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Alt und Jung

Ist man erst alt, 
wenn man alt ist?

Alt und Jung, so der Übertitel dieser Kolumne. Seit bald einem Jahr schreiben wir nun zu viert Geschichten, die in dieser Kiste Platz haben.

Bild: Hanspeter Brunner

Hanspeter Brunner

Das Finden von interessanten Geschichten und Gedanken bereitet mir in der Regel keine grosse Mühe. Viele Gegebenheiten aus unserem Alltag drehen sich um diese Materie. Es bedarf eigentlich nur des Wortes «früher» und schon ist der Bezug zum Thema gegeben.

Manchmal jedoch mache ich mir darüber Gedanken: Wann ist man alt? Als einer, der erst vor anderthalb Jahren in den Genuss der monatlichen staatlichen Zustüpfe kam, fühle ich mich eigentlich noch jung. Relativ jung. Ich befasse mich sehr stark mit Computern, programmiere für etliche Personen und Institutionen, obwohl dies nie mein Beruf war. Mein Gehirn ist also noch intakt. Sicher mache ich mir zwischendurch mal Notizen, weil ich nicht alles im Kopf behalten kann. Aber logisches Denken, der Umgang mit Zahlen und das Lösen kniffliger Aufgaben liebe ich.

Unsere Herbstferien verbringen wir nach wie vor im Engadin beim Wandern. Nicht dass das Ausland nicht schön und nicht interessant wäre, aber in der Heimat hat es mir schon früher (das wäre nun das Bezugswort) immer gut gefallen. Vielleicht sind es jetzt statt der fünf- oder sechsstündigen Wanderungen nur noch vierstündige. Aber ist man deswegen schon alt? Die Zeit in den Bergen, in der Natur, die Blumenpracht als Meer oder im Detail, das Röhren der Hirsche oder das Plätschern des Bergbaches faszinieren mich seit jeher. Es hat sich also nicht geändert.

Von Berufes wegen war mir das aktive Mitmachen in Vereinen fast nicht möglich. Heute beteilige ich mich aktiv im Turnverein. Zwar «nur» in der Seniorenriege, aber ich mache etwas für meinen Körper, was ich während Jahren nicht tat oder tun konnte. Aus dieser Sicht betrachtet, unternehme ich mehr als in jungen Jahren. Sogar in der dritten Halbzeit mag ich noch tapfer mitstemmen.

Seit der Geschäftsaufgabe engagiere ich mich stark und gerne in unserem kantonalen Berufsverband. Schliesslich fühle ich mich noch jung und schätze den Kontakt zu vielen früheren Berufskollegen. Ausserdem habe ich mein Wissen immer gerne weitergegeben und die für den Job nötige Weiterbildung hält den Geist wach und fit. Nun sagte mir mein Vorgesetzter, der in zwei Jahren pensioniert wird, er merke nun doch, dass er älter werde. Früher hätte er mit dem Velo problemlos 90 bis 100 km im Tag geschafft, mehrtägige Touren mit Freuden unternommen und auch Steigungen seien für ihn kein Müssen gewesen. Jetzt habe er zum Teil schon Mühe mit 60, 70 Kilometern und überlege sich zweimal, ob er um den Berg statt über den Pass fahren soll.

Da wir an diesem Treffen etliche anstehenden Änderungen bereinigen konnten, pedalte ich zufrieden heim. Im geistigen Rucksack wieder einige Aufgaben, die es nun umzusetzen gilt, um sich nachher mit frischem Elan den neuen Herausforderungen zu stellen.

Doch zuerst freue ich mich nun auf unsere Sommerferien. Mit Schiff und Velo den Flüssen Main, Mosel und Rhein folgend werden wir von Würzburg nach Trier fahren. Routen dem Wasser entlang pedalen, historische Städte besichtigen, in den Weinbergen dringend nötige Qualitätskontrollen vornehmen und sich auf dem Schiff kulinarisch verwöhnen lassen. Ein Programm, das schöner nicht sein könnte. Wir haben die Variante mit dem E-Bike gebucht. Schliesslich sind wir ja nun etwas älter. Und man gönnt sich ja sonst nichts.

Info: Hanspeter Brunner ist Vorstandsmitglied des Aarberger Vereins Aarsenior, engagiert sich unter anderem bei Gastro Bern sowie in der Seniorenriege Aarberg.

kontext@bielertagblatt.ch

 

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