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Digitales Fernsehen

Replay-Streit: Verhärtete Fronten

Vor der Debatte zum zeitversetzten Fernsehen ist die Nervosität gross. Linke Parlamentarier kritisieren die harte Gangart des Konsumentenschutzes.

Zeitversetztes Fernsehen ist praktisch: Doch es ist auch ein Zankapfel. Bild: Keystone

Jon Mettler

Die Konsumenten werden am kommenden Donnerstag genau hinhören, wenn der Nationalrat das überarbeitete Urheberrechtsgesetz berät. Im Rahmen dieser Debatte wird sich die grosse Kammer mit den Regeln zum zeitversetzten Fernsehen auseinandersetzen. Eine Knacknuss ist, dass die Zuschauer dank der Replay-Funktion Reklame überspulen können. Sendeanstalten wie SRG, ARD, ZDF und RTL befürchten sinkende Werbeeinnahmen und haben sich in Bern Gehör verschafft.

So empfiehlt die nationalrätliche Rechtskommission: Im Urheberrechtsgesetz sei zu verankern, dass die Anbieter von digitalem Fernsehen die Zustimmung jedes einzelnen Senders für Replay-TV einholen müssten. Das hat die Telecombetreiber und die SP-nahe Stiftung für Konsumentenschutz auf den Plan gerufen. Sie warnen vor steigenden Preisen, da die TV-Stationen eine Entschädigung fürs Überspulen der Werbeblöcke verlangen würden.


Verbände machen Druck
Branchenverbände und Konsumentenschutz drohen mit dem Referendum, sollte der Nationalrat den Empfehlungen der Rechtskommission folgen. Der Konsumentenschutz kündigte auch an, mit Blick auf das Wahljahr 2019 genau zu verfolgen, wie die Parlamentarier beim zeitversetzten Fernsehen abstimmen.

Der scharfe Ton der Konsumentenschützer irritiert Abgeordnete aus dem linken Lager. «Es ist unredlich, damit zu drohen, das Abstimmungsverhalten von Parlamentariern zu überwachen und zu publizieren», sagt der Berner SP-Nationalrat Matthias Aebischer, der in der Rechtskommission sitzt. «Ich hoffe, meine Kolleginnen und Kollegen reagieren nicht auf solche Drohungen.» Bei Replay-TV unterstützt der ehemalige Fernsehmann die Anliegen der Sender: «Wer Inhalte herstellt, soll darüber mitbestimmen können, wie diese verbreitet werden.»

Selbst bei der SVP, sonst bekannt für ihre Kritik am «Staatssender» SRF, setzen sich Politiker für die Fernsehanstalten ein. Ihm gehe es um die privaten TV-Stationen, sagt der Zürcher Nationalrat Claudio Zanetti. Diese sollen von Werbung leben und deshalb auch mitreden können. Zanetti ist auch Mitglied der Rechtskommission.


Hintertür Fernmeldegesetz?
Auch die Verbraucherorganisationen sind gespalten. Das wirtschaftsliberale Konsumentenforum hilft weder bei einer Unterschriftensammlung für ein Referendum mit noch bei einem Monitoring von Abstimmungsverhalten.

Einigkeit mit dem Konsumentenschutz herrscht darüber, dass die Zuschauer Replay-TV ohne Einschränkungen nutzen können. «Wie sich die Beteiligten im Hintergrund den Kuchen aufteilen, ist dem Konsumenten egal», sagt Babette Sigg, Präsidentin des Forums. Die Lage entschärfen könnte das überarbeitete Fernmeldegesetz, dem zuletzt der Ständerat Ende November zugestimmt hat. Darin steht, dass Anbieter ohne Zustimmung der Sender keine Änderungen an den verbreiteten TV-Programmen vornehmen dürfen.

Suissedigital, der Dachverband der Kommunikationsnetze, sieht deshalb seine Mitglieder in der Pflicht: «Wir sind bereit, mit den TV-Stationen über gemeinsame Werbeformate zu verhandeln», sagt Geschäftsführer Simon Osterwalder. Umso mehr brauche es jetzt nicht noch eine Guillotine für Spulfunktionen im Urheberrechtsgesetz.

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