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Carte Blanche

Der Kampf 
ums Trottoir

Die Sanierung der Bernstrasse in Lyss zeigt es exemplarisch: Der Kampf ums Trottoir ist in vollem Gang! Nicht nur drängen immer neue Verkehrsmittel wie E-Trottinette, Segways oder E-Rollbretter aufs Trottoir. Jetzt fahren sogar die Autos vor. Verlierer in diesem Kampf sind die Fussgängerinnen und Fussgänger.

Christoph Waber: Vorstandsmitglied VCS Regionalgruppe Biel

Christoph Waber

Die Hauptstrasse bildet zusammen mit der Bielstrasse die wichtigste Verkehrsader durch Lyss und ist entsprechend mit Verkehr belastet. Nach der Bielstrasse, die auf Grund der besseren Platzverhältnisse weniger Probleme bot, hat sich der Kanton an die Sanierung der Hauptstrasse gemacht. Schon zu 
Beginn des aufgelegten technischen Berichtes machte er sein Ziel klar: die Verbesserung der Situation für den Langsamverkehr. So weit, so gut.

Als eines der Hauptprobleme wurde schnell die Parkierung ausgemacht. Längs der Strasse angeordnete Parkplätze, die sich zur Hälfte auf der Strasse und zur Hälfte auf dem Trottoir befinden, stellen eine Gefahr für den Langsamverkehr, vor allem für die Velofahrenden, dar. Weiter schränken die Parkfelder die Breite der Trottoirs ein, was dazu führt, dass Fussgängerinnen und Fussgänger gezwungen sind, sich eng den Häuserfassaden entlang zu bewegen.

Doch schon in der Mitwirkung zeigte sich, wohin die Reise tatsächlich geht. Obschon Lyss genügend Parkplätze in Parkhäusern aufweist, wurden noch mehr Parkplätze gefordert. Auch der Kanton stellte fest, dass die oberirdischen Parkplätze für das Gewerbe lebenswichtig seien. Doch ist das wirklich so? Ist es nur die direkte Erreichbarkeit mit dem Auto, die ein Geschäft attraktiv macht?

Wie dem auch sei, das Resultat im vorgelegten Projekt zeigt einmal mehr, wie der Kampf ums Trottoir heute leider immer noch ausgeht. Es wurden nämlich keine Parkplätze aufgehoben, sie wurden lediglich neu angeordnet – und sind jetzt ganz aufs Trottoir gerückt.

Es ist zu begrüssen, dass versucht wurde, etwas zum Schutz der Velofahrenden zu tun. Parkplätze ganz auf den Trottoirs kann aber nicht die Lösung sein. So gefährden offene Türen der Autos, die in den Strassenraum ragen, die Velofahrenden weiterhin.

Und einmal mehr sind die Fussgängerinnen und Fussgänger die Verlierer. Sie haben jetzt noch weniger Platz als 
zuvor. An einigen Stellen ist schon das Durchkommen mit einem Kinderwagen kaum mehr möglich. Stehen dann noch Werbetafeln und Ähnliches auf dem Trottoir, wird das «Flanieren» endgültig zum 
Hindernislauf. Eine attraktive Umgebung für den Langsamverkehr sieht anders aus.

kontext@bielertagblatt.ch

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