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Pandemie 

Bern schickt Schulkinder früher in die Weihnachtsferien

Die Covidsituation verschlechtert sich zunehmend. Nun reagiert der Kanton Bern – und schliesst die Schulen drei Tage früher. Ob das reicht, ist fraglich.

Symbolbild: Keystone

Carlo Senn und Quentin Schlapbach

Der letzte Schultag der Volksschulen in diesem Jahr ist Dienstag, der 21. Dezember. Die Berner Bildungsdirektion informierte die Schulleiterinnen und Schulleiter gestern Nachmittag per Mail, dass die Weihnachtsferien um drei Tage nach vorne verlegt werden.

Die Berner Behörden reagieren damit auf die besorgniserregende Covid-Situation an den Schulen. Alleine während der letzten drei Wochen steckte sich im Kanton Bern jede zwanzigste Person zwischen 10 und 19 Jahren mit dem Coronavirus an.

Mehrere Schulleitende, Lehrpersonen und Eltern berichten davon, dass die Gesundheitsdirektion mit dem Ausbruchstesten kaum mehr nachkomme. Am Montag reagierte sie noch mit einem Noterlass, dass sie Schulklassen ab vier positiven Fällen wieder in Quarantäne schicken kann – auch um die Testkapazitäten zu schonen. Dies geschah beispielsweise Anfang Woche im Schulhaus Morillon in Wabern, wo nun Dutzende Kinder bis Ende Woche in den eigenen vier Wänden ausharren müssen, ohne weiter getestet zu werden.

 

Bern ist kein Einzelfall

Doch nicht nur im Kanton Bern ist die Situation angespannt. In der gesamten Schweiz sind die Fallzahlen bei den jüngsten Altersgruppen stark steigend. So lag die Wocheninzidenz (Fallzahlen per 100 000 Einwohner) bei den 0- bis 9-Jährigen schweizweit bei 950, bei den 10- bis 19-Jährigen sogar bei 1470.

Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Einerseits können sich Jüngere weniger schützen: Die Impfung ist derzeit erst ab 12 Jahren freigegeben. Die Impfquote in der Altersgruppe 10- bis 19-Jährige liegt auch nach wie vor bei unter 50 Prozent.

Kritikerinnen und Kritiker sehen die steigenden Fallzahlen an den Schulen andererseits auch als Folge von politischen Entscheiden. Noch während der Herbstferien setzten die Berner Behörden auf einen Lockerungskurs. Der Kanton Bern – und mit ihm auch die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren – reduzierte die Massnahmen an den Schulen auf das «unerlässliche Minimum». Klassenquarantänen gab es fortan nicht mehr, die Maskenpflicht wurde gelockert, Ausbruchtestungen wurden im Kanton Bern erst durchgeführt, wenn bereits drei Schülerinnen und Schüler infiziert waren.

Als die Fallzahlen dann aber bereits nach der ersten Schulwoche wieder anstiegen, musste der Kanton Bern die Lockerungen Schritt für Schritt rückgängig machen. Mittlerweile müssen wieder alle Kinder ab der fünften Klasse Masken tragen.

 

Reicht die Frist aus?

Mit der Vorverschiebung der Ferien erhoffen sich die Berner Behörden, dass sich die Virenherde nicht von den Schulzimmern an die Familienfeste verlagern. Ob eine Frist von drei Tagen dafür ausreicht, ist allerdings fraglich. Gemäss dem deutschen Robert-Koch-Institut dauert es im Schnitt knapp sechs Tage, bis das Coronavirus ausbricht.

Dänemark beschloss deshalb, dass der Präsenzunterricht bereits ab dem 15. Dezember eingestellt wird, um mehr Zeit zu gewinnen.

Stefan Wittwer, Co-Geschäftsführer vom Berufsverband Bildung Bern, begrüsst den Entscheid. «Wenn es epidemiologisch Sinn macht, unterstützen wir die Massnahme», sagt er. Die Massnahme ermögliche eine Art «kleiner Puffer» vor den Weihnachtsferien. Die Chance werde so grösser, getestet und mit einer gewissen Sicherheit die Familienfeste bestreiten zu können.

Eine Herausforderung ist die Betreuung der Kinder für die zusätzlichen drei Tage. Hier sieht Wittwer aber Lösungen: Weil es nur wenige Tage betreffe, werden sich viele Familien organisieren können. So werde die Anzahl zu betreuender Kinder wahrscheinlich «recht klein» sein. Es könne epidemiologisch nicht das Ziel sein, dass viele Kinder in klassengemischten Gruppen betreut würden.

Genau das befürchtet Mirjam Veglio, Grossrätin und Co-Präsidentin der SP Kanton Bern. «Sind die Zahlen so hoch, dass die Schule geschlossen werden muss, sollten die Kinder nicht parallel in Gruppen betreut werden», sagt Veglio. Kontakte müssten vermieden werden. Zudem bezweifelt Veglio, dass alles glatt läuft: «Diese Betreuung funktionierte im ersten Lockdown schon nicht.»

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