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Coronavirus schüttelt Gamebranche durch

Das Coronavirus hat auch die stets gut gelaunte Gameindustrie erreicht. Auch wenn zur Zeit zuhause sehr viel gespielt wird, muss sich die Branche auf ein schwieriges Jahr einstellen.

Berühren verboten: Die grosse Gamemesse E3 wurde abgesagt. Symbolbild: Keystone

Simon Dick

Die Schulen sind geschlossen, Freizeitaktivitäten in der Gruppe werden gemieden und generell ist zuhause bleiben das derzeit Vernünftigste, was Menschen tun können. Während viele Eltern im Homeoffice arbeiten und versuchen, so gut es geht eine Alltagsstruktur aufrechtzuhalten, begeben sich Kinder und Jugendliche nach dem Heimunterricht vor den Computer oder Fernseher, um sich zu unterhalten.

Zur Unterhaltung und auch Ablenkung stehen viele Videospiele zur Verfügung, die nun theoretisch stundenlang konsumiert werden können. Das freut die Branche, denn die Zugriffe auf Online-Spiele und die Käufe von digitalen Inhalten sind hoch und steigen von Tag zu Tag. Das füllt die Kassen, bringt neue Kundinnen und Kunden und bindet an eine Spielemarke. Trotz beachtlichen Online-Zugriffen und hohen Verkaufszahlen dürfte es vielen Firmen in der Gamebranche aber momentan den Magen umdrehen.

Hersteller zerbrechen sich den Kopf
Die Absage der Gamemesse E3 ist ein grosser Schock für die Branche und auch für die Fans der Videospielekultur. Anfang Juni hätten sich Entwickler, Fachpresse und Publikum an der weltweit grössten Videospiel-Messe in Los Angeles wie jedes Jahr treffen sollen, um die kommenden Neuheiten vor Ort auszuprobieren. Doch aus diesem Anlass wird nichts. Die Messe wurde vor ein paar Wochen offiziell abgesagt. Zu diesem Zeitpunkt wurde vielen erst bewusst, dass das Coronavirus auch die stets gut gelaunte Unterhaltungsindustrie erreicht hat und die Branche durchrütteln wird. Denn 2020 ist für die Videospielindustrie eines der wichtigsten Jahre seit Langem.

Im Juni hätten an der E3 die neuen Spielkonsolen, die Ende dieses Jahres pünktlich zum Weihnachtsgeschäft auf den Markt kommen, vorgestellt werden sollen. Doch mit diesen Präsentationen wird es jetzt nichts und die Hersteller müssen nun andere Wege finden, um ihre neuen Produkte der Welt vorzustellen. Doch wie soll man eine neue Spielkonsole dem interessierten Publikum und der Fachpresse präsentieren, wenn man vor Ort keinen Game-Controller anfassen kann? Darüber zerbrechen sich jetzt viele Hersteller die Köpfe. Einige weichen auf einfache Online-Präsentationen aus, um zumindest über die neusten Hardware-Entwicklungen zu berichten. Doch wie die finalen Produkte, allen voran die physischen Spielkonsolen, ohne Berührung und Probespielen in Zukunft vorgestellt werden sollen, ist unklar.

Viele liebäugeln nun mit der Gamescom in Köln. Der Vorverkauf für die grösste Videospielmesse Europas Ende August läuft und die Veranstalter gehen davon aus, dass sie stattfinden wird. Dies wäre ein geeigneter Ort, um einiges nachzuholen und vor allem die neuen Spielkonsolen einem breiten Publikum vorzustellen. Doch sollte sich die Coronavirus-Lage in den nächsten Wochen nicht verbessern, steht auch diese Veranstaltung auf der Kippe und würde die Branche nochmals hart treffen.

Produktion hinkt hinterher
Es gibt da aber noch ein anderes Problem: Die neue Xbox von Microsoft und die kommende Playstation von Sony werden in China produziert respektive aus Einzelteilen dort zusammengebaut. Auch wenn sich die Lage in China nun in Sachen Coronavirus etwas verbessert hat und die Produktionsstätten langsam wieder anlaufen, hinkt die Hardware-Herstellung einige Monate hinterher.

Sony und Microsoft haben zwar jetzt schon versichert, dass die neuen Konsolen in diesem Jahr auf den Markt kommen werden, doch eine hundertprozentige Garantie gibt es nicht, und schlaflose Nächte in den Chefetagen gehören zum neuen Alltag. Selbst wenn die Produktion wieder auf Hochtouren läuft, steht die Gefahr eines Lieferengpasses im Raum. Wenn die hohe Nachfrage zum Start nicht befriedigt werden kann, wäre das ein weiterer herber Schlag für die Unterhaltungskonzerne und würde Millionenverluste einbringen.

Spiele könnten verschoben werden
Noch halten sich viele Spieleentwickler bedeckt, aber genau wie in der Filmbranche wird es zu neuen Veröffentlichungsdaten von Videospielen kommen. Durch die Ausbreitung des Coronavirus in Nordamerika und Europa sind auch viele Entwicklerstudios betroffen, deren Arbeitsalltag ebenfalls auf den Kopf gestellt wird und Homeoffice zur Tagesordnung gehört. Verschiebungen sind auch hier unumgänglich und könnten gross angekündigte Spiele hart treffen.

Der kommende Game-Blockbuster «The Last of Us Part 2» ist beispielsweise noch für Ende Mai vorgesehen. Am 29. Mai soll eines der meist erwarteten Videospiele dieses Jahres für die Playstation 4 erscheinen. Das Entwicklerstudio Naughty Dog hat das Spiel schon öfters verschoben, befindet sich aber nun auf der Zielgeraden. Doch durch das Coronavirus müssen nun auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeitstechnisch umdenken und es könnte erneut eine Verschiebung geben.

Brisant ist zudem die Thematik dieser Videospielreihe: Im Zentrum steht der Ausbruch eines globalen Virus, das die Menschen befällt und einige in aggressive Zeitgenossen verwandelt. Ein Thema also, das trotz übertriebener Dystopie aktueller nicht sein könnte und aus Rücksicht auf die Coronavirus-Opfer eigentlich nochmals zwingend verschoben werden müsste.
 

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