Sie sind hier

Abo

Unterhaltung

Apple will sich neu erfinden

Der Technikkonzern konzentriert sich nicht mehr nur auf die Produktion von neuen iPhones. Apple lanciert neue Dienstleistungen und will sogar die Game-Branche mit kunstvollen Inhalten erobern.

«Projection: First Light»: Das sehnlichst erwartete Plattform- und Puzzlespiel des gefragten Entwicklers Shadowplay Studios wird auf Apple Arcade spielbar sein. Bild: zvg
  • Video

Simon Dick

Hört man den Namen Apple, denkt man automatisch an ein iPhone oder einen iMac. Zahlreiche, schnörkellose Endgeräte mit spartanischem Design haben mittlerweile den Weg in private Hände und Haushalte gefunden. Das erste iPhone mit seinem Touchscreen war 2007 ein Riesenerfolg und Apple war lange Zeit ein Alleinherrscher. Doch die Konkurrenz hat mittlerweile aufgeholt und heute sehen alle Smartphones gleich aus. Apple war lange an der Spitze, doch heute sind Samsung und weitere Konkurrenten aus China ebenbürtig geworden. Kurz: Der Hardware-Absatz von Apple ist zwar immer noch hoch, aber das grosse Geld verdient der Konzern damit nicht mehr. Also braucht es neue Ideen und neue Absatzmärkte müssen erobert werden, um langfristig die Kasse zu füllen.

Neue Dienstleistungen
So überrascht es nicht, dass man mit Apple TV Plus einen Netflix-Konkurrenten ins Rennen schickt. Eine eigene Apple-Kreditkarte und eine News-App, die mit amerikanischen Verlegern zusammenarbeitet, sind weitere Ideen, die man voller Stolz und siegessicher präsentierte. Während der hauseigene Streamingdienst am meisten Aufmerksamkeit bekam, ging ein weiterer Dienst fast schon unter. Denn Apple wird noch in diesem Jahr ins Videospiel-Geschäft einsteigen. Mit Apple Arcade möchte man sich ein grosses Stück Kuchen von der lukrativen und immer noch stark wachsenden Game-Industrie abschneiden.

Die Chancen dafür stehen sehr gut, dass das Unternehmen in diesem Sektor endlich erfolgreich sein wird. 1995 versuchte Apple schon einmal, in der Videospielbranche Fuss zu fassen. Zusammen mit dem japanischen Unternehmen Bandai brachte man die Spielkonsole Pippin auf den Markt. Das äusserlich ansprechende Gerät verkaufte sich aber sehr schlecht und Spiele wurden fast keine dafür entwickelt. Pippin wurde zum Ladenhüter und Apple zog sich schnell wieder vom Markt zurück. Mit dem kommenden Dienst Apple Arcade geht der Konzern aber einen völlig anderen Weg.

Mit der Spielkonsole Pippin versuchte Apple in den 90er-Jahren in der Game-Branche Fuss zu fassen. Bild: pixabay.com

Privatsphäre und keine Werbung
Apple Arcade ist ein Game-Abo-Dienst. Gegen eine monatliche Grundgebühr darf man aus einem grossen Spielekatalog jederzeit etwas auswählen. Um Videospiele zu konsumieren, muss man nicht zwingend online sein, so wie es etwa beim kommenden Google Game-Dienst Stadia der Fall sein wird. Man kann also ohne ständige Internetverbindung in digitale Welten abtauchen. Gespielt wird schliesslich auf den bekannten Apple-Geräten wie iPhone, iPad, iMac oder via Apple TV. Bis zu sechs Familienmitglieder können sich den Dienst teilen.

Apple betont immer wieder, wie sehr man sich bei diesem Dienst auf die Privatsphäre konzen-triere. Die Daten würden nicht ausgewertet und schon gar nicht an Dritte weitergeleitet, wird immer wieder mitgeteilt. Die Spiele sollen auch nicht durch Werbungen unterbrochen werden und man verzichte komplett auf In-App-Käufe, also die Möglichkeit, dass man innerhalb des Spiels Geld für bestimmte Objekte oder Fähigkeiten ausgibt. Mit dieser Strategie stellt sich Apple bewusst gegen einen Branchen-Trend, womit Millionen verdient werden. Im Herbst soll Apple Arcade in über 150 Ländern verfügbar sein. Wie viel er pro Monat kosten wird und ob die Schweiz auch beim Start dabei sein wird, ist aber noch unbekannt.

Grosse Unterstützung
Mehr als 100 Spiele sollen im Herbst zum Start parat sein. Was bei genauerem Blick auffällt: Apple hebt sich mit den vorgestellten Spielen bewusst von der Masse ab. Will heissen, dass die gezeigten Titel mit aussergewöhnlichem Design und frische Spielideen um Aufmerksamkeit buhlen. Die Message ist klar: Apple Arcade will keine billigen Minispiele auf den Markt werfen. Alle gezeigten Titel versprühten künstlerisches Flair und viel Kreativität, wie sie momentan hauptsächlich in der Szene der unabhängigen Entwickler vorzufinden sind. Mit Firmen wie Sega und Konami konnte Apple zudem ein paar erfahrene Spieleproduzenten für ihren Abo-Dienst verpflichten. Nebst diesen zwei bekannten Firmen sind noch mehr als 30 weitere Unternehmen aus der Branche mit an Bord, die sich vor allem mit unkonventionellen Spielen einen Namen gemacht haben.

Spiele mit sehr viel Charme
Die bereits angekündigten und gezeigten Spiele, die zum Start erhältlich sein sollen, werden verschiedene Geschmäcker befriedigen. Von schön gezeichneten Abenteuern bis zu originellen Geschicklichkeitsspielen ist alles dabei. «Where Cards Fall» ist beispielsweise ein Rätselspiel mit einem frischen Grafikstil. Im Fokus stehen aber nicht nur Knobeleien, sondern auch eine emotionale Geschichte.

Auch «The Pathless» versprüht schon jetzt einen eigenartigen Charme. In der Rolle einer rotgekleideten Jägerin, die stets von einem Adler begleitet wird, erkundet man eine Insel, um einen uralten Fluch zu brechen. Es warten Actionmomente aber auch eher ruhigere Passagen.

«Oceanhorn 2: Knights of the Lost Realm» ist ein Abenteuerspiel, das sich vor der grossen Genre-Konkurrenz nicht verstecken muss. Wunderschön animierte Welten und unterirdische Labyrinthe schüren schon jetzt die Vorfreude auf das Spiel, das zwar als Fortsetzung verstanden werden kann, jedoch eigentlich die Vorgeschichte zum Erstling aus dem Jahr 2013 erzählt.

Das ehrgeizige «Beyond a Steel Sky» spielt in einer dystopischen Welt, wo Rätsel und natürlich auch eine epische Geschichte warten. Die ersten Bilder sehen vielversprechend aus und heben sich auch hier vom grafischen Einheitsbrei der Konkurrenz ab.

Eine grosse Chance
Die Spiele sind also da, erfahrene Entwickler sind mit an Bord und mit den unzähligen Apple-Geräten da draussen, ist die Hardware ebenfalls schon reichlich vorhanden. Was kann also noch schiefgehen? Die grosse Gefahr liegt im Angebotsüberfluss. Online-Dienste, die massenweise Spiele anbieten, gibt es schon etliche. Zudem ist die Game-Industrie vorerst noch fest in den Händen von Sony, Microsoft und Nintendo, die noch in diesem Jahr ebenfalls neue Dienste und vor allem neue Spielkonsolen ankündigen werden. Apple zielt mit seinem Game-Abo-Dienst aber auf die Gelegenheits- und Nichtspieler, die mit dem Medium Videospiel sehr wenig oder gar nicht in Berührung kommen. Zudem liegt ein weiterer Fokus auf Privatsphäre, Sicherheit und Kinderfreundlichkeit, so dass unentschlossene Eltern ohne Bedenken zugreifen dürften.

Nachrichten zu Digital »