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Ausgewandert

Bauernland

Einer unserer Urgrossväter hatte sieben Söhne und zwei Töchter. Jedem seiner Söhne konnte er selber als Landwirt und Müller in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts im Bernbiet oder im Waadtland einen Bauernhof kaufen (die Töchter gingen allerdings leer aus).

Bild: zvg
  • Dossier

Tempi passati. Einen Bauernhof kaufen können in der Schweiz nur noch Baulandbauern oder Multimillionäre. Oder es gibt zufällig einen Hof in der Familie, den die Nachfolger zum Ertragswert übernehmen können. Kulturland (und natürlich auch Bauland) ist in der Schweiz sehr teuer geworden. Eine Hektare Bauernland kostet zwanzig mal mehr als in Frankreich!

Warum das so ist? Die einfache Antwort wäre: Es hat einfach zu wenig Land in der Schweiz. Die wahre Antwort aber ist, die Schweiz hat ein nicht funktionierendes bäuerliches Bodenrecht. Die hilflosen Massnahmen des Gesetzgebers, beispielsweise Kulturlandkäufe nur noch Selbstbewirtschaftern zu gestatten oder Höchstpreisvorschriften zu erlassen, werden laufend umgangen. Transparenz ist im schweizerischen Landpoker ein Fremdwort. Kulturland kann in der Schweiz verkauft oder verpachtet werden, ohne dass die Anstösser etwas davon wissen! Das führt zu Zerstückelungen und zu langen Anfahrtswegen auf die Felder. Haben Sie sich nicht auch schon darüber geärgert, dass sich die grossen Traktoren und Landmaschinen in der Schweiz mehr auf den Strassen als auf den Feldern aufhalten?

Ganz anders in Frankreich.

Jeder Landverkauf oder jede Verpachtung muss öffentlich ausgeschrieben werden. Bei mehreren Interessenten kann eine öffentlich rechtliche Organisation (Safer) unter Beachtung einer Reihe von Kriterien dafür sorgen, dass das Bauernland zu vernünftigen Bedingungen weitergegeben wird.

Diese Gesetzgebung hat hierzulande dazu geführt, dass die Betriebsstrukturen vernünftig bleiben, keine extreme Parzellierung entsteht, keine teuren Güterzusammenlegungen notwendig sind und sich die Bodenpreise im engen Rahmen bewegen. Eine Hektare Kulturland kostet in Frankreich um die 5000 Euros, in der Schweiz über 100 000 Franken! Darum können in Frankreich auch junge Leute in die Landwirtschaft einsteigen, die keinen Hof und keinen Multimillionär in der Familie haben.

Eigentlich ist es erstaunlich, dass nicht noch mehr Möchtegernbauern nach Frankreich auswandern. Schön wäre es auch, wenn sich der schweizerische Gesetzgeber endlich etwas mehr am französischen Vorbild orientieren würde. Manchmal könnte man auch vom Nachbarn etwas lernen.

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