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Waldau

Ein neuer UPD-Chef aus der Pharmabranche

Der Regierungsrat beendet die Interimslösung in der Leitung der Universitären Psychiatrischen Dienste. Er setzt mit dem Betriebswirtschafter Stefan Aebi nach turbulenten Zeiten auf einen radikalen Neuanfang.

Stefan Aebi hat als neuer Chef der Universitären Psychiatrischen Dienste einige Herausforderungen zu meistern. Bild: Andreas Marbot
von Brigitte Walser

Diesmal lud die Gesundheitsdirektion nicht zur Medienkonferenz in die Universitären Psychiatrischen Dienste (UPD), sondern begnügte sich mit einer schriftlichen Mitteilung: Stefan Aebi ist der neue Vorsitzende der UPD-Geschäftsleitung. Der 53-jährige Betriebswirtschafter wird seine Stelle bereits im Juli antreten. Nach turbulenten Jahren in der Psychiatrie setzt der Regierungsrat mit dieser Wahl auf einen radikalen Neuanfang. Stefan Aebi stammt nicht aus den Kreisen der Psychiatrie, sondern war bisher in der Pharmabranche tätig. Er leitete den Roche-Standort Burgdorf, bis dieser Anfang 2013 geschlossen wurde. Aebi blieb danach weiter bei Roche tätig, um die noch anfallenden Arbeiten zu beenden. Er wohnt in Burgdorf, wo er gemäss Medienmitteilung auch die Matura machte, um anschliessend an der Hochschule St. Gallen zu studieren. «Durch meine Arbeit bei Roche habe ich Erfahrung im Bereich chronische Krankheiten, und ich habe eine Affinität zum Gesundheitswesen», sagte Aebi gestern zu seiner Motivation, Chef der UPD zu werden. Er habe Anfang Jahr die Stelle ausgeschrieben gesehen und sich beworben, weil er die Aufgabe faszinierend und spannend finde.

Auch wenn die Psychiatrie Neuland für Aebi ist, bringt er für Gesundheitsdirektor Philippe Perrenoud die nötigen Kompetenzen mit. Für die bevorstehenden Herausforderungen (siehe Text rechts) seien ausserdem Erfahrungen im Veränderungsmanagement nötig, welche Aebi mit seinen unternehmerischen Fähigkeiten mitbringe. So machte er unter rund 50 Kandidaturen und nach einem Assessment mit noch zwei Bewerbern schliesslich das Rennen.

Ende einer Zwischenlösung

Die Leitung der UPD hat bewegte Zeiten hinter sich. Anfang 2011 verkündete die Gesundheitsdirektion an einer Medienkonferenz das Ende einer Interimslösung. Regula Mader wurde als definitive Nachfolgerin von Karl Studer vorgestellt, der die UPD vorübergehend geleitet hatte. Doch Maders Zeit war nach zwei Jahren bereits vorbei. Ihr war der Versuch zum Verhängnis geworden, Psychiatrieprofessor Werner Strik zu entlassen. Sie stiess auf heftigen Widerstand, Strik hingegen auf grosse Unterstützung, und nach einer genauen Analyse stellte sich auch der Regierungsrat hinter Strik und sah von dessen Entlassung ab, weil es keine Gründe für eine solche gab. Mader und der Regierungsrat trennten sich darauf in gegenseitigem Einvernehmen. Die Geschichte lähmte die UPD über Monate hinweg. Für Stefan Aebi ist das abgeschlossen: «Die Vergangenheit der UPD kenne ich nur aus der Zeitung und kommentiere ich nicht.» Sein Antritt beendet eine weitere Zwischenlösung. Nach Mader übernahmen Nicoletta della Valle und Urs Mosimann den Vorsitz ad interim. Ende April gab der Bundesrat della Valles Wahl zur Direktorin des Bundesamts für Polizei bekannt, sie wechselt auf den 1. August. Mosimann bleibt in der Geschäftsleitung. Bei Maders Wahl hatten Kritiker von SP-Filz gesprochen, weil sowohl Gesundheitsdirektor Perrenoud als auch Mader der SP angehören. Auch hier hat Aebi, der ausserdem Verwaltungsratspräsident der Burgdorfer Gasthausbrauerei ist, keine Verflechtungen: «Ich bin nicht Mitglied der SP», sagte er auf Anfrage.

 


Die Herausforderung

Vor sieben Jahren hat der Grosse Rat die Auslagerung der Psychiatriebetriebe verlangt. Bis 2017 muss das Grossprojekt nun wirklich umgesetzt werden. Wichtige Punkte sind aber immer noch unklar.

Gut Ding will Weile haben, sagt man. Wenn das stimmt, sollte die Auslagerung der Psychiatriebetriebe des Kantons Bern bestens gelingen. 2007 hat der damalige Grosse Rat im Grundsatz beschlossen, die drei kantonalen Psychiatriebetriebe, die heute Teil der Gesundheitsund Fürsorgedirektion (GEF) sind, zu verselbstständigen und aus der Verwaltung auszulagern. Es geht dabei um die Universitären Psychiatrischen Dienste UPD, das Psychiatriezentrum Münsingen PZM und die Psychiatrischen Dienste Biel-Seeland-Berner Jura. Dem Grossen Rat schwebte vor, UPD und PZM zusammenzuschliessen. Darum herum könnten regionale psychiatrische Dienste entstehen, unter Einbezug der Regionalspitäler. Diese dienen als Vorbilder für die ganze Übung: Sie wurden 2007 verselbstständigt, blieben aber im Eigentum des Kantons.

Jahrelanges Stillschweigen

Der Regierungsrat hatte sich stets gegen die Auslagerung der Psychiatrie gewehrt. Nach 2007 geschah in der Sache jahrelang nichts Vernehmbares. Erst 2012 brachte die Regierung einen Bericht ins Parlament – mit dem Antrag, das Projekt abzublasen. Sie verwies auf hohe, einmalige Kosten, die drohen, wenn der Kanton die Liegenschaften auf die Psychiatriebetriebe überträgt. Das beeindruckte die bürgerliche Mehrheit nicht. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass man mit gutem Willen eine günstige Variante finden werde.

Parlament greift durch

2013 machte der Grosse Rat – spürbar ungeduldig – Nägel mit Köpfen: Entgegen den Plänen der Regierung schrieb er im neuen Spitalversorgungsgesetz fest, dass die Psychiatriebetriebe bis Ende 2016 in Aktiengesellschaften ausgelagert sein müssen. Das brachte Bewegung in die Sache.

Ausser Zeitpunkt und Rechtsform ist aber noch alles offen. Die GEF brachte bisher keine Vorlage ins Parlament, im September soll es nun so weit sein. Laut Grossrätin Barbara Mühlheim (GLP) wollte GEF-Direktor Philippe Perrenoud (SP) schon im März eine erste Kreditvorlage präsentieren, zog diese aber zurück, da Mühlheim einen kritischen Vorstoss eingereicht hatte. Das Parlament traut Perrenoud in dieser Sache nicht mehr ganz. Als er Mühlheims Vorstoss als erfüllt abschreiben wollte, lehnte dies selbst die SP ab.

Ein Grund für die geplante Auslagerung ist, dass demnächst auch in der Psychiatrie Fallpauschalen eingeführt werden sollen, was den Kostendruck erhöhen dürfte. Als AG sollen die Betriebe darauf besser und rascher reagieren können.

Die Dimensionen des Projekts sind imposant. Zusammen erreichen UPD und PZM einen Jahresumsatz von über 200 Millionen Franken und verfügen über gut 1400 Vollzeitstellen. fab

 

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