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Stadt Bern

Autofreier Bahnhofplatz 
ist so umstritten wie 2009

Der Berner Bahnhofplatz soll autofrei werden – oder doch nicht? Das Thema polarisiert
– und das seit Jahren.

Die Volksinitiative aus rot-grünen Kreisen wurde vor zehn Jahren knapp abgelehnt. Bild: Franziska Rothenbuehler

Die Möglichkeit eines autofreien Bahnhofplatzes entzweit die Bernerinnen und Berner nach wie vor. Befürworter sehen darin eine Chance, den Stadtraum aufzuwerten, Gegner befürchten, dass die Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem motorisierten Verkehr nicht mehr gewährleistet wäre. Dies ist das Ergebnis eines Mitwirkungsverfahrens, welches die Stadt Bern durchgeführt hat.

Im Rahmen der Mitwirkung zu Verkehrsmassnahmen, die das Ausbauprojekt des Bahnhofs Bern begleiten, hat die Stadt Bern gleich die Haltung der Bevölkerung zu einem autofreien Bahnhofplatz erfragt. Diese Prüfung eines autofreien Bahnhofplatzes ist ein separater Auftrag des Stadtparlaments und erfolgt in einem eigenständigen Projekt.

Die Gegner kritisieren, dass die Stadt diese Idee trotz der Ablehnung einer Vorlage durch das Volk im Jahr 2009 weiterverfolgt. Zu den Gegnern gehören vorab SVP und FDP sowie die Auto- und Wirtschaftsverbände.

Die Befürworter – angeführt von der SP und den Grünen – sehen einen wesentlichen Vorteil insbesondere für den Fuss- und Veloverkehr, wie der Stadtberner Gemeinderat gestern mitteilte.

Gemeinden wollen mitreden

Schon 2009 wurden im Abstimmungskampf von Gegnern und Befürwortern ähnliche Argumente vorgetragen wie heute. Die Volksinitiative aus rot-grünen Kreisen wurde vor zehn Jahren mit 18 538 zu 17 812 Stimmen knapp abgelehnt.

Das Projekt autofreier Bahnhofplatz hat zudem zu Spannungen zwischen den meist bürgerlich dominierten Agglomerationsgemeinden und der rot-grünen Stadt Bern geführt. Berns Nachbargemeinden pochen im Rahmen der Regionalkonferenz auf ein Mitspracherecht. Sie argumentieren, dass die Achse über den Bahnhofplatz im kantonalen Richtplan vorgesehen sei und dass die Stadt diese nicht in eigener Kompetenz schliessen könne. Die zuständige Kommission in der Regionalkonferenz will nun in «zwei bis drei Jahren» eine Studie dazu in Auftrag geben. Ein Zeitplan, der für die Stadtbehörden zu langsam ist.

Im Rahmen des Gesamtprojekts Zukunft Bahnhof Bern baut die SBB bis 2027 zwei neue Bahnhofzugänge: Bubenberg und Länggasse. Diese werden zu einer starken Zunahme der Passantenströme insbesondere im Bereich Bubenbergplatz führen. Als Folge davon muss die Stadt Bern den Verkehr im Bahnhofumfeld neu organisieren und eine unterirdische Personenpassage zum Hirschengraben realisieren. Die öffentliche Mitwirkung habe gezeigt, dass diese Massnahmen grundsätzlich breit akzeptiert werden, teilte der Stadtberner Gemeinderat mit.

Die unterirdische Velostation im Hirschengraben, die in der Mitwirkung als Option präsentiert wurde, wird von der Mehrheit der Mitwirkenden begrüsst, sofern kein alternativer Standort gefunden wird und gute Lösungen hinsichtlich des Schutzes der archäologischen Überreste möglich sind. Wer gegen die Velostation ist, verweist auf die hohen Kosten, das delikate archäologische Umfeld und das bereits bestehende Veloangebot.

Der Baustart für die Verkehrsmassnahmen ist für spätestens 2023 geplant, damit sie vor der Inbetriebnahme der Anlageteile von SBB und Regionalverkehr Bern-Solothurn umgesetzt werden.

Das Volk wird sich daher im nächsten Jahr zum Ausführungskredit äussern können. Aufgrund des Bearbeitungsstands und von noch nicht bereinigten Differenzen mit dem Bundesamt für Kultur beziehungsweise der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege ist vorgesehen, für die Velostation später ein separates Bewilligungsverfahren durchzuführen. Ziel ist, dass die Volksabstimmung zum Ausführungskredit der Velostation 2023 stattfinden kann.

Verkehr halbieren

Die geplante neue unterirdische Passage erfordert eine Neugestaltung des gesamten Hirschen grabens. Zudem muss das Denkmal von Adrian von Bubenberg in die Mitte des Platzes versetzt werden.

Damit das Verkehrssystem im Bereich Bubenbergplatz und im weiteren Bahnhofumfeld funktionsfähig bleibt, muss der motorisierte Individualverkehr auf dem Bahnhof- und Bubenbergplatz mehr als halbiert werden.

Der Verkehr im Bahnhofumfeld wird zudem teilweise neu gelenkt und dosiert, das Länggassquartier soll mit verschiedenen Massnahmen vor Mehrverkehr geschützt werden. Schliesslich wird der gesamte öffentliche Raum im Bahnhofumfeld barrierefrei ausgestaltet. sda/sny

Stichwörter: Bern, Bahnhof, Verkehr, Autos

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