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Kafipause

Älter werden – oder wenn das Langweilige interessant wird

Im persönlichen Blog berichten Parzival Meister, stellvertretender Chefredaktor und Redaktionsleiter und BT-Chefredaktor Bernhard Rentsch abwechslungsweise 
wöchentlich über Erlebnisse im privaten wie im beruflichen und gesellschaftlichen Leben – immer mit einem Augenzwinkern.

Parzival Meister, Redaktionsleiter und stv. Chefredaktor
  • Dossier

Parzival Meister

Es war nicht Liebe auf den ersten Versuch. Als klein Parzival nach Jahren in der Skischule beschloss, auf das damals aufkommende Snowboarden umzusteigen, war das nicht mit Vergnügen verbunden. Ich sah, mit welcher Leichtigkeit und Coolness die fortgeschrittenen Boarder den Hang runterkurvten. Das wollte ich auch. Doch meine ersten Gehversuche auf dem Snowboard waren vor allem ein «Chrampf». Die Stürze beim Verkanten waren schmerzhaft. Und ich war weit davon entfernt, cool auszusehen.

Besonders Mühe bereitete mir das Liftfahren. In dem Skigebiet, in dem wir waren, gab es keinen Sessellift. Auf den Haupthügel führte nur ein unendlich langer Bügellift. Und mit diesem schaffte ich es nicht einmal über die erste Kuppe. Ich entwickelte eine derartige Wut auf diesen Lift, dass ich den Hügel zu Fuss erklomm. Immer und immer wieder. Ich habe es gehasst. Abgrundtief. Und als ich dann noch Skitourengänger sah, die freiwillig den Hang hochgingen, verstand ich die Welt nicht mehr. Ich beschloss für mich: Schneebedeckte Hügel besteigt man nicht, man befährt sie. Die Richtung ist von oben nach unten, nicht umgekehrt.

Irgendwann hatte ich den Dreh raus. Nun gehörte ich ebenfalls zu denen, die auf dem Board mit Leichtigkeit und Coolness den Hang runterkurvten. Skilifte stellten keine Hürde mehr dar. Ich hatte es im Griff. Nie mehr, schwor ich mir, würde ich einen Hügel zu Fuss erklimmen. Und wenn mal die Geschwindigkeit nicht für die ganze Traverse ausreichte, oder ich im Tiefschnee versank und deswegen das Board abschnallen und zu Fuss gehen musste, kam er wieder hoch, dieser Hass auf das Stapfen im Schnee.

Die Liebe zum Snowboard, sie ist geblieben. Ich liess mich sogar zum J+S-Leiter ausbilden, um meine Faszination weitergeben zu können. Mein wichtigstes Credo dabei: Ihr müsst nicht möglichst schnell den Hügel runterkommen, sondern möglichst stilvoll. Denn der Stil ist das Element, mit dem sich Snowboarden von allen anderen Schneesportarten abheben konnte.

Und das führt uns zu einer Sportart, deren Beliebtheit ich nie nachvollziehen konnte: Langlauf. Erstens fährt man damit nicht den Hang runter. Und zweitens: Es gibt keine Action. Ja, es sieht nicht mal gut aus. Für mich war Langlaufen stets ein Sport für alte Leute, die viel zu enge Kleidung tragen. Nun, mittlerweile sind die ersten grauen Haare da. Und dann wäre da noch Corona. Irgendwie keine gute Zeit, um sich in eine Gondel zu quetschen. Und hey, nach der RS, die Wochen des Dauermarschierens, habe ich mir auch geschworen, nie im Leben mehr freiwillig wandern zu gehen. Heute finde ich, auch wenn ich es ungern zugebe, Wandern noch so amüsant. Deshalb werde ich vielleicht, aber nur vielleicht, und nur wenn die Coronalage sich nicht bessert, es eventuell in Betracht ziehen, mir für einen Tag Langlaufskier zu mieten. Und möglicherweise werde ich Spass haben und merken, dass ich halt doch etwas älter geworden bin.
 

pmeister@bielertagblatt.ch

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