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Videospiel

Wenn die Nazis den Weltkrieg gewonnen hätten

Im neuen Videospiel «Wolfenstein 2: The New Colossus» wird die Zeitgeschichte auf den Kopf gestellt. Nazideutschland hat den Krieg gegen die Alliierten gewonnen und die USA erobert. Doch der Widerstand ist aktiv und versucht das Land zu befreien. Ist ein Spiel voller Nazis überhaupt erlaubt?

Wenn die Nazis den Weltkrieg gewonnen hätten, Bilder: zvg

Simon Dick

Wir schreiben das Jahr 1961. Das Regime, so wird Nazideutschland in der zensierten Version genannt, hat seit dem Vorgängerspiel «Wolfenstein: The New Order» einen derben Rückschlag erlitten, konnte seine Eroberungsfantasien aber dennoch ausleben und hat nun Nordamerika fest im Faschisten-Griff. Atombomben haben Manhattan verwüstet und es wurden Ghettos für Andersdenkende errichtet. Angst und Schrecken herrscht in den amerikanischen Strassen, doch Hauptprotagonist Blazkowicz hat sich von den Strapazen erholt und holt mit seiner treuen Truppe zum Gegenschlag aus.

Amerika wurde von den Nazis erobert.

Eine Gesellschaft voller Faschisten
Die Macher haben sich bei dieser Fortsetzung richtig ausgetobt. Bei der abstrusen Story dürfte jeder Geschichtslehrer Stirnfalten bekommen. Mensch-Maschine-Kreationen, gewaltige Nazi-Roboter und abgefahrene Storywendungen begleiten den Spieler oder die Spielerin auf dem Weg durch eine beklemmende Gesellschaft voller Faschisten.

Das Spiel ist alles andere als zimperlich. Menschen explodieren, Körperteile fliegen durch die Luft und Regime-Gegner werden gefoltert. Das digitale Blut spritzt literweise. Empfindliche Gemüter wenden schnell den Blick ab. Abseits dieser kruden Gewaltbilder ist das neue «Wolfenstein» aber ein grosses Stück Trash-Unterhaltung. Das Videospiel nimmt sich überhaupt nicht ernst und bietet genau das, was man von einem solchen Serien-Teil auch erwartet.

In der zensierten Version gibt es keine Hakenkreuze zu sehen.

Ist das überhaupt erlaubt?
Ein Videospiel voller Nazis. Ist das überhaupt erlaubt? Ja und Nein: In Deutschland ist es verboten in Videospielen Hakenkreuze und andere nationalsozialistische Symbole zu präsentieren. In Filmen ist dies jedoch kein Problem, da darf alles gezeigt werden. Der Grund dafür ist ein alter Gesetzesartikel in Deutschland, der Videospiele nicht auf dieselbe Stufe stellt wie Spielfilme. Auch der Begriff "Nazi" darf nicht verwendet werden. Stattdessen spricht man im Spiel vom Regime. Somit wurde die deutsche Verkaufsversion, die auch bei uns im Handel ist, zensiert, während es in der Originalversion, die man bei uns problemlos online bestellen kann, von Hakenkreuzen und nationalsozialistischen Symbolen nur so wimmelt.

Über den Geschmack der erzählten Geschichte darf man sich durchaus streiten. Eine alternative Geschichtserzählung, in der die Nazis den Krieg gewinnen, ist aber keine Seltenheit. In der Populärkultur existieren viele solcher Fantasien. Es gibt Filme, Serien, Comics und Bücher, die sich diesem Thema schon lange angenommen haben. Die Geschichten sind sich alle aber in einem Merkmal einig: Die Nazis werden nicht verherrlicht, sondern meistens als dumme, schusselige Bande dargestellt, die nur durch Zufall und viel, viel Glück an die Weltmacht kamen und sie auch schnell wieder verlieren.

Momente für die Ewigkeit
Fazit: Wo «Wolfenstein» draufsteht, ist auch «Wolfenstein» drin. Wer einen politisch korrekten Actiontitel erwartet hat, muss sich nach einer Alternative umsehen. Über die abstruse Geschichte kann man sich stundenlang streiten. Ob man dieses dunkle Kapitel der Menschheitsgeschichte als Ausgangslage für ein Unterhaltungsprodukt verwenden darf, muss jeder und jede selber entscheiden. Doch jenseits dieser Thematik ist «Wolfenstein 2: The New Colossus» ein actiongeladenes, stringentes Spiel, das nicht nur mit virtuellem Krawall auf sich Aufmerksam macht. Die Charaktere bekommen mehr Tiefe als in den Vorgängern, berühren sogar und es gibt wahrlich Momente, die Videospielgeschichte schreiben. Sofern man sich darauf einlässt.

«Wolfenstein 2: The New Colossus» ist erhältlich für Playstation 4, Xbox One und PC. Freigegeben ab 18 Jahren.

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