Sie sind hier

Abo

Jurafrage

Es ist noch nicht vorbei

Heute vor einem Jahr hat der Berner Jura Nein zum Kanton Jura gesagt. Mittlerweile denken drei Gemeinden offiziell über eine Sezession von Bern nach. Der Konflikt geht weiter.

Zu früh gefreut? Auch wenn die berntreuen Bernjurassier – im Bild in Reconvilier – am 24. November 2013 feierten, wussten sie, dass die Jurafrage noch nicht gelöst ist. sté/a

von Fabian Maienfisch

Kurz nachdem am 24. November 2013 in Courtelary die Resultate der Jura-Abstimmung verlesen wurden, ging das Gerangel um die Zukunft der bernjurassischen Gemeinden los. Obwohl sich die Bevölkerung im Berner Jura mit fast 72 Prozent Nein-Stimmen gegen Fusionsverhandlungen mit dem Kanton Jura ausgesprochen hatte, war allen klar, dass jede Gemeinde einzeln noch über einen Kantonswechsel wird abstimmen dürfen.

Während die Berntreuen hofften, dass der Jahrzehnte alte Jurakonflikt beendet sei, gaben sich die Autonomisten kämpferisch. «Mit dieser Abstimmung ist Moutier nicht jurassisch geworden, aber Moutier ist nicht mehr eine bernische Stadt», sagte damals der PSA-Grossrat und Stadtpräsident von Moutier, Maxime Zuber. Als einzige Gemeinde befürwortete Moutier mit über 55 Prozent Ja-Stimmen Fusionsverhandlungen mit dem Kanton Jura.

Der überzeugte Autonomist Zuber sprach aus, was viele seiner Gefährten dachten: Moutier muss zum Kanton Jura wechseln. An diesem Plan wird seither eifrig gearbeitet. Und weitere Dörfer denken heute ebenfalls über eine Abstimmung nach.

 

Abstimmung Ende 2016

Am 15. April 2014 wendete sich der von den Autonomisten dominierte Gemeinderat von Moutier an den Berner Regierungsrat: Er möge die nötigen Rechtsgrundlagen für die Durchführung einer kommunalen Abstimmungen über einen Kantonswechsel ausarbeiten. Innerhalb zweier Jahre nach der Abstimmung vom 24. November 2013 dürfen alle bernjurassischen Gemeinden eine Abstimmung verlangen - unter der Vor-aussetzung, der Grosse Rat stimmt der Gesetzesvorlage zu (siehe Infobox). Dieses Vorgehen wurde so zwischen den Kantonen Bern und Jura sowie der Eidgenossenschaft abgemacht. Gemäss dem heutigen Zeitplan werden die Gemeindeabstimmungen frühestens Ende 2016 stattfinden können.

Aktuell laufen Gespräche zwischen den beiden Juradelegationen der Kantonsregierungen Bern und Jura sowie dem Gemeinderat der Stadt Moutier. Das bestätigt Jean-Philippe Jeannerat, Stabsmitarbeiter von Regierungsrat Philippe Perrenoud (SP), dem Chef der Berner Juradelegation.

 

Uneinigkeit über Prozedere

Das 7500-Einwohner-Städtchen Moutier ist zwar die grösste Gemeinde mit Abwanderungsgelüsten, aber nicht die einzige. Bereits am 24. November zeigte sich, dass auch Belprahon und Grandval eine Abstimmung wünschen könnten. In beiden Gemeinden war das Resultat äusserst knapp ausgefallen. In Crémines, der Nachbargemeinde von Belprahon, hat sich in den letzten Tagen eine Bürgerbewegung formiert, die einen Wechsel zum Kanton Jura fordert. Gemäss Jeannerat sind aber erst Belprahon und Grandval bei der Berner Exekutive vorstellig geworden. Eine Abstimmung verlangen sie jedoch nur, wenn sich die Stadt Moutier für einen Transfer in die «République et Canton du Jura» entscheiden würde.

Für die Verfechter der Einheit des Kantons Bern - allen voran die SVP und die BDP - sind kommunale Abstimmungen nicht das Problem. Am demokratischen Prozess zweifelt heute kaum mehr einer. Auf Widerstand stösst indes die Idee, zuerst Moutier und später andere Gemeinden abstimmen zu lassen. «Seit Jahrzehnten wenden die Separatisten eine ‹Salamitaktik› an, um Stück für Stück Teile des Territoriums des Berner Juras zugunsten des Kantons Jura zu erobern», sagt Anne-Caroline Graber, SVP-Grossrätin aus Neuenstadt. Als Beweis führt Graber die Dörfer Erderswiler und Vellerat an, die nach dem Juraplebiszit von 1974/75 einen Kantonswechsel vollzogen hatten. «Auf Grund dieser Taktik verlangen jetzt die Separatisten, dass die kommunalen Abstimmungen in den verschiedenen Gemeinden nicht am selben Tag stattfinden», ärgert sie sich. Das gelte es unbedingt zu verhindern.

 

Skepsis herrscht im Berner Jura

Daran wird im Berner Parlament bereits gearbeitet. Im September reichten die Grossräte Manfred Bühler (SVP, Cortébert), Dave von Kaenel (PLR, Villeret) und Francis Daetwyler (SP, Saint-Imier) eine dringliche Motion ein, die die Gleichzeitigkeit der kommunalen Abstimmungen verlangt.

In einem weiteren Vorstoss, der vor wenigen Tagen eingereicht wurde, verlangen Bühler und Graber gar eine unabhängige Kommission, die die Wahlregister der Gemeinden überprüfen soll. Die beiden SVP-Grossräte befürchten, dass Personen aus fremden Gemeinden - möglicherweise sogar aus einem anderen Kanton - «fiktiv» in die Gemeinden umziehen könnten, welche eine Abstimmung planen. Angesichts der knappen Ausgangslage könnten bereits wenige Stimmen das Resultat kippen, argumentieren Bühler und Graber.

Die Antwort der Autonomisten kam prompt in Form einer Interpellation der PSA. Der Regierungsrat habe es tunlichst zu unterlassen, sich in die Gemeindeautonomie einzumischen. Der Regierungsrat seinerseits will noch vor den Festtagen über seine Strategie informieren.

Kommentare

Strela

Die 'Juraber' und ihr 'Gross-Jurabien'. Die Salamitaktik wird weiter gehen. Am Schluss fehlte dann nur noch ein Interkontinental-Flughafen. Vorschlag: Verschiebung der Grenchner Pistenverlängerung nach Delsberg.


Seiten

Nachrichten zu Kanton Bern »