung der Wehranlagen. Dazu konnten an 50 Standorten Niederschlags- und Abflusszeitreihen in stündlicher Auflösung für einen Zeitraum von fast 300000 Jahren simuliert werden.


In der Gesamtheit der gesammelten Daten kann aus diesen Simulationen der Schluss gezogen werden, dass bei einem alle 1000 Jahre auftretenden Hochwasser das Areal des stillgelegten KKW Mühleberg trocken bleibt. Bei einem Hochwasserereignis mit einer Wiederkehrperiode von 10000 Jahren steht der Anlagebereich 18 Zentimeter unter Wasser. Dagegen würde ein 100000-jährliches Hochwasser das Gelände knapp einen Meter hoch überfluten. Weil aus der Studie keine Angaben über Aarberg gelesen werden können, beruhigt mich unsere Fluchtmöglichkeit in den oberen Stock.


Trotz dieser erschreckenden Tatsachen kann ich der Studie viel Positives abgewinnen. Dank dem Projekt «Grundlagen Extremhochwasser Aare-Rhein (Exar)» haben unsere schweizerischen Kernkraftwerke vermutlich eine Planungssicherheit von 
einigen 10000 Jahren.


In Zeiten, in denen wir fast täglich über die Beschlüsse unserer Regierungsstellen den Kopf schütteln, finde ich es beruhigend, aus dem nahen Bundesbern solche Statistiken zu studieren. Es sind Zeichen, dass bei einigen Bundesämtern das Einsehen erwacht ist, dass weitsichtige Forschung die Grundlage für eine zielgerichtete Planung ist.


Wie ich aus unzuverlässigen Quellen vernommen habe, arbeiten die Statistiker mit Hochdruck daran, mit einem Dreisatz den P-Wert («Planungssicherheitszeit für gebeutelte Unternehmer») zu berechnen. Dazu wird der Zeitaufwand zum Ausfüllen des «Antragsformular für Härtefallmassnahmen im Zusammenhang mit Covid-19» mit der Wartezeit auf den Geldfluss der Härtefallentschädigung multipliziert. Dieses Resultat wird durch die Beamten-Mannstunden zur Bearbeitung des Gesuchs dividiert.


Das Ergebnis zeigt die Planungssicherheit für Detailhändler, Gastronominnen, Reiseveranstalter und Künstlerinnen. Für weitere Gruppen muss die Anzahl widersprüchlicher Meldungen zwischen BAG und Taskforce zum Resultat addiert werden. Nach ersten Versuchsrechnungen resultiert ein 
P-Wert, der zwischen einigen Tagen und höchstens zwei Wochen liegt.

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