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Wenn das digitale Leben nach dem Tod weitergehen soll

Was in Amerika schon lange zur Verfügung steht, ist jetzt auch bei uns möglich: Bei Facebook kann man einen Nachlasskontakt angeben, der im Todesfall Änderungen am Profil des Verstorbenen vornehmen darf.

Für viele noch ein grosses Tabuthema: Nach dem Tod lebt das digitale Abbild eines User im Internet weiter, Bild: Keystone

Simon Dick

Ein Nachlasskontakt ist eine Person, die man im sozialen Netzwerk Facebook auswählt, damit sie oder er sich um das Konto des Verstorbenen kümmert, wenn dieses in den Gedenkzustand versetzt wird. Sobald das Konto in den Gedenkzustand versetzt wurde, kann der Nachlasskontakt verschiedene Handlungen ausführen. Wie bei den meisten Social Media-Plattformen muss Facebook zuerst über den Tod des Benutzers informiert werden. Facebook stellt dafür ein Formular bereit, mit dem ein Account von Freunden oder Familienangehörigen in den Gedenkzustand versetzt werden kann.

Der Nachlasskontakt, er muss mit dem Verstorbenen auf Facebook natürlich befreundet sein, kann nur sehr wenige Dinge am Profil des Verstorbenen vornehmen. Er oder sie kann einen Eintrag in der Timeline vornehmen, der dann prominent zuoberst steht und an den Verstorbenen erinnern soll – ein letzter Gruss, ein Erinnerungsfoto oder ein persönliches Video.

Einen Kontakt bestimmen
Der Kontakt kann auch immer noch Freundschaftsanfragen annehmen. Mit einer Genehmigung des vorherigen Account-Inhabers kann der Verwalter auch ein kleines Archiv, bestehend aus Einträgen, Fotos und Videos, erstellen.

Keinen Zugriff hat der Nachlasskontakt auf die persönlichen Nachrichten des Verstorbenen.  Auch Inhalte auf seinem Profil können nicht gelöscht, der Account kann nicht einfach deaktiviert und Freunde können nicht entfernt werden. Wichtig: Man muss mindestens 18 Jahre alt sein, um einen Nachlasskontakt festlegen zu können.

Um einen Kontakt zu bestimmen, muss der User die Einstellungen in seinem Facebook-Profil ändern. Dazu geht er in den Bereich «Chronik-Einstellungen» und dort in den Bereich «Sicherheit» und anschliessend in den Bereich «Nachlasskontakt». Dort gibt man im Feld den gewünschten Namen ein und speichert die neuen Einstellungen.

Alternativ kann der Nutzer dort auch bestimmen, dass das Profil nach seinem Tod gelöscht wird. Hier muss jemand aber Facebook ebenfalls mit einer offiziellen Todesurkunde Bescheid geben, bevor das Konto dauerhaft gelöscht werden kann.

Was sagt das Gesetz?
Noch gibt es keine gesetzlichen Regelungen zum Umgang mit dem digitalen Nachlass. Jeder Nutzer sollte deshalb am besten schriftlich festhalten, wie und durch wen nach dem Tod seine hinterlassenen Daten verwaltet werden. Er oder sie kann auch in einem Testament oder in einer Vollmacht bestimmen, dass alles gelöscht wird. Wie jedes Testament müssen solche Verfügungen formal den gesetzliche Vorschriften entsprechen.

Wenn im Testament nichts anderes geregelt ist, werden die Erben Eigentümer aller Gegenstände des Verstorbenen, also auch des Computers, Smartphones oder lokaler Speichermedien. Möchte man bestimmte Informationen lieber mit ins Grab nehmen, sollte man einen Notar oder Nachlassverwalter damit beauftragen, die entsprechenden Dateien oder ganze Datenträger vernichten zu lassen.

Wer seinen Erben Arbeit ersparen will, hinterlässt ihnen am besten eine Liste mit Passwörtern und Nutzernamen. So können sie selbst im Namen des Verstorbenen aktiv werden und die Profile deaktivieren bzw. löschen. Allerdings mag das manchen Usern aus Datenschutzgründen sehr unangenehm sein.


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Digitaler Nachlass bei Google
Viele Online-Dienste wie E-Mails oder Kalender hängen an einem Google-Account. Was passiert mit diesen Daten? Der sogenannte Kontoinaktivitäts-Manager bietet die Möglichkeit, vorab zu bestimmen, was bei einem Todesfall mit den Daten passiert. Konkret: Man legt mit diesem Programm fest, wie lange man inaktiv sein muss, damit der Manager eingreift.

Bei der Nachlass-Automatik muss man einstellen, wie lange das Konto ohne Login weiterlaufen darf. Man kann angeben, dass nach drei, sechs, neun oder zwölf Monaten ohne Anmeldungen die Nachlass-Automatik eingreift. Bevor ein Konto offiziell als inaktiv gilt, wird dem Besitzer eine Warnung per SMS gesendet. Wenn man darauf nicht reagiert, wird der Manager aktiv: Das Google-Konto und alle damit verknüpften Inhalte werden gelöscht. Auch alle öffentlichen Kommentare bei Google+ und YouTube-Videos werden beseitigt. Der E-Mail-Dienst Gmail antwortet zudem auf alle E-Mails mit einem vorab formulierten Text.

User können auch die E-Mail-Adressen und Mobilnummern von bis zu zehn Personen angeben, die Google über die Inaktivität des Kontos benachrichtigen soll. Man kann auch festlegen, dass diese Personen Zugriff auf die Konten erlangen.

Auch wenn Nutzer die Nachlass-Automatik nicht aktiviert haben, können Hinterbliebene Zugriff auf die E-Mails beantragen. Dazu müssen Kopien der Sterbeurkunde an das Unternehmen geschickt werden. sd

Regeln bei Twitter, Instagram und Co.
GMX-Konten können gelöscht und Verträge gekündigt werden, wenn man die Sterbeurkunde vorlegt. Ein Zugang zum Postfach des Verstorbenen ist nur für Erbberechtigte möglich.

Bei Microsofts Diensten (zum Beispiel Hotmail) können Familienangehörige eine Kopie der Inhalte von Konten erhalten. Man muss dazu eine Sterbeurkunde vorlegen, eine Vollmacht oder ein Testament vorweisen.

Twitter gibt niemandem Zugriff auf das Konto eines Verstorbenen. Bevollmächtigte können aber die Deaktivierung eines Kontos verlangen. Dazu muss man die Kopie des Totenscheins, eine notariell beglaubigte Erklärung und weitere Unterlagen faxen oder per Post zum Hauptsitz nach San Francisco schicken. Zusätzlich bietet Twitter an, bestimmte Bilder löschen zu lassen, wenn bevollmächtigte Personen darum bitten. Auch hierfür steht ein Formular bereit.

Yahoo gibt keine Passwörter heraus und gewährt niemandem Zugriff auf die Konten Verstorbener. Man kann nur die Schliessung eines Kontos verlangen. Dazu muss eine Kopie der Sterbeurkunde an Yahoo in München gefaxt werden.

Bei LinkedIn wird das Profil ganz einfach unsichtbar geschaltet, sobald der Betreiber vom Tod eines Mitglieds erfährt.

Bei Xing kann sich jeder per Mail, postalisch oder telefonisch an den Kundenservice wenden. Ein gesonderter Nachweis ist nicht erforderlich. Danach schaltet der Konzern die Profile inaktiv, also für andere Mitglieder unsichtbar. Endgültig gelöscht werden sie erst nach ein paar Monaten. Eine Sterbeurkunde wir lediglich im Fall einer bestehenden Premium-Mitgliedschaft angefordert, um eine Rückzahlung im Voraus bezahlter Mitgliedsbeiträge zu ermöglichen. Nach Zusendung einer Sterbeurkunde und nach eindeutiger Verifizierung wir das Profil sofort und unwiderruflich gelöscht.

Bei Instagram kann das Konto wie bei Facebook ebenfalls in einen Gedenkzustand versetzt werden. Legitimierte Familienangehörige können auch die Löschung des Accounts beantragen.

Die Löschung oder Deaktivierung des Profils ist bei allen Diensten möglich, aber oft sehr zeitaufwendig. Um sich Zeit und Ärger zu ersparen, ist es auch hier ratsam, einer Vertrauensperson vor dem Ableben eine Liste mit allen Zugangsdaten zu geben, so dass der oder die Vertraute dann selber aktiv werden kann. sd

 

Link zum Google Kontoinaktivitäts-Manager

Link zum Antrag auf Herstellung des Gedenkzustands auf Facebook

 

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