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Neue Erkenntnisse: Technik ersetzt keinen sozialen Austausch

Sabine Kronenberg. Bild: bt/a

«Habe dich eingeladen.» - «Bei mir heist es 'Der Moderator hat ein anderes Meeting im Gange'.» - «Ok, ich versuche es nochmals.» - «Also, ich verlasse nochmals und versuche es neu.»

...

«Warten auf Host, um dieses Meeting zu starten.» – «Ah, die liebe Technik.» – «Bitte mit Meeting-ID probieren, kam gerade per Mail.» – «Mit dem gleichen Zugangscode?» – «Ja.» – «Falscher Zugangscode meldet es.» – «Ok, versuche, ein neues Meeting zu starten.» – «Alles klar.»

...

«Neuer Link ist verschickt.» – «Bin drin. Lass mich rein (Smiley).» – «Ah jetzt heisst es bei mir auch ‹wurde vom Host gesperrt›.» – «Mache ein Neues.» – «(Daumen hoch)»

...

«Klappts?»

 

Ja, es hat dann noch geklappt. Seufzzz. So war das im Coronajahr 2020. Online-Team-Meetings waren vorher höchstens mal der Notnagel – wenn die Teammitglieder über alle Kontinente verstreut waren und es nicht anders ging. Von heute auf morgen war das plötzlich beruflicher Alltag. Und für manche Meetings war diese neue Form eine echte Chance.

Es sagten nur die Teilnehmenden etwas, die auch etwas zu sagen hatten. Ich erlebte die eine oder andere Sitzung, die live zum Delirium neigt, online viel zielführender. Seither haben Wissenschaftler, Medienschaffende und 
Evaluationsfreunde und -freundinnen dieses Online-Sitzungsverhalten reflektiert und viele kamen zum Schluss: Eine Online-Sitzung ersetzt sozialen Austausch nicht.

Natürlich nicht! Wer erwartet das denn auch? Man kann sich durch Traktanden ackern, aber sicher nicht design-thinking-mässige-super-kreative Pin-up-Veranstaltungen durchführen. Da muss man sich schon sehen, damit man da gemeinsam am Papier werkeln kann. Und sich auch zwischen den Zeilen verständigen. Nicht, um ein grosses Komplott anzuzetteln. Nein, zwischen den Zeilen werden manchmal Assoziationen angeregt, die bei einem gezoomten Vortrag nicht geweckt werden. Im Gegenteil: Je nach Geflimmer des Bildschirms wird man in eine 
komatöse Schläfrigkeit versetzt.

Kreatives Denken wird vielleicht höchstens mal möglich, wenn, die Partnerin oder der Partner des Sitzungsteilnehmenden im Hintergrund in einem grünen Dinosaurierkostüm durchs Bild läuft. Aber das kann man ja von niemandem planmässig erwarten.

 

Info: Sabine Kronenberg ist Historikerin und 
Ausbildnerin. Sie lebt mit ihrer Familie in Biel.

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