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Grenchen

Babysitter online finden und Kosten sparen

Kreshnik Kozhani aus Grenchen hat eine Website entwickelt, auf der sich Babysitter und Eltern finden können. Der Clou: Mehrere Eltern teilen sich die Betreuungsperson und das Honorar. Fachleute kritisieren das Konzept.

Kreshnik Kozhani will mit mycircle.ch die Kinderbetreuung für Eltern erschwinglicher machen. Raphael Schaefer

Brigitte Jeckelmann

Die Idee ist aus einer Notsituation entstanden: Weil die Eltern nicht verfügbar waren, um den vierjährigen Sohn zu betreuen, suchten Kreshnik Kozhani und seine Frau vor gut einem Jahr verzweifelt kurzfristig nach einem Babysitter. Er schaute sich im Internet auf Online-Plattformen um. Doch viele verlangen Vorauszahlungen für ein Abonnement, die Systeme schienen Kozhani zu kompliziert.

Das wollte der Grenchner ändern. Zusammen mit einem Team aus Informatikern schuf er die Plattform mycircle.ch. Darauf sollen sich Babysitter und Eltern finden können, einfach und schnell. Der Clou dabei: Mehrere Elternpaare sollen sich in so genannten «Circles», also Kreisen, zusammentun, um gemeinsam einen Babysitter anzustellen und sich die Kosten für dessen Bezahlung zu teilen. Auf der Website geben sie Informationen über Zeit und Umkreis an sowie den Preis, den sie zu zahlen bereit sind. Bis zu fünf Kinder können an einem Kreis teilnehmen. Das heisst, eine Betreuungsperson kann maximal fünf Kinder gleichzeitig hüten. Dies entspreche dem Standard von Kindertagesstätten.

 

Teilen und dabei Geld sparen
Kozhani ist überzeugt, mit seinem Angebot die Kinderbetreuung für Eltern erschwinglicher zu machen. Mit Chat- und Bewertungsfunktion sollen sich Eltern zudem über ihre Erfahrungen mit den Babysittern austauschen können. Weiter will er die Qualität der Betreuungspersonen mit Stichproben überprüfen. Kozhani: «Wer will, kann sich dann von uns zertifizieren lassen.» Das erhöhe für die Babysitter die Chance für einen Job und die Eltern hätten eine grössere Sicherheit.

Qualität ist für Kozhani ein zentraler Punkt. Dennoch hält er fest: «Wir stellen keine eigenen Kinderbetreuer ein.» Auf mycircle.ch habe jeder Babysitter und Kinderbetreuer die Möglichkeit, ein Profil zu erstellen. «Dort können dann alle Zeugnisse, Lebenslauf, Arbeitserfahrungen und andere Informationen hochgeladen werden», erklärt Kozhani. «Wie bei anderen Plattformen bieten wir lediglich den Platz, wo sich Personen mit gleichen Bedürfnissen und Interessen zusammentun können.» Man könne sich also völlig frei entscheiden, mit wem und zu welchem Preis man mit jemandem zusammenarbeiten möchte.

 

Kinder Fremden anvertrauen
Fachleute wie Nadine Hoch, Geschäftsleiterin vom Verband Kinderbetreuung Schweiz kibesuisse, kritisieren «kommerzielle Online-Vermittlungsplattformen für die Kinderbetreuung, auf denen jede beliebige Person ihre Betreuungsdienste anpreisen kann». Hochs Hauptkritikpunkt: «Wie ist die Qualität sichergestellt?» Sie findet es zudem «heikel», die eigenen Kinder von fremden Personen auf die Schnelle betreuen zu lassen, ohne die Sicherheit, «dass diese Person einen einwandfreien Leumund hat und für die Aufgabe geeignet ist».

Anders als Kitas und Tageseltern sind Nannies und Babysitter gemäss Gesetzgebung des Bundes weder bewilligungs- noch meldepflichtig, Sicherheit und Qualität werden nicht geprüft. Deshalb gibt es vom Kanton auch keine Beiträge. Gundekar Giebel von der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern bilanziert: Es sei sicher gut, dass es solche Plattformen gebe, die den Eltern und Nannies erlauben, sich gegenseitig zu finden. «Allerdings bieten die Plattformen im Gegensatz zu Tagesfamilienorganisationen keine Garantien oder Hilfe bei Schwierigkeiten.»

 

Auf Herz und Nieren geprüft
Für Eltern, die niemanden aus der Verwandtschaft oder dem Bekanntenkreis haben, dem sie ihre Kinder anvertrauen können, gibt es dennoch zahlreiche Möglichkeiten: Eine davon ist das Unternehmen Familienservice, das seit über 20 Jahren schweizweit tätig ist, unter anderem Nannies vermittelt und bei Bedarf Adressen von Babysittern.

Der Familienservice arbeitet im Auftrag von Unternehmen, Gemeinden und Institutionen. Die Dienstleistungen richten sich an Mitarbeitende der Partnerfirmen. Geschäftsleiterin Theres Hofmann: «Wir haben einen Pool an Nannies, die wir zuvor auf Herz und Nieren prüfen.» Sprich: Bevor eine Bewerberin im fixen Pool aufgenommen wird, muss sie Ausbildungen, Referenzen und Leumund vorweisen. «Zudem holen wir nach den Einsätzen regelmässig ein Feedback von den Eltern ein», sagt Hofmann. Das Unternehmen vermittelt Nannies an Familien, die diese dann in einem Arbeitsverhältnis anstellen. Allerdings ist klar, dass solche Dienstleistungen mit entsprechendem Qualitätsniveau insgesamt teurer sind als Angebote auf Online-Plattformen.

Anders als Babysitter unterliegt der Beruf Nanny den gesetzlichen Mindestlohnbestimmungen für Hausangestellte in der Schweiz. Der durchschnittliche Stundenlohn für eine Nanny veranschlagt der Familienservice bei 28 Franken.

 

Erfahrung und Ausbildung
Babysitting ist bei Jugendlichen und Studenten als Nebenjob beliebt, um sich ein Sackgeld zu verdienen. Doch brauchen sie überhaupt eine Ausbildung dafür, stundenweise auf Kinder aufzupassen? Ja, finden Experten wie Amanda Wildi von K&F, der Fachstelle für Familie und schulergänzende Kinderbetreuung. Das Unternehmen bietet im Auftrag des Kantons Aargau Beratung rund um das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie an und ist zudem verantwortlich für die Internetplattform Kinderbetreuung-Schweiz.ch, die auch Babysitter und Nannies vermittelt. Wildi empfiehlt für diese «eine minimale Grundausbildung», wie sie neben Tagesfamilienvereinen auch der Schweizerische Spielgruppenleiterverband und das Schweizerische Rote Kreuz SRK anbieten.

Beim SRK können Teenager ab 13 Jahren, aber auch Erwachsene, einen zehnstündigen Kurs besuchen. Dabei lernen sie, welche Bedürfnisse Babys und Kleinkinder haben, wie man Windeln wechselt, Schoppen gibt und wie man bei Problemen richtig reagiert. Am Ende stellt das SRK den Absolventen einen Babysitting-Pass aus. Die Kurse sind laut Urs Frieden, Leiter Kommunikation, schweizweit beliebt: Letztes Jahr nahmen landesweit über 7500 Personen daran teil, davon über 600 aus dem Kanton Bern und mehr als 200 aus dem Kanton Solothurn. Auch das SRK betreibt eine online-Vermittlungsplattform, die derzeit in Überarbeitung ist.

Kreshnik Kozhani sagt, er verstehe sein Konzept nicht als Ersatz für Kitas oder andere Institutionen, sondern als alternatives Angebot mit neuen Finanzierungsmöglichkeiten. Er plant, mit mycircle.ch ab dem 1. September online zu gehen.

 

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Tipps zum Thema

- Grundregeln: Babysitter sind mindestens 13 Jahre alt. Die betreuten Kinder müssen mindestens drei Monate alt sein. Babysitter betreuen keine kranken Kinder und höchstens drei Kinder gleichzeitig.

- Tarife: Das SRK empfiehlt für 13 bis 15 Jahre 8 bis 10 Franken pro Stunde, für 16 bis 25 Jahre 11 bis 18 Franken. Übernachtet der Babysitter vor Ort, sollte eine Pauschale von mindestens 25 Franken vereinbart werden. bjg

Link: www.redcross.ch
 

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