Sie sind hier

Abo

Schönried

«Wir sind bekannt dafür, unsere Gäste zu schützen»

Sie kennt viele Prominente und Reiche persönlich. Doch nie würde sie zu viel über sie verraten. Die 77-jährige Marianne Lupi hat jahrzehntelang als Touristenführerin und Skilehrerin gearbeitet. Ihre Karriere begann im Hotel Ermitage in Schönried.

Sich fühlen wie Gott in Frankreich: Zum Fünfsternhotel Ermitage gehören auch zwei Aussenpools. Bild: zvg

Deborah Balmer

Marianne Lupi, als Sie in den 70er-Jahren anfingen als Tourenguide zu arbeiten, hiess dieser Beruf doch bestimmt noch anders.
Marianne Lupi: Damals nannte ich mich Animatorin. Der Begriff war aber eigentlich nicht ganz richtig, ich war eher eine Unterhalterin. Begonnen habe ich 1973 im Hotel Ermitage. Zweimal in der Woche gab es damals einen Unterhaltungsabend, an dem ich mit den Gästen zum Beispiel gejasst habe. Am Tag war ich oft mit den Gästen unterwegs. Ich hatte damals einen Bus mit sieben Plätzen, die immer alle sehr begehrt waren. Mein Leben war sehr interessant, eigentlich hätte ich ein Tagebuch führen sollen. Letzthin habe ich beim Aufräumen eine Kiste mit Briefen und Korrespondenz von unterschiedlichsten Leuten gefunden.
 
Die Menschen wollten sich bei Ihnen bedanken, weil sie schöne Erinnerungen an ihre Ferien hatten? 
Sie schrieben mir Briefe via Hotel. Es sind in all den Jahren wunderbare Freundschaften entstanden. Früher kamen die Gäste jedes Jahr zurück, um in der gleichen Gegend Ferien zu machen. Heute kommen viele spontan übers Wochenende ins Saanenland.
 
Woher kamen die Touristen damals?
Angefangen hat alles mit den Amerikanern, die in den 50er-Jahren aus Deutschland in die Gegend kamen. Mein erstes englisches Wort war Chewing Gum. Später kamen die Griechen – schon immer hier waren die Franzosen. Das Saanenleben begann aber eigentlich mit der Privatschule Le Rosey, durch die die Reichen die Region kennenlernten, in der ihre Kinder zur Schule gingen. Heute gibt es verschiedene Fünfsterne-Hotels in Gstaad und Umgebung. Eines davon ist das «Ermitage», das schon immer ein gemütliches Chalet-Hotel war, in dem man sich im Zimmer fast wie zuhause fühlt. An der Rezeption arbeiten stets Angestellte, die ihre Gäste und deren «Mödeli» kannten. Das war noch vor dem Computerzeitalter, keiner konnte im Vorfeld eintippen, welche Allergien er hat und ob er noch einen Hund mitbringt oder nicht. All diese Details wussten damals die Hotelangestellten.

Was haben die Gäste an Ihnen geschätzt?
Ich denke, meinen Charakter. Ich war immer sehr direkt. Wenn mir etwas nicht passte, sagte ich das auch. So sagte ich den Gästen beispielsweise, wenn eine Piste zu schwer ist für sie.
 
Verraten Sie uns einen der Namen einer Ihrer vielen prominenten Gäste?
Wir sind hier im Saanenland dafür bekannt, dass wir die Leute schätzen und schützen. Als sich damals die Sache mit Roman Polanski zugetragen hat, war ich als Guide mit einer Gruppe unterwegs. Mehrere Paparazzi haben auf mich eingeredet und wollten wissen, wo Polanskis Chalet steht. «Wer ist das?», fragte ich zurück. Und ergänzte: «Wenn Sie intelligent sind, schauen sie einfach, wo die anderen Leute hinlaufen und gehen in die gleiche Richtung.» Die gleichen Paparazzi fragten später auch eine Gstaader Bäuerin nach dem Weg zu Polanskis Chalet. Auch sie erwiderte: «Das sage ich ihnen sicher nicht.»
 
Gibt es weitere Episoden?
Einmal waren wir mit einer erwachsenen Person und deren Kindern auf der Piste, als mir ein Mann auffiel, der stets in unserer Nähe fuhr und dabei Zigarre rauchte. Als wir beim Mittagessen sassen, wurde dann klar: Das ist einer von mehreren Bodyguards, die auf unsere Gruppe aufpasste. Sehr oft war es unklar, wer noch mit der Gruppe mitfährt. Ein anderes Mal haben reiche Gäste meinen Sohn an eine Kinderparty mitgenommen. Er wurde vor Ort eingekleidet und dann abends um 22 Uhr vom Taxi plus Bodyguard wieder heimgebracht.
 
Sie sagen sicher auch nicht, aus welchem Umfeld diese Leute kamen?
Nein. Es gibt Familien, mit denen ich über 20 Jahre lang Ski gefahren bin. Von Anfang an haben wir uns geduzt. So hat beim Mittagessen im Restaurant keiner gemerkt, dass ich mit berühmten Personen unterwegs bin. Diese Diskretion gehörte immer dazu. In der Nebensaison fuhr ich aber auch mit ganz gewöhnlichen Leuten, Skifahrern aus Basel oder Zürich. Für viele Kinder war ich zudem eine Art Ersatzmutter, weil ich mir bei ganz schlechtem Wetter die Freiheit nahm, mit den Kleinen zu mir nach Hause zu gehen.
 
Haben Sie auch negative Erfahrungen gemacht?
Ich erinnere mich an eine Schweizer Familie, bei der der Vater bestimmte, wo wir Skifahren gehen, obwohl das Gebiet viel zu schwer war für seine Kinder. Kaum dort, fuhr er einfach weg und liess mich mit den Kindern alleine. Er schimpfte später und fragte, wieso ich als Skilehrerin mit seinem Nachwuchs nicht gefahren, sondern gelaufen sei. Geld habe ich von ihm nie gesehen. Ein anderes Mal war ich mit einem sehr bekannten Schönheitschirurgen unterwegs. Ausgerechnet da stürzte ich und verletzte mich. Am Abend kam er mit einem Blumenstrauss und speziellen Tropfen für die Heilung bei mir daheim vorbei. Mein Mann staunte nicht schlecht.
 
Wohin führen Sie die Touristen heute?
Ich mache die Gstaader- oder die Saanen-Tour. In Gstaad zeige ich die Promenade mit den Geschäften und Boutiquen. Viele Besucherinnen und Besucher wollen nicht in Paris oder New York einkaufen, sondern hier. Ich erzähle etwas über die Geschichte von Gstaad und informiere über die Hotels und die Tea Rooms. Etwa das «Charly’s», das für die heisse Schoggi bekannt ist. Es geht auf einen amerikanischen Touristen zurück, der fragte, weshalb man hier nur Tee und nicht heisse Schoggi serviere.

Wer verbringt denn heute Ferien in der Region?
Die meisten Chalets, die neu gebaut wurden, beinhalten einen Partyraum, einen Swimmingpool und unterirdische Garagen. Die Leute haben Privatköche und sind oft in den Chalets unter sich. Trotzdem wird natürlich lokal eingekauft. Manchmal musste ich frische Milch vom Bauernhof zu einem Chalet liefern. 

Marianne Lupi, Skilehrerin im Saanenland

Info: Diese Reise wurde ermöglicht durch das Hotel Ermitage in Schönried.
Link: www.ermitage.ch

**************************************************
Wellness-Wochenende im «Ermitage»: Vom Chauffeur abgeholt
Vom Bahnhof in Schönried bis zum Fünfsternhotel Ermitage sind es nur ein paar hundert Meter. Trotzdem steht der Chauffeur bei der Ankunft bereit, um seine Gäste abzuholen. Das gehört hier zum Gesamtpaket dazu. Genauso wie die Freundlichkeit des Personals, die sofort auffällt. «Sind Sie gut gereist? Haben Sie noch eine Frage zum Start?» Die Mitarbeiter im Hotel Ermitage wollen einem wirklich jeden Wunsch erfüllen. Auf der hoteleigenen Website wird sogar damit geworben:Die Gastfreundschaft sei so, wie man es aus der «guten alten Zeit» kenne. Dem können wir nicht widersprechen. Nicht Nein sagen wir aber auch zum offerierten Glas Apfelschaumwein, das uns angeboten wird, während unsere Koffer in die Zimmer gebracht werden.

In der Hotellobby, dem Herz des Hotels, finden sich ausladende Sessel, im Hintergrund läuft leise Musik, der Blick fällt durch das Panoramafenster auf die Berner Oberländer Bergwelt. Generell ist das «Ermitage» bekannt für Gemütlichkeit, gemischt mit Luxus. Das scheint bei den Gästen anzukommen:Das Hotel im Chalet-Stil mit seinen grossen Zimmern ist an diesem Wochenende praktisch ausgebucht.

Auf mehr als 3500 Quadratmeter finden die Gäste die Möglichkeit, sich im Wellness- und Spa-Bereich zu entspannen. Es ist noch nicht lange her, seit dieser Bereich komplett erneuert und erweitert wurde. Das gilt auch für das Solbad und dem gewärmten Aussenbecken, in dem man seine Runden drehen kann. Noch vor dem Frühstück kurz ins warme Solbad eintauchen: Einfach herrlich.

Den meisten Gästen sieht man im Fünfsternhotel an, dass sie Geld haben. Sie tragen teure Uhren, elegante Kleidung. Doch es scheint auch eine Art Trainerhosen-Chic zu geben, bei dem die Gutbetuchten den Eindruck erwecken, als wären sie auf dem Weg in die nächste Muckibude. Interessant ist das allemal.

Beliebt ist das «Ermitage» bei Gästen aus der Westschweiz und Frankreich, wie wir erfahren. Auch aus Russland und den Staaten kommen die Touristen gerne hierher. Neben der topmodernen Wellness-Anlage finden sie einen hoteleigenen Fitnessraum, einen Hotel-Coiffeur, eine Kaminhalle und den Rauchsalon Davidoff, einen Hotelkiosk und die Swarovskibar. Sogar ein Kino gibt es im Haus. Am Morgen sind jeweils die Aktivitäten des Tages auf einer Tafel ausgeschrieben. Sei es Yoga oder eine Kutschenfahrt in Lauenen: Für jeden hat es etwas dabei. 

Rund um die Uhr kann man sich kulinarisch verwöhnen lassen. Sieben unterschiedliche Stuben gibt es dafür, sie tragen Namen wie «Chuchichäschtli» und «Füürgruebe». Zwischen zwei Mahlzeiten lasse ich mich von einer freundlichen Dänin massieren, die alles andere als zimperlich ist. «Wenn jemand jammert, greife ich umso fester zu. Schliesslich habe ich Wikingerblut», sagt sie mit einem Augenzwinkern.

Der junge Hoteldirektor verspricht übrigens, dass es in seinem Hotel auch günstige Arrangements gibt. Sicher ist:Nach nur zwei Tagen im «Ermitage» fühlt man sich tiefenentspannt. Ein Schneespaziergang von Schönried ins fünf Kilometer entfernte Gstaad rundet das Wochenende ab. Zurück geht es dann mit der Bahn durchs Simmental. Beim kurzen Stopp am Bahnhof Schönried kommen wir nochmals kurz in Kontakt mit dem Chauffeur, der uns das Gepäck in den Zug hineinreicht. Auch das gehört zum Service des Hotels. Deborah Balmer
 

Nachrichten zu Fokus »