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Wegen Maskenpflicht: Eltern
 dürfen ihr Kind daheim unterrichten

Die Berner Bildungsdirektion erlaubt Eltern Privatunterricht, wenn sie die Sprösslinge wegen der aktuell geltenden Covid-Regeln nicht in die Schule schicken wollen.

Im Kanton Bern gilt bereits ab der ersten Klasse Maskenpflicht. Das passt nicht 
allen Eltern. Bild: 
Adrian Moser

Pia Scheidegger

Am Mittwoch hatte der Regierungsrat entschieden, dass die Maskenpflicht für Kinder bis zum 14. Februar verlängert wird. Ursprünglich war die Massnahme lediglich für die ersten beiden Wochen nach den Winterferien vorgesehen.

Jetzt will die Bildungsdirektion den Eltern entgegenkommen, die ihre Kinder wegen der Maskenpflicht nicht mehr in die Schule schicken wollen: Ab dem 24. Januar dürfen Eltern ihre Kinder selbst zu Hause unterrichten, sollten sie dies bevorzugen. Die Dispensation vom Unterricht vor Ort ist nur bis zur vierten Klasse möglich.

«Mit diesem Angebot wollen wir einerseits Schulleitungen und Lehrkräfte entlasten und anderseits die Situation der Kinder entspannen, die ungewollt zwischen der Maskenpflicht und der ablehnenden Haltung ihrer Eltern in einem grossen Spannungsfeld stehen», sagt Yves Brechbühler, Sprecher der kantonalen Bildungsdirektion.

 

Kein Aufwand für Schulen

Laut Brechbühler befindet sich die Anzahl Eltern im Kanton Bern, die ihre Kinder in den letzten Wochen ohne Maske oder gar nicht mehr in die Schule geschickt haben, im dreistelligen Bereich. Jedes schwierige Gespräch sei aber ein zusätzlicher Aufwand für die Lehrpersonen.

«Wir nehmen nicht an, dass viele Eltern von diesem Angebot Gebrauch machen werden», sagt Brechbühler. Doch die neue ­Möglichkeit solle die Situation in den nächsten Wochen etwas entschärfen.

Normalerweise ist Privatunterricht mit vielen Auflagen verbunden. Mit der Ausnahmeregelung können Eltern jedoch nur noch ein Meldeformular ausfüllen, das ihnen die vollständige Verantwortung für die Ausbildung ihres Kindes bis Mitte Februar überträgt. «Die Schulleitung und die Lehrpersonen erbringen während des Privatunterrichts keine weiteren Leistungen», sagt Brechbühler. Das heisst, sie müssen keine Aufgaben mit nach Hause geben. Sie informieren die Eltern lediglich über die Lern­inhalte des Kindes und händigen die Lehrmittel aus.

Kinder, die bereits in den letzten Tagen den Unterricht nicht mehr besuchten, erhalten keine unentschuldigten Absenzen, sofern die Eltern sie ab gestern für die Dispensation anmelden. «Diese Lösung soll nur so ­lange wie nötig dauern», sagt Yves Brechbühler. Auch Franziska Schwab, Co-­Leiterin Pädagogik von Bildung Bern, findet, dass die Absenzenregelung nicht zu einer längerfristigen Lösung werden darf. «Für den Moment kann das Homeschooling für Lehrkräfte entlastend sein, die sich mit maskenpflichtkritischen Eltern auseinandersetzen müssen», sagt Schwab.

Damit es aber tatsächlich zu einer Beruhigung der Situation komme, müssten die Eltern die volle Verantwortung für den Unterricht zu Hause übernehmen. «Es kann nicht sein, dass dann die Lehrkräfte mit Fragen zu Unterrichtsthemen und -materialien konfrontiert werden.»

Ist es der richtige Schritt, den Eltern so viel Verantwortung zu übertragen? «Ich vertraue darauf, dass diejenigen, die sich für das Homeschooling entscheiden, dies auch gut machen werden», sagt Schwab.

 

Kompromiss für Kritikerin

Vor dem Schulstart löste der Entscheid, dass auch Erst- bis Viertklässler eine Maske tragen müssen, in der Berner Bevölkerung einigen Widerstand aus.

Bei einer Petition wurden innert weniger Tage über 12 000 Unterschriften gesammelt, mit denen sich die Leute gegen eine Maskenpflicht aussprachen. Initiiert hat die Petition Bettina Tanner, sie ist Mutter eines Kindes, das im Kanton Bern zur Schule geht.

Die neue Regelung findet Tanner keine ideale Lösung, aber ­immerhin einen Kompromiss. «Die Behörden versuchen, uns Eltern entgegenzukommen, das schätze ich», sagt sie. Doch sie selbst werde vom Angebot keinen Gebrauch machen. Damit der Privatunterricht kompetent umgesetzt werden könne, müssten gewisse Voraussetzungen – wie genügend Zeit seitens der Eltern – gegeben sein. «Zudem möchte ich mein Kind nicht instrumentalisieren», sagt Tanner.

Solange der Regierungsrat die Absicht äussere, die Maskenpflicht bei jüngeren Kindern so schnell wie möglich abzuschaffen, könne sie mit der aktuellen Situation kurzfristig leben.

 

Kopfschütteln bei Lehrern

Unter den Lehrpersonen löst die Lösung teils auch Kopfschütteln aus, wie Posts auf Twitter zeigen. Dort empört sich unter anderem eine Lehrerin, dass sich die ­Pandemiebekämpfung durch die neue Möglichkeit einmal mehr nach der lauten Minderheit ­richte.

«Ich finde es richtig, dass der Kanton versucht, auf Massnahmengegner zuzugehen», sagt Jan Holler, Vertreter des Elternrats Stadt Bern. Er engagiert sich als Mitglied der Elternorganisation Schule und Elternhaus Kanton Bern für strengere Massnahmen – wie beispielsweise die Wiedereinführung der Massentests. «Es geht hier um die Kinder, nicht die Massnahmen», sagt er. Zugleich müsse man aber alles tun, um die Kinder zu schützen. Seiner Meinung nach sei beides gleichzeitig möglich.

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