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Yukon

Lichtblicke in dunklen Covid-Zeiten

Das Eis schmilzt weiter, Lebensräume vieler Tiere schwinden. Doch es gibt auch Positives: 2020 haben mehr Tierheimhunde 
denn je ein neues Zuhause gefunden. Und bis im April sollen 75 Prozent der Erwachsenen im Yukon gegen Covid-19 geimpft sein.

Lichtblicke in Covid-Zeiten: Schäne Abenswtimmungen und gute Zeiten für Tierheim-Hunde. Bild: Elfie Lenzin

Christine Mäder

Vor Wochenfrist war es bei uns im hohen Norden wärmer als in der Schweiz, wo doppelstellige Minuszahlen im Unterland als Ausnahmeerscheinung gelten. Und bis anhin sind wir in diesem Winter von den sonst üblichen Kälteeinbrüchen von minus 40 Grad oder noch schlimmer verschont geblieben. Aber man soll den Tag ja bekanntlich nicht vor dem Abend loben; in den nächsten zwei Monaten kann sich wettermässig noch 
einiges tun.

 

Sensationell: Kernbeisser im Yukon

2020 war in allen Belangen ein unrühmliches Jahr und geht nun als das zweitwärmste nach 2016 in die Annalen der Welt ein. Die Arktis und damit auch der Norden 
Kanadas erwärmen sich dreimal so schnell wie der globale Durchschnitt. Das Eis wird immer dünner, und den Eisbären schwimmen buchstäblich die Eisschollen davon. Der Dauerfrostboden taut auf, Seen verlanden, und Tiere wie die Karibus haben weniger Lebensraum. Pumas in unseren Breitengraden? Bis vor wenigen Jahren völlig undenkbar, doch inzwischen werden diese 
gefährlichen Raubkatzen auch schon mal im südlichen Teil des Yukons gesichtet.

Eine Sensation für Hobbyornithologen ist gegenwärtig der seit Mitte Dezember in der rund 160 Kilometer südwestlich von Whitehorse gelegenen Gemeinde Haines Junction zu sichtende eurasische Kernbeisser, offenbar der erste seiner Art hier in Kanada. 
Dieser Vogel überwintert normalerweise 
in Japan und ist hiermit Tausende von Kilometern ausserhalb seines üblichen Lebensraums.

 

Ein politisches Pulverfass

Politisches Unwetter herrscht, milde ausgedrückt, derzeit in unserem südlichen Nachbarland. Die Ereignisse vom 6. Januar erschreckten und rüttelten auf, aber leider verschaffen sich auch in Kanada vermehrt rechtsradikale Stimmen Gehör. Glücklicherweise nicht in dem Ausmass wie in 
den USA. Der politische Unmut, gepaart mit der durch das Coronavirus bedingten Beschneidung der persönlichen Freiheiten und den konstanten Fehlinformationen auf Social Media, ist ein Pulverfass. Da braucht es bloss einige Holzköpfe wie die Trumps und ihre Spiessgenossen, um das Feuer zu entfachen.

Die im Vergleich zu den Amerikanern als höflich geltenden Kanadier sind gegenwärtig auch nicht glücklich mit ihrer Regierung, sei das nun auf Staats- oder Provinzebene. Stein des Anstosses ist die schleppende Abwicklung der Impfung gegen Covid-19. Unser Premierminister Justin Trudeau war offensichtlich allzu optimistisch, als er uns versprach, der Ablauf des Impfprogramms sei mit militärischer Präzision geplant und jede Provinz erhalte regelmässig Nachschub der beiden bis anhin zugelassenen Seren. Doch überall gab und gibt es Verzögerungen, während die Zahl von Covid-19-Positiven in den dichter besiedelten Provinzen Kanadas erschreckend rasch ansteigt. Nicht zuletzt weil gerade in den am stärksten betroffenen Gegenden eine Anzahl von Unverbesserlichen laufend gegen Maskenpflicht und Lockdowns protestiert.

Hier im Yukon sind wir glücklicherweise mit bisher insgesamt 70 Fällen von einem grösseren Coronavirus-Ausbruch verschont geblieben, und die Stimmen, die unsere vergleichsweise sanften Beschränkungen negativ beurteilen, bleiben eine Minderzahl. Obwohl es natürlich auch bei uns eingeschworene Impfgegner gibt.

 

«Ärmel hoch, Yukon»

Da die drei Territorien im Norden des Landes nicht über die nötige Infrastruktur verfügen, um die Ampullen von Pfizer bei mindestens minus 70 Grad kalt zu halten, werden wir mit dem einfacher zu lagernden Moderna-Impfstoff versorgt. Die ersten 7200 Dosen trafen am 28. Dezember in Whitehorse ein, doch geimpft wurde erst 
ab dem darauffolgenden Montag. Weshalb sich das eine ganze Woche verzögerte, wurde mit Personalengpässen über den Jahreswechsel begründet. Was bei einem Grossteil der Bevölkerung auf Unverständnis stiess. Bis 15. Januar waren erst 1184 von den rund 34 110 erwachsenen Yukonern geimpft. Der Werbespruch «Ärmel hoch, 
Yukon» verspricht mehr als er – zumindest gegenwärtig – halten kann.

Priorität haben Senioren in Alters- und Pflegeheimen, Spital- und anderes Pflegepersonal, dann alle über 70-Jährigen, gefolgt von gefährdeten Randgruppen, die oft auf engem Raum leben, und Gefängnisinsassen. Mobile Impfteams reisen gegenwärtig in alle kleineren Gemeinden des Yukons. Ab Februar ist in Whitehorse dann auch meine Altersgruppe an der Reihe. So rasch wie möglich werde ich mir die Nadel setzen lassen, denn die Impfung gibt ein zusätzliches Gefühl von Sicherheit – auch wenn sich vorderhand sonst nichts an unserem Alltag ändern wird. Maskenobligatorium und «eine Karibulänge» Abstand halten, bleiben uns noch länger erhalten.

Ziel unserer Territorialregierung ist, bis April 70 bis 75 Prozent der über 18-jährigen Yukoner zu impfen, um Herdenimmunität zu erzielen. Wenn dies tatsächlich gelingt, werden wir zum Aushängeschild der Nation.

 

Auf den Hund gekommen

Die Pandemie hat uns unendlich viel Negatives beschert, aber einen positiven Aspekt gab es: Wie in anderen Ländern ist auch bei uns 2020 die Nachfrage nach Vierbeinern aus Tierheimen gestiegen. Katzen und vor allem Hunde sind ein wirksames Medikament gegen Einsamkeit in der durch Covid-19 verordneten Isolation. Pelzige Freunde zum Knuddeln und willige Begleiter auf Spaziergängen und Wanderungen. Leute, die durch das Coronavirus ihren Job zeitweilig verloren haben oder Homeoffice machen müssen, finden nun mehr freie Zeit, die sie mit einem Tier verbringen können.

Das vor allen in unseren kleineren Gemeinden tätige Yukon Animal Rescue Network (YARN) kann sich derzeit vor Anfragen kaum retten und hat weitaus mehr Interessenten als vermittelbare Tiere. Rund 150 Welpen und eine stattliche Anzahl erwachsene Hunde konnten 2020 platziert werden.

Das gleiche Szenario stellen die Betreiber des Mae Bachur Tierheims in Whitehorse, ebenfalls eine auf Spenden angewiesene gemeinnützige Organisation, fest. Im letzten Jahr wurden dort weniger Tiere abgegeben, dafür stieg die Nachfrage und die Vierbeiner mussten weniger Zeit im Tierheim verbringen. Wie bei YARN werden im Mae Bachur adoptionswillige Personen, die mindestens 21 Jahre alt sind, auf Herz und Nieren geprüft, um sicher zu gehen, dass die Tiere nicht vernachlässigt oder gar ausgesetzt werden, wenn die Leute dann wieder ins Büro arbeiten gehen. Im Online-Fragebogen muss unter anderem beantwortet werden, wie viel Auslauf man dem Hund geben werde, ob man Hundeschulung in Betracht ziehe, wie viel Geld man pro Jahr für das Tier auszugeben bereit sei und ob man zustimme, dass jemand vom Tierheim einen Hausbesuch mache. Zudem müssen zwei persönliche Referenzen angegeben werden, die dann auch prompt angerufen werden. Ganz billig ist eine Hundeadoption auch nicht: Geimpft, entwurmt, kastriert und mit einem Mikrochip versehen kostet ein Welpe minimum 400 kanadische Dollars. Ältere Hunde sind etwas günstiger. Doch die Freude, die ein vierbeiniger 
 Mitbewohner seinen Menschen tagtäglich bereitet, ist unbezahlbar!

 

 

Info: Christine Mäder, in Biel geboren und aufgewachsen, war von 1977 bis 1993 Journalistin und Redaktorin beim «Bieler Tagblatt». 1996 wanderte sie in den spärlich besiedelten 
Yukon aus, wo sie heute in Whitehorse als
Administrative Assistentin in der Finanzabteilung von Parks Canada tätig ist.

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