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Pieterlen

Backen war sein Leben

Nach 40 Jahren in der Backstube hat Martin Schneider in Pieterlen seine Dorfbäckerei geschlossen. Eine Nachfolge zu finden war alles andere als einfach.

Martin Schneider, Bild: Anke Eckardt

Anke Eckardt

Erst einmal etwas ausruhen und dann die Backstube räumen: Das sind die nächsten Vorhaben von Martin Schneider, wenn er erst einmal nicht mehr täglich am Kneten, Rühren, Bestreichen, Verzieren und Backen ist. Das war sein Leben, die Berufung von Martin Schneider. Von Montag bis Samstag klingelte um 1.30 Uhr der Wecker, am Sonntag um halb vier, und eine halbe Stunde später gingen in der Backstube in Pieterlen das Licht und bald darauf die Knetmaschine an.

In seiner langjährigen Karriere hat er nur dreimal verschlafen. Ferien machte der junge Bäckermeister in den ersten 15 Jahren, nachdem er 1980 den Betrieb vom Vater übernommen hatte, keine. Nur am 2. Januar und am Pfingstmontag blieben die Öfen immer kalt. Später schloss er in den Sommerferien das Geschäft und erholte sich in Italien oder in den Schweizer Bergen. Abwechslung und Kontakte ausserhalb der Bäckerei fand der unverheiratet gebliebene Fussballliebhaber als Trainer beim FC Pieterlen, beim Pistolenschiessen und bei der Wassergymnastik.

Schneider bildete Lehrlinge aus und engagierte sich als Experte bei Abschlussprüfungen. Einige Zeit amtete er als Präsident des Bieler und später Seeländer Bäckerei- und Confiseurie-Verbandes. Gegen Ende seines Berufslebens, das offiziell bereits im September 2019 erreicht war, mehrten sich die gesundheitlichen Probleme. Er liess es sich aber nicht nehmen, die 40 Jahre Dorfbeck unter seiner Regie noch zu vollenden.

 

Vom Sternenbeck 
zum Dorfbeck

Dort wo die Haupt- zur Bielstrasse wird, liessen die Eltern von Martin Schneider 1954 das Haus inklusive Backstube und Verkaufsladen erbauen. Zuvor betrieben sie eine Bäckerei vis-à-vis im Anbau des Restaurants Sternen, das sich im Familienbesitz befand. «Es war sehr eng dort. Wenn man die Ladentür zu weit öffnete, stiess sie an die dahinterstehende Knetmaschine», sagt Martin Schneider, der als Jüngster von vier Geschwistern dies allerdings nicht mehr miterlebte. Sein Daheim war von Geburt an das neue Haus mit dem markanten Erker. In diesem ist das Lebensmotto der Familie Schneider eingraviert: «Schaffen und Streben ist Gottes Gebot. Arbeit ist Leben, Nichtstun der Tod».

Schon als Schulkind transportierte Schneider mit einem Anhänger jeden Tag bis zu 10 Kilogramm Brot zur Ziegelei, die sich südlich vom Dorf befindet. Dort waren viele aus Italien stammende Arbeiter tätig.

Diese und die Italiener, die bei der ETA angestellt waren, waren die besten Kunden der Bäckerei. «Sie haben immer viel Brot gegessen», so Schneider. Mit den Veränderungen im Dorf und in der Bevölkerung veränderten sich jedoch auch die Kaufgewohnheiten der Kunden. Von ursprünglich vier Bäckereien blieb nur noch der Sternenbeck, der nach dem Verkauf des Restaurants in den 90er-Jahren zum Dorfbeck wurde. Nach der Schliessung von Molkerei und Metzgerei existierte schliesslich nur noch Martin Schneiders Laden als kleines Handwerksgeschäft im Dorf. Es hat ihm, wie er sagt, wehgetan, mit ansehen zu müssen, wie die kleinen Geschäfte im Dorf nach und nach verschwanden.

 

Bekannt für seine Gipfeli
und die Speckzüpfe

Schneider ist bekannt für seine Buttergipfeli, die Speckzüpfe sowie die Früchtetorte und das beliebte Hüttenbrot. Besonders am Wochenende waren auch die fünf Kilogramm schweren Butter- und Speckzöpfe am Meter beliebt. Um diese in den Ofen zu schieben, kam in den letzten Jahren extra der Bruder von Martin Schneider zur Hilfe. Der Bäckermeister ist dankbar für jegliche Unterstützung, die er in den vergangenen 40 Jahren erfahren durfte, besonders aber auch für die Mitarbeiterinnen, die den Verkaufsladen führten.

Froh war er auch über Grossabnehmer wie das Altersheim Schlössli und die Stiftung Wildermeth. Die Unterstützung der Vereine und Behörden des Dorfes erlebte er immer wieder, wenn für Anlässe sein spezielles Partybrot oder andere Backwaren bestellt wurden.

Seit rund einem Jahr arbeitet Martin Schneider mit der «Äss-Bar» in Biel zusammen, in der Backwaren «von gestern» verkauft werden. «So landeten verwertbare, noch geniessbare Reste nicht mehr im Saukübel», meint er erleichtert.

 

Der Bäcker geht, 
die Filiale bleibt

Lange bemühte sich Martin Schneider darum, eine Nachfolge für seine Bäckerei zu finden. Das klappte aber nicht. Deshalb wird, nach dem Umbau des Landens, eine Filiale der Gassler Beck AG aus Grenchen in das markante Haus einziehen. Gebacken wird dann nicht mehr hier. Schneider sagt, es werde ihm fehlen, wenn es im und ums Haus nicht mehr nach frisch gebackenem Brot rieche. Genüsslich atmet er durch die Nase ein.

Zu Silvester, dem letzten Arbeitstag in der Backstube, hat Martin Schneider nichts Besonderes geplant. Nach Ladenschluss hat er mit seinen Angestellten angestossen und ihnen für ihre langjährige Mitarbeit und Treue gedankt. Mit dem Dorfbeck geht in Pieterlen eine Ära zu Ende.

Stichwörter: Pieterlen, Bäckerei, Seeland

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