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Demenzkranke sind dank Cannabis entspannter

Das Alterszentrum Ins zieht eine positive Zwischenbilanz: Seit Januar setzt es in einem Pilotprojekt medizinisches Cannabis in der Pflege ein.

Urs Schwarz und Larissa Blatter setzen grosse Hoffnungen in das Pilotprojekt. Peter Samuel Jaggi

von Carmen Stalder

Unruhiges Verhalten, Schlafstörungen, chronische Schmerzen und depressive Verstimmungen: Manche demenzkranken Bewohnerinnen und Bewohner im Alterszentrum Ins haben mit diversen Beschwerden zu kämpfen. Seit Anfang Jahr nehmen zehn von ihnen an einem Pilotprojekt teil: Drei Mal pro Tag erhalten sie ein paar Tropfen Cannabis-Öl. Der Heimleiter Urs Schwarz und die stellvertretende Pflegedienstleiterin Larissa Blatter erhoffen sich davon eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen (das BT berichtete).

Nun meldet sich das Alterszentrum mit einer ersten Zwischenbilanz – und diese fällt positiv aus. «Die Auswirkungen durch die Abgabe von medizinischem Cannabis zeigen sich mindestens in dem Masse wie erwartet», sagt Schwarz. «Tagsüber sind die Bewohnenden wacher, nachts entspannter.» In einer Medienmitteilung vermeldet das Heim, dass Angstsituationen deutlich weniger auftreten würden und die Nächte ruhiger seien. Ein allgemein entspannteres Verhalten und in vielen Fällen eine offenere Teilnahme am gesellschaftlichen Leben bringe die erhoffte gesteigerte Lebensqualität.


Grosses Interesse

Gemäss Mitteilung befindet sich das Projekt in der Anfangsphase. Ein Ziel steht deshalb erst an: Schwarz und Blatter versprechen sich für die Demenzkranken eine Reduktion der täglich eingenommenen Medikamente und dadurch weniger Nebenwirkungen. Bei einer Person habe man die Psychopharmaka bereits zurückfahren können, sagt der Heimleiter. Bei einem Grossteil der Probandinnen und Probanden solle dies ebenfalls geschehen.

Urs Schwarz zeigt sich erfreut, dass das Interesse am Projekt über die Institution hinaus Kreise zieht. «Ärzte, Institutionen und Fachgremien verfolgen gespannt unsere Bemühungen; bereit auf den Zug aufzuspringen.» Ein Fonds unterstützt das Alterszentrum mit einem Beitrag, mit dem die Ausgaben für das gesamte auf sechs Monate angesetzte Pilotprojekt gedeckt werden können – darunter die Kosten für das Cannabis-Öl in Höhe von 25'000 Franken. «Das hätten wir nicht erwartet, das ist ein sehr schönes Zeichen», sagt Schwarz.

Seit dem Start des Pilotprojekts hat sich auch politisch etwas getan: National- und Ständerat haben einer Änderung des Betäubungsmittelgesetzes zugestimmt, sodass Ärztinnen und Ärzte Cannabis-Arzneimittel künftig direkt auf Rezept verschreiben können. Heute müssen sie vor einer Verschreibung eine Ausnahmebewilligung beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) einholen. Das sei eine erfreuliche Entwicklung, heisst es in der Medienmitteilung des Alterszentrums Ins.


Krankenkassen zahlen nicht

Nun hoffen Schwarz und sein Team, dass die Krankenkassen möglichst bald für medizinisches Cannabis aufkommen. Schliesslich könnten diese durch die Reduktion von Medikamenten wie Antidepressiva und Opiate Kosten sparen.

Noch ist unklar, wie es nach dem Projekt weitergehen soll: Falls die Bewohnenden weiter mit dem Öl behandelt werden sollen, müssten sie selbst für die Kosten aufkommen. Bestärkt durch die positiven Ergebnisse zeigt sich der Heimleiter überzeugt, dass die Angehörigen einen Weiterzug der Behandlung wünschen werden. «Für die Bewohnenden ist das medizinische Cannabis ein Segen – die praktischen Erfahrungen sprechen für sich.»

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